Hanjo Kesting

Thomas Mann

Glanz und Qual
Cover: Thomas Mann
Wallstein Verlag, Göttingen 2023
ISBN 9783835354135
Gebunden, 400 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Klüger, origineller und eleganter ist selten über Thomas Mann geschrieben worden. Ein Buch zur Einführung ebenso wie zur Vertiefung.Schon zu Lebzeiten war er ein Monument, der letzte Dichterfürst in der Nachfolge Goethes. Thomas Mann war ein Schriftsteller von feinster Empfindlichkeit, mit lauernden Abgründen, tief verwurzelt in deutscher Kultur. Den Katastrophen seiner Zeit hat er sich unerschrocken ausgesetzt, auch wenn es ein weiter Weg war von der "machtgeschützten Innerlichkeit" des Kaiserreichs, die er verherrlichte, bis zum Kampf gegen Hitler und das nationalsozialistische Deutschland, den er unermüdlich führte. In fast sechs Jahrzehnten wuchs sein riesiges literarisches Werk, einzigartig nach Umfang und geistiger Spannweite. Seine Sprache besetzt alle Nischen und Winkel der benennbaren Welt, macht sie erzählerisch verfügbar in virtuoser Demonstration ihrer Allmacht. Und seine Ironie, nicht frei von Herablassung, lässt jederzeit die Präsenz des Erzählers spüren, der uns seinen Willen aufzwingt, indem er uns verführt und verzaubert. Hanjo Kestings Buch ist das Resultat einer lebenslangen Beschäftigung mit Thomas Mann in Nähe und Distanz. In Werkanalysen und biographischen Annäherungen entsteht ein Gesamtbild des großen Schriftstellers, der seine Lebensbilanz im Tagebuch mit den Worten zog: "Es gab wohl selten ein solches Ineinander von Qual und Glanz."

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 01.03.2023

In diesem Buch kommt nur eines zu kurz, schreibt Rezensent Gustav Seibt: Der Humor von Thomas Mann. Ansonsten sind die zwölf Essays von Hanjo Kesting über sechs Werke des Literaturnobelpreisträgers nebst sechs biografischer Skizzen auch deshalb großartig, weil sie Lust machen, Thomas Mann (wieder) zu lesen, freut sich der Kritiker. Kesting hat mit "Freimut" ein Porträt komponiert, lobt Seibt, in dem die Nöte von Mann immer ernst genommen werden. Begeistert ist er beispielsweise, wie Kesting in der von der Literaturwissenschaft wenig gewürdigten Erzählung "Die Betrogene" ein "großes Gedankenexperiment" verortet. "Triebverzicht" des Homosexuellen Thomas Mann war mit ein Grund, warum aus ihm ein detailbesessener Beobachter und "Weltmeister der Vorstellungskraft" wurde, lernt Seibt, der das sehr glaubhaft findet und der überhaupt in diesem Buch kein Problem mit Rückschlüssen von der Person auf das Werk hat: Bei Mann passt das, findet er. Dass die Sublimierung bei Mann einen Preis forderte, den andere zahlen mussten, zeigt Seibt der Blick auf das Verhältnis zu Sohn Klaus. Unbedingt eine Leseempfehlung für Kestings Buch der "hochinformierten Liebe".
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 27.12.2022

Rezensent Wolfgang Schneider, der selbst über Thomas Mann promovierte, schaut genau hin, wenn mit Hanjo Kesting und Dieter Borchmeyer gleich zwei Thomas-Mann-Kenner die Essenz ihrer jahrzehntelangen Beschäftigung in Großwerken vorlegen. Der Kritiker rät, die Werke parallel zu lesen, ergänzen sie sich doch bestens. Kesting verübte 1975 zum hundertsten Geburtstag von Thomas Mann mit zehn Thesen ein "literaturkritisches Attentat" auf den Schriftsteller, distanzierte sich aber später davon, erinnert der Kritiker. Jene Mischung aus Kritik und Verehrung spiegelt sich auch in diesem Werk wider, fährt der Rezensent fort, der begrüßt, dass Kesting im Gegensatz zu Borchmeyer auch die biografischen Bezüge berücksichtigt. Denn vor allem die Veröffentlichung von Manns Tagebüchern sorgte dafür, dass dieser vom "Denkmalssockel des humanistischen Repräsentanten" geholt wurde, liest Schneider. Authentisch berichtet Mann hier von homoerotischen Schwärmereien und alltäglichen Missstimmungen oder stichelt gegen Autorenkollegen, allerdings stets mit Blick auf künftige Leser, wie Kesting darlegt: So seien die Tagebücher keineswegs "ohne jeden literarischen Wert", wie Mann behauptete. Präzise und kenntnisreich betrachte Kesting zudem Manns Bandbreite an politischen Positionen sowie die herausragende Bedeutung der Musik in Leben und Werk. "Pointierter" als Borchmeyers "gravitätisches" Werk ist dieses Buch definitiv, meint der Rezensent, der es all jenen Lesern empfiehlt, die sich mehr für die Bezüge zwischen Leben und Werk interessieren.