Johannes Willms

Napoleon

Eine Biografie
Cover: Napoleon
C.H. Beck Verlag, München 2005
ISBN 9783406529566
Gebunden, 900 Seiten, 34,90 EUR

Klappentext

Napoleon - schon der Name ist bis heute Inbegriff von Ruhm und historischer Größe. Aus einfachen Verhältnissen steigt ein junger Korse auf zum Herrscher Frankreichs und dann des ganzen europäischen Kontinents: Er vollendet und überwindet die Französische Revolution, schiebt die Welt des Ancien Regime beiseite wie eine verstaubte Kulisse und verhilft dem Neuen erst in Frankreich und dann in Europa zum Durchbruch. Aus dem siegreichen General wird ein Kaiser, aus dem Staatsmann ein Tyrann, aus der Idee der Freiheit das napoleonische Zeitalter. Doch wie in der griechischen Tragödie beginnt auf dem Höhepunkt der Macht der unausweichliche Niedergang. Die Grande Armee, das gewaltigste Heer, das die Menschheit jemals gesehen hat, versinkt im russischen Winter. Alles, was Napoleon erreicht hat, geht in kürzester Zeit wieder verloren. Die Verbannung nach Elba, die hundert Tage bis Waterloo und das Ende auf der Atlantikinsel St. Helena sind die letzten Stationen eines beispiellosen Lebens. Johannes Willms zieht in seinem Napoleon alle Register der biografischen Kunst: Mit souveräner Quellenkenntnis schildert er die Geschichte eines Lebens, das dramatischer und spannender nicht sein könnte. Er zeigt, wie die Dämonen der Macht und des Größenwahns Besitz vom titanenhaften Ego seines Helden ergreifen, aber er lässt zugleich auch dem Genie Napoleons Gerechtigkeit widerfahren. Sein Sinn für die Ironie der Geschichte beschert dem Leser eine Fülle köstlicher Anekdoten und Pointen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.08.2005

Eine lohnende Lektüre sieht Rezensent Gerrit Walther in Johannes Willms Biografie Napoleons. "Süffig geschrieben", voller "farbiger Datails" biete das Werk alles, was es über Napoleon zu wissen gebe. Walther verspricht einen genussvollen Blick hinter die Kulissen der Tragödien, Intrigen und Geschäfte, die bunten Auftritte wendiger Minister, schneidiger Generäle, schöner Frauen und penetranter Familienmitglieder. Beeindruckt zeigt er sich von der Belesenheit des Verfassers, der nicht einfach ältere Napoleon-Viten kompiliere, sondern großenteils aus zeitgenössischen Memoiren, Briefen, Akten und anderen Dokumenten schöpfe. "Selbst hartgesottene Militaria-Experten werden Willms Kennerschaft bewundern", ist sich Walther sicher, "und akademische Spezialisten nichts finden, über das sich mäkeln ließe." Er selbst findet allerdings einige Punkte, die ihm Anlass zum Tadel geben. Etwa Willms konsequent kritische, maßregelnde Darstellung Napoleons. Das geht so weit, dass sich Walther bisweilen an die "Memoiren eines missvergnügten Hofmannes" erinnert fühlt, welcher die Politik seines Herrn tief missbillige, ihr aber wohl oder übel folgen musste, weil er nun einmal dabei war. Als Schwäche der Studie empfindet Walther, dass Willms Politik und Gesellschaft nur als Hintergrund gelten lasse, "kaum aber als selbständige, eigengesetzliche Akteure".
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 14.05.2005

Zunächst überwiegt das Lob in Andrew James Johnstons Besprechung von Johannes Willms' Napoleon-Biografie. Willms sei der "Kaiserikonografie", die Napoleon bewusst geprägt habe, nicht aufgesessen, sondern habe gerade jene "theatralisch-propagandistischen" Züge des Kaisers der Franzosen entschieden entmystifiziert. Auch Willms' Schilderung der Stärken und Schwächen Napoleons findet der Rezensent überzeugend, etwa die Darstellung von Napoleons Unfähigkeit, sich auf politische Bedingungen und die Bedürfnisse seiner Gegner einzustellen, oder auch das mangelnde Talent, mit erlangter Macht umzugehen und sie zu erhalten. Doch fällt Willms gewissermaßen auf den "korsischen Egozentriker" herein, weil er an Napoleons Person kleben bleibt, so der Rezensent. Willms werde so blind für Napoleons historische Kontingenz und sei somit außerstande, Napoleons Siege und spätere Niederlagen zu erklären. Dabei ist doch gerade die Frage, "wie sich Napoleons Interpretation der Wirklichkeit formte und entwickelte", und inwiefern diese mit den Interpretationen seiner Zeitgenossen übereinstimmte (zuerst stark, dann immer weniger), die eigentlich interessante Frage, die zum Mythos Napoleon gestellt werden muss, findet der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 19.04.2005

