Friedrich Christian Delius

Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich

Roman
Cover: Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783737100762
Gebunden, 256 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Kassandra wird gekündigt. "Kassandra" ist der Spitzname eines durchaus heiteren Wirtschaftsredakteurs, der den Fehler hat, lieber eigenen Recherchen zu folgen als den Pressesprechern der Minister und Konzerne. Der in der Kantine schon mal die Frage stellte, welche Politiker wohl in die Hölle kommen müssten, nachdem sie jahrzehntelang eine vernünftige Einwanderungspolitik verweigert haben. Noch am Abend seiner Entlassung schreibt er weiter - nun im Tagebuch, frischer und frecher. Manchmal denkt er dabei an seine achtzehnjährige Nichte, die später vielleicht fragen wird: Wie war das damals im frühen 21. Jahrhundert, als Europa auseinanderbröselte?
So konzentriert er sich auf die Vergewaltigung Griechenlands in der Bankenkrise. Und auf die Blindheit gegenüber China, das mit seiner Wirtschaftsmacht und antidemokratischen Ideologie immer näher rückt. Der gefeuerte Journalist flaniert durch Berlin und durch die deutsche Presse; er hört Jazz und das tektonische Beben der alten Weltordnung. Mit seinem Freund Roon, der nach Jahren in den USA nun Landarzt auf Rügen werden will, fantasiert er beim Wandern über die Kreidefelsen schon mal hundert Jahre voraus: wenn dankbare Chinesen der heutigen Kanzlerin ein Denkmal auf Rügen errichten.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 24.09.2019

Michael Opitz ist nicht überzeugt von diesem Text von Friedrich Christian Delius. Die Idee, einen geschassten Zeitungsmann im Austausch mit seiner Nichte höchst altväterlich über vergangene Krisen plaudern zu lassen, lässt ihn milde gähnen. Über Bankencrash, Griechenlandkrise und China-Krake hat Opitz schon in Talkshows gehört. Delius fügt dem nicht nur nichts Neues hinzu, urteilt der Kritiker streng, er findet auch keinen Ansatz zur Aufarbeitung des Zeitgeschehens.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 06.09.2019

Rezensent Burkhard Müller kann nur staunen, wie geschickt Friedrich Christian Delius seinen Wunsch, einmal hemmungslos Dampf abzulassen, in ein fiktives Tagebuch kleidet, das sein Held, ein geschasster Redakteur, seiner Nichte zueignet. Was für die Nichte dabei herausspringt, scheint Müller allerdings kaum der Rede wert und nicht mehr als das Moralisieren und gefühlige Meinen eines alten Mannes zu so vielfältigen Themen wie Einwanderung, Eurokrise, Klima, China, Russland, Banken etc. Ein "Beschimpfungskatalog", dessen auffallendste Eigenschaft laut Müller die Ungenauigkeit ist und vielleicht noch die Wiederholung.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 23.08.2019

Julia Schröder schläft ein mit dem neuen Buch von Friedrich Christian Delius. Hat der Autor dem ambitionierten Erzählen etwa abgeschworen? Für Schröder sieht es so aus. Denn die Figur im Text, ein frustrierter Wirtschaftsredakteur, der seiner Nichte eine Art Vermächtnis diktiert, salbadert in extenso über die letzten Merkel-Jahre, über Weltpolitik, die Presselandschaft, Talkshows, Varoufakis und Texte von Pörksen, Bauman und Ataman. Schröder wird vom vielen zustimmenden Nicken der Kopf ganz schwer. Vom Roman aber keine Spur, meint sie. Der Chronist der laufenden Ereignisse, über dessen Ähnlichkeit mit dem Autor Schröder keinen Zweifel hat, nimmt ja auch allen Platz für sich ein, alle anderen Figuren im Buch sind nur Staffage, erklärt die Rezensentin.