Ilma Rakusa

Mein Alphabet

Cover: Mein Alphabet
Droschl Verlag, Graz 2019
ISBN 9783990590324
Gebunden, 312 Seiten, 23,00 EUR

Klappentext

Was macht ein Leben aus? Wie fasst man es in eine Form und macht das Wichtige greifbar? Zu jedem Buchstaben des Alphabets verfasst Ilma Rakusa Beiträge von A wie Anders bis Z wie Zaun, changierend zwischen Prosa, Gedicht und Gespräch. Sie erzählt und dichtet über ihr bewegtes Leben: Werk, Weltsicht und Weggefährten, Reisen und die schönen Künste, Familie und Kindheit. Ihr gelingt der Kunstgriff, abstraktere Begriffe - wie Träume oder Rituale -, Orte, persönliche Erinnerungen und Erfahrungen kaleidoskopartig zu einem Ganzen zu vereinen. Sie spricht über Dinge, die in unser aller Leben bedeutsam sind und mit denen wir uns auseinandersetzen: Freundschaft, Angst, Alter oder Zärtlichkeit und viele mehr. Rakusa entfacht in uns eine Neugierde und Entdeckerfreude: beschwingt klingt das "Querfeldein", die Lust am Flanieren kommt schon während des Lesens, und nach der Hommage an den Granatapfel wird er niemals mehr nur eine einfache Frucht sein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2020

Rezensent Niklas Bender hätte gern noch mehr als die 109 Einträge in Ilma Rakusas "Alphabet" gelesen. Reichhaltig und anregend findet er die hier versammelten Gedichte, Gedanken, Erinnerungen und Reiseberichte, in denen sich Rakusa immer wieder auch bei ihren Hausgöttern Brodsky, Dostojewski, Mayröcker oder Tschechow bedient. Egal, ob die Dichterin und Literaturkritikerin über Transzendenz, Japan, Märchen, Migräne oder Malewitsch sinniert, oder ob sie unter den einzelnen Einträgen "poetische" Sprünge, etwa von "Zitat" zu "Zikadensommer" vollzieht - stets hat sie ihre Textsammlung "sprachlich und gedanklich" im Griff, staunt der Kritiker. Und so verzeiht er gern die seltenen weniger gelungenen Einträge.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 29.11.2019

Rezensent Nico Bleutge mag Ilma Rakusas neues Buch, in dem die Autorin in Form von Gedichten und kleineren Erzählungen entlang des Alphabets über ihr Leben nachdenkt. Bleutge lobt zunächst die staunende und mäandernde Art, in der sich Rakusa durch Kindheitserinnerungen, Alltagsbeobachtungen aber auch Ängste bewegt, und spricht von einem "luftigen, lockeren" Buch, in dem auch der Leser "katzenpfotig über die Seiten tapsen" kann frei kann. Besonders gefallen hat dem Rezensenten ein Gedicht über unvergessene, ungarische Wörter aus der Kindheit der Autorin. Einzig die Passagen des Buchs, in denen sich Rakusa selbst interviewt, haben Bleutge nicht ganz überzeugt, weil sie teilweise in vorschneller Kritik münden, und so die sonstige Offenheit des Buchs hier verloren geht, meint der Rezensent. Insgesamt jedoch eine blickschärfende Lektüre, so Bleutge, die den Leser "prallvoll mit Eindrücken" zurücklässt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 24.10.2019

Rezensentin Julia Schröder pfeift auf Vollkommenheit beim Lesen von Ilma Rakusas vielfältigem Lebensalphabet. Was die Autorin und Literaturvermittlerin hier einsortiert - Lebenserinnerungen, Gedichte, Reiseeindrücke, Kollegenporträts, Vorstellung von Gewohnheiten, Essayistisches, Selbstgespräche - vermittelt Schröder die Neugier, die Leidenschaft, die Freiheit und die Form der Autorin. Für Schröder die Chance, eine "Grande Dame" der Literatur kennenzulernen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 02.10.2019

Ilma Rakusa führt ihre Leser behutsam auf die richtige Spur. Wie man ihre alphabetisch geordneten Gedichte, Prosasplitter und essayistischen Miniaturen lesen könnte, erfährt Rezensent Paul Stoop zum Beispiel in dem Abschnitt "Listen" über Annie Ernaux' "Die Jahre": Als Erzählung, bestehend aus "disparaten Momenten", deren Verbindung der Leser sich selbst (er-)schließen muss. Diese Momente bestehen in "Mein Alphabet" immer wieder aus Erinnerunge an die Kindheit, lesen wir. Zusammen erzählen sie von und über Ilma Rakusa, die Erzählerin, Essayistin, Nomadin, so Stoop. Trotzdem wirken die Texte in ihrer Gesamtheit auf den Rezensenten nie egozentrisch oder eitel, sondern wie eine "Einladung" an den Leser. Hinzu kommen die Reflexionen über Literatur und einzelne, weniger bekannte Autoren, denen Rakusa ein Denkmal setzt, und die es sich laut Stoop kennenzulernen lohnt. Auch eine subtile politische Ebene kann der Rezensent in diesem schönen Buch entdecken: Es zeigt, wie man Heimat denken und empfinden kann, ohne dabei auf den Mechanismus von Ein- und Ausgrenzung zurückgreifen zu müssen, lernt er. Und es führt vor, wie sich mithilfe der genauen Beobachtung und Beschreibung eine "inklusive europäische Perspektive" entwickeln lässt, so der begeisterte Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 24.08.2019

Paul Jandl hält Ilma Rakusas Strategie, ihr "autobiografisches Inventar" am Alphabet entlangzuhangeln, für einen großartigen Kunstgriff: Laut Jandl gibt er ihrer neuesten Publikation eine Form, die ihr erlaubt, Gedichte, Prosapassagen und kurze Interviews wie in einem Kaleidoskop miteinander zu verschränken, sodass sie "sich gegenseitig aufladen und sich weiterdrehen". Angefangen bei A wie "anders" versammelt die Autorin unter den alphabetisch angeordneten Stichworten autobiografische Stationen, deren Bedeutung durch die Verschränkung mit anderen noch anwächst, darunter Städtebeschreibungen und Erfahrungen aus ihrer Jugend, Beobachtungen zu Nichtigkeiten wie Joghurt oder Pantoffeln, aber auch Gedanken zu Phänomenen wie der Camera obscura und Hommagen an andere Dichter, so Jandl. Synästhetisch, emphatisch und ergreifend, dabei aber nicht sentimental, nennt der begeisterte Rezensent das Werk, das so aus den poetischen Miniaturen entsteht.