Holm Friebe, Sascha Lobo

Wir nennen es Arbeit

Die digitale Boheme oder: Intelligentes Leben jenseits der Festanstellung
Cover: Wir nennen es Arbeit
Wilhelm Heyne Verlag, München 2006
ISBN 9783453120921
Kartoniert, 303 Seiten, 17,95 EUR

Klappentext

Sie verzichten dankend auf einen Arbeitsvertrag und verwirklichen den alten Traum vom selbstbestimmten Leben. Mittels neuer Technologien kreieren sie ihre eigenen Projekte, Labels und Betätigungsfelder. Das Internet ist für sie nicht nur Werkzeug und Spielwiese, sondern Einkommens- und Lebensader: die digitale Boheme. Ihre Ideen erreichen anders als bei der früheren Boheme vor allem über das Web ein großes Publikum und finanzieren sich damit. Ein zeitgemäßer Lebensstil, der sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Auf Angestellten-Frust kann man mit der Entdeckung der Faulheit reagieren, wie es Corinne Maier in ihrem Bestseller fordert: Arbeitszeit absitzen, sicheres Gehalt einstreichen. Die digitale Boheme repräsentiert die mutigere Alternative: Immer mehr junge Kreative entscheiden sich für das Leben in Freiheit. Ihr Hauptziel ist nicht das Geldverdienen, sondern ein selbstbestimmter Arbeitsstil, der den eigenen Motiven folgt. In unsicheren Zeiten vielleicht die überlegenere Strategie. Denn ihre enge Einbindung in soziale, künstlerische und digitale Netzwerke bringt ständig neue, teilweise überraschende Erwerbsmöglichkeiten mit sich. Sie schalten Werbebanner auf ihren Websites, handeln mit virtuellen Immobilien, lassen sich Projekte sponsern oder verkaufen eine Idee an einen Konzern. Ihre Produkte und ihre Arbeitsweise verändern den Charakter der Medien und des Internets, bald auch den der Gesellschaft. Holm Friebe und Sascha Lobo porträtieren die digitale Boheme: Sie stellen erfolgreiche Konzepte und innovative Ansätze vor und erklären wirtschaftliche, technische und soziale Entwicklungen und Hintergründe (siehe auch www.wirnennenesarbeit.de).

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.2006

Eberhard Rathgeb entdeckt in Holm Friebes und Sascha Lobos "Wir nennen es Arbeit", in dem sich die Autoren für ein Leben als vernetzte Freiberufler stark machen, das "Manifest" der neuen "digitalen Boheme". Durchaus interessiert aber mit einer gehörigen Portion Spott gewinnt der Rezensent Einblick in das emphatische Bekenntnis gegen ein eintöniges Angestelltenleben und das Leben jenseits von Büros und festen Arbeitsplätzen. Dabei merkt er etwas gemein an, dass sich so nur leben lässt, wenn auf der anderen Seite beispielsweise Verlage mit festen Mitarbeitern und Angestellten dafür sorgen, dass sie die Früchte ihrer Arbeit auch ernten können. Menschen, die lieber "Fontane lesen" als sich im Internet herumzutreiben, werden das "zweite Leben" im Netz, das in dem Buch beschworene wird, sicher erstaunlich finden, meint Rathgeb, und es ist wahrscheinlich, dass er sich auch zu denjenigen zählt.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.11.2006

Ganz interessant, aber so interessant dann auch wieder nicht, findet Rezensent Kolja Mensing das Buch und seine gehypten Macher. Erst arbeite sich das Duo brav durch die Sekundärliteratur zum Thema und lasse so ziemlich alle Stichworte fallen, die die Diskussion in Sachen "postindustrielle Gesellschaft" in den letzten Jahren geprägt hätten. Interessant findet der Rezensent die daran anküpfenden Überlegungen erst, als es um Richard Florida und seinen bisher nicht übersetzten Bestseller "The Rise of the Creative Class" geht. Aufschlussreich findet Mensing auch die Überlegungen des Buchs zur Mikroökonomie des Internets, seine Funktion als "Low-Budget-Wirtschaftsraum" und einige Fallbeispiele funktionierender Modelle. Insgesamt bemängelt Mensing aber einen gewissen "Zwangsoptimismus" von Holm Friebe und Sascha Lobo in Sachen digitaler Boheme, der ihm nicht durchgehend angemessen und gerechtfertigt zu sein scheint.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 08.11.2006

Richtig interessant wird es für Rezensent Lenz Jacobsen erst, wenn die Autoren auf die realen Internetplattformen wie YouTube und MySpace zu sprechen kommen. Die intellektuelle Unterfütterung hingegen mit vielen Zitaten von Marx bis Bordieu hält er für "gut lesbar", aber letztlich Papier. Wichtigste Währungen für die anfangs immer unbezahlte Arbeit im Netz sei den Autoren zufolge "Aufmerksamkeit" und "Respekt". Wenn sie daraus für die Zukunft mögliche reale Verdienstquellen ableiteten, ist dies für den Rezensenten nicht mehr als eine "diffuse Hoffnung". Und ihrem Credo, lieber unabhängig und kreativ zu werkeln als angestellt und verblödet, begegnet er mit dem Hinweis auf die Bloggerin Mercedes Bunz, für die digitale Bohemiens nur die unterbezahlten Hilfszwerge der Kulturindustrie darstellten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.10.2006

Mit großem Interesse hat Jens Bisky von der neuen, digitalen Boheme erfahren, deren Leben Holm Friebe und Sascha Lobo in "Wir nennen es Arbeit" beschreiben. Ziel der neuen Bohemiens sei die intelligente Lebensführung jenseits der Festanstellung, also der Versuch, angesichts der Arbeitslosigkeit individuelle und kreative Möglichkeiten der Betätigung zu finden - zumeist gekennzeichnet durch einen hohen Grad an persönlicher Freiheit bei geringem Einkommen, berichtet Bisky. Netzwerke spielen dabei eine entscheidende Rolle, und zwar sowohl die Netzwerke der neuen Medien, in denen die digitalen Bohemiens produzieren, als auch das soziale Umfeld. Bisky lobt die treffenden Beobachtungen, die Friebe und Lobo über die Szene der Blogger und Gamer anstellen, und verübelt ihnen auch nicht, dass sie sich davor drücken, die Boheme auf einen klaren Begriff zu bringen. Schwerer wiegt für ihn, dass der Erfolgsmaßstab für die digitalen Produkte der neuen Bohemiens die Beachtung bleibt, die sie in den etablierten, überkommenen Medien fänden. Wenn für Bisky nach der Lektüre auch Fragen offen bleiben, ist er doch von dieser Schilderung eines neuen Lebensentwurfs ganz angetan.
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