Jens Balzer

No Limit

Die Neunziger - das Jahrzehnt der Freiheit
Cover: No Limit
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783737101738
Gebunden, 384 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Es gibt keine Grenzen mehr: Das glaubt man jedenfalls am Beginn der neunziger Jahre. Die Berliner Mauer fällt, die Welt rückt zusammen, und sie vernetzt sich. Die ersten Knoten des World Wide Web werden geknüpft, die ersten Suchmaschinen programmiert. In Berlin wird Techno zum Soundtrack der Wiedervereinigung, Neonfarben beherrschen das Bild, Piercings und Tätowierungen erobern den Mainstream, das Arschgeweih gerät zum stilistischen Symbol der Dekade. Aber unter der heiteren Oberfläche brechen alte Konflikte auf, Gespenster aus der Vergangenheit kehren zurück. Im Osten Deutschlands, aber nicht nur dort, entsteht eine rechte Jugendkultur bislang ungekannten Ausmaßes. In Jugoslawien geschieht das Unfassbare: der erste Krieg in Europa seit 1945. Der politische Islam wird zur globalen Bedrohung, und das lange Jahrzehnt endet am 11. September 2001 mit dem Anschlag auf das World Trade Center, das auch ein Symbol der spielerischen, globalisierten Postmoderne gewesen ist. In einem großenPanorama erzählt Jens Balzer von einem Jahrzehnt, in dem man an die Zukunft glaubte und ans "Anything goes" - und in dem doch auch ein neues Zeitalter der Grenzen, der Identitäten und der Kämpfe beginnt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.07.2023

Schönes Buch, meint Rezensent Max Fellmann über Jens Balzers Popkulturgeschichte der 90er. Auch wenn Balzer ihm mitunter zu arg die Interpretationskeule schwenkt, ohne dass viel dabei herumkommen würde, kann er den vielen zusammengetragenen popkulturellen, politischen und historischen Details etwas abgewinnen. Mehr als Melancholie sogar, denn Balzer vermag das Phänomen Talkshow, deutschen Hip-Hop oder auch die "Burschen" von "Tristesse Royal" mit einem post-postmodernen Blick zu analysieren, der nicht allzu viel Raum für Romantik lässt, findet Fellmann.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.06.2023

Rezensent Daniel Haas kann mit Jens Balzer den eigenen generationellen Gang vor die Hunde nachvollziehen. Wie Balzer Techno und Grunge, "Faserland" und den To-go-Becher kulturkritisch auflädt und präzise und erzählerisch gekonnt zeigt, inwiefern Technikgeschichte gesellschaftspolitisch geprägt ist, findet Haas lesenswert. Das Buch, meint er, funktioniert als kulturkritischer Essay ebenso wie als Monografie oder Enzyklopädie der 1990er. Dass der Autor seinen anti-neoliberalen Standpunkt klar definiert, gefällt Haas auch.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 03.06.2023

Rezensent Eckart Goebel erfährt aus Jens Balzers Epochenbild der 90er, wie es wirklich war in den (Berliner) Clubs. Klug scheint ihm, wie Balzer sein massiges Material bändigt, um aus deutscher Sicht zu erzählen, was los war, wer oder was Zonen-Gabi war oder die Russendisco. Wie Balzer die Ostdeutschen in ihren Marmorjeans porträtiert, findet Goebel allerdings etwas wohlfeil. Dass er ohne Nostalgie auskommt, scheint Goebel wieder zu gefallen. Immerhin wurde damals wohl gesät, was wir heute ernten (Stichworte: Krieg und Klima), so vermutet er. Dass das "Jahrzehnt der Freiheit" diese Bezeichnung vielleicht gar nicht verdient, ist eine der Erkenntnisse, die Goebel aus der Lektüre dankbar mitnimmt.