John Rawls

Das Recht der Völker

Cover: Das Recht der Völker
Walter de Gruyter Verlag, Berlin - New York 2002
ISBN 9783110169355
Kartoniert, 285 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Wilfried Hinsch. Welche Bedingungen lassen Völker gerecht und friedlich zusammenleben? Unter welchen Umständen sind Kriege gerechtfertigt? Welche Leitlinien müssen gegeben sein für Organisationen, die eine gerechte Gesellschaft von Völkern mit gleichen Rechten herzustellen vermögen. In acht Grundsätzen für eine gerechte internationale Ordnung entwickelt der amerikanische Philosoph John Rawls einen hypothetischen "Vertrag der Gesellschaft der Völker".

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.02.2003

John Rawls' Denkansatz in Sachen Völkerrecht, so der Rezensent Robert Leicht, liegen zwei Grundannahmen zugrunde. Zum einen setze Rawls nicht bei den Staaten, sondern bei den Völkern an. Dies scheine zwar eine Selbstverständlichkeit zu sein, stelle jedoch insofern eine "semantische Verschiebung" dar, als die Staaten zur "unvermeidliche Verbandsform der Völker" würden und daher nur "falsche Souveränitäts- und Stabilitätsansprüche" verkörpern könnten. Mit diesem Schritt, so Leicht, überträgt Rawls seine "innere Gesellschaftstheorie" nach außen und "transponiert" den "Gesellschaftsvertrag" in einen "Weltgesellschaftsvertrag". Die zweite Grundannahme betreffe die menschliche Natur und gehe vom Menschen als "grundsätzlich vernünftigem und moralischem Wesen" aus - "als Individuum" wie "im Kollektiv". Hier regen sich erste Zweifel beim Rezensenten, denn letztlich macht diese Annahme aus dem "Recht der Völker" ein "Recht der vernünftigen Völker", meint er. Auch stellt sich für den Rezensenten die Frage, wem das unvermeidliche Gewaltmonopol des Staates im Falle der Weltgesellschaft zufallen würde. Leichts Versuch, Rawls' Theorie am praktischen Beispiel des Irak-Konflikts zu messen, ergibt, dass sie zu den gleichen Ergebnissen führt wie das moderne Völkerrecht. Der schwerwiegendste Einwand allerdings betrifft Rawls' Grundannahmen, die allzu sehr dem dienten, was er zu beweisen hoffe.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 08.01.2003

Mit einer ausführlichen Besprechung würdigt Michael Schefczyk den kürzlich verstorbenen amerikanischen Philosophen John Rawls, der mit seiner "Theorie der Gerechtigkeit" zum Vordenker der postmarxistischen Linken avancierte. Schefczyk rekapituliert das von Rawls formulierte "Differenzprinizip", das von anderen politischen Denkern aufgegriffen und im globalen Kontext weiterentwickelt wurde. Rawls' 1999 erschienenes Buch "Recht der Völker" ignorierte zu aller Überraschung diese Entwicklung, teilt Schefczyk mit, stattdessen befasste es sich mit den Prinzipien einer liberalen Außenpolitik. Das Buch stieß damals auf Kritik, berichtet Schefzcyