Jörg Scheller

Identität im Zwielicht

Perspektiven für eine offene Gesellschaft
Cover: Identität im Zwielicht
Claudius Verlag, München 2021
ISBN 9783532628607
Gebunden, 208 Seiten, 18,00 EUR

Klappentext

In der Medienöffentlichkeit ist Identitätspolitik zum Kampfbegriff geworden. Als Verbalkeule dient er nicht zum Verständnis von Minderheiten, sondern schürt Emotionen. Dieses Buch möchte zur Versachlichung der Identitätsdebatten beitragen. Es benennt die Potenziale für einen Pluralismus der Identitäten ohne Diffamierungen und zeigt zugleich ihre Grenzen auf. So plädiert Scheller für eine Politik der Potenzialität. Der Liberalismus muss neu überdacht werden und die Möglichkeit des Individuums, sich immer wieder neu zu entwerfen, gegeben sein. Denn wenn über dem Geschäft des Identifizierens harter Realitäten vergessen wird, dass Menschen auch eigensinnige, schöpferische Wesen sind, dann gilt: keine Identifikation ohne Imagination.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 11.11.2021

Rezensentin Maja Beckers empfiehlt das Buch des Kunstwissenschaftlers Jörg Scheller, weil der Autor sich um einen Konsens im Identitätsdiskurs bemüht, nicht um Zuspitzung. Schellers Unterscheidung zwischen der Theorie und der Praxis der Identitätspolitik findet sie zudem hilfreich. Auch wenn der Autor laut Becker Sympathien mit identitäspolitischem Aktivismus zeigt, arbeitet er dennoch seine Untiefen heraus und verweist darauf, dass der analytische Ansatz auch schnell in einen ideologischen kippen kann und damit neue Zwänge befördert. Universalismus und Identitätspolitik müssen sich nicht ausschließen, lernt die Rezensentin.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.07.2021

Für den Rezensenten Tilman Asmus Fischer ist Jörg Schellers Essay das Buch der Stunde. In die identitätspolitischen Debatten bringt der Kunsthistoriker, Journalist, Fitnesstrainer Scheller laut Fischer auf gut hermeneutische Weise Ordnung und Klärung, statt zu verteidigen oder zu verdammen. Schellers Unterscheidungen von deskriptiver und präskriptiver Anwendung der Identitätspolitik sowie von Individualismus und Universalismus scheinen Fischer höchst hilfreich bei der Einordnung. Bei Scheller folgt daraus laut Rezensent eine "messerscharfe Kritik" identitätspolitischer Praxis, namentlich bei der AfD. Besonders überzeugend findet Fischer, dass der Autor der Kritik die Zielsetzung einer "konstruktiven Weiterentwicklung" der Debatte folgen lässt, die Scheller auch noch mit Bezügen zu verschiedenen Ästhetiken, etwa bei William Turner, erfüllt, wie Fischer annerkennend feststellt.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.06.2021

Rezensentin Katharina Döbler empfiehlt den Essay des Kulturwissenschaftlers Jörg Scheller. Scheller informiert laut Döbler nicht nur ausführlich und griffig über die sozialpolitische Funktion von Identitätspolitik, ihre Definitionen und den Debattenstand, sondern bietet auch einen Fluchtpunkt zur Generalisierung. Der vom Autor erhoffte Universalismus am Ende des identitätspolitischen Tunnels gefällt Döbler gut. Als Illustration für diesen dialektischen Weg fällt ihr sogar ein historisches Beispiel ein: die Überwindung des Schubladendenkens in der Frage der Konfession, wie es laut Döbler noch vor 50 Jahren gern gepflegt wurde.