Ebenso "gelehrt" wie "eloquent" findet Rudolf Walther diese Napoleon-Biografie von Johannes Willms. Seinen Beifall findet vor allem, dass Willms Napoleon frei von jeder Beschönigung als "machtgierigen Diktator" porträtiert, und die vielen Legenden und fragwürdige Traditionen, die sich um ihn ranken, kritisch unter die Lupe nimmt. Walther lobt die übersichtliche Gliederung des umfangreichen Stoffs nach den wichtigsten Abschnitten von Napoleons Leben, vom Aufstieg des jungen Offiziers über die Errichtung der Diktatur und die Selbsternennung zum Kaiser bis zu den europaweiten Kriegen des Imperators und dessen Niedergang nach der Schlacht von Waterloo. Ausführlich referiert Walther verschiedene Stationen von Napoleons Karriere und hebt hervor, dass Willms die These widerlegt, Napoleons Ziel sei die Freiheit Europas gewesen. Zudem würdigt er Willms ausgezeichnete Kenntnisse der reichen Memoirenliteratur über Napoleon. Als historische Quellen seien diese Erinnerungen zwar fast wertlos, nicht aber als "Zeugnisse der Mentalitätsgeschichte" (Jean Tulard). Willms bediene sich dieser Zeugnisse virtuos, "wodurch seine Darstellung ihre bestechende Farbigkeit und Lebendigkeit gewinnt." Und so schließt der Rezensent: "Man setzt Willms große erzählerische Leistung nicht herab, wenn man ihr souveräne, anekdotenverliebte Altmeisterlichkeit bescheinigt."

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.03.2005

Überaus kritisch geht Rezensent Peter Schöttler mit Johannes Willms Napoleon-Buch ins Gericht. Sein Hauptkritikpunkt: Willms Arbeit ist in keiner Weise auf dem aktuellen Stand der Kunst. Eine kritische Neulektüre der Memoirenliteratur hat er sich zum Bedauern des Rezensenten weitgehend erspart, ebenso die Einbeziehung der neuesten Forschungen und Methodologien. Willms erzähle ganz einfach das Leben seiner Figur - "wie ein realistischer Romancier des 19. Jahrhunderts". Den Blick einzig auf seine Figur gerichtet zitiere er seitenlang aus Briefen und Memoiren, "als ob man das alles wörtlich nehmen und im Namen 'der Geschichte' zusammenfügen dürfte". Der "traditionellen Schreibweise" und der gelegentlich "altertümlichen Sprache" entsprächen die in die laufende Erzählung eingewobenen Interpretationen und Kommentare. Eine explizite These oder Theorie zu Napoleon kann Schöttler bei Willms nicht finden. Auch vermisst er eine Abwägung der vorhandenen Interpretationsangebote zu Napoleon - was Autoren wie Ranke, Marx, Bismarck, Freud oder Historiker Werner Hegemann, Walter Markow, Jaques Presser, Lefebvre und Tulard zu Napoleon zu sagen wussten, bleibe dem Leser vorenthalten. Als "unangenehm überraschend" empfindet Schöttler schließlich die Psychologie, derer sich der Autor in seinen Ausführungen über Napoleon befleißige.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.03.2005

Der Historiker und Frankreich-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung hat vor zwei Jahren bereits eine Studie zu Napoleon vorgelegt, nun hat er seine Recherchen zu einer umfangreichen Biografie ausgeweitet, die Caroline Schnyder als ausgesprochen anschaulich und präzise zugleich empfindet. Ihr imponiert, wie klar und unmissverständlich Willms seine Wertungen vornimmt: ohne Legendenschreibung, ohne Dämonisierung des französischen Kriegshelden und Diktators. Willms Thesen seien dabei weitestgehend von der französischen Historiographie abgedeckt, so Schnyder, würden aber in keinem Fall populären Mythen, wie es sich ja im Fall Napoleon zuhauf gibt, aufsitzen. Aufstieg und Fall Napoleons wird von dessen Drang zur Macht bestimmt, lautet Schnyder zufolge die Kernthese von Willms, was die Rezensentin als These kaum überraschend findet. Erstaunlich findet sie vielmehr die geduldige, ausführliche Darlegung dieser politisch-militärischen Karriere von Seiten Willsm, und beachtlich findet sie dessen erstaunlich virtuoses Arrangieren des gewaltigen Lebensstoffes. Willms vertraut darauf, vermutet Schnyder, dass sich im Allgemeinen das Besondere zeige - und er hat Recht gehabt, versichert sie ihm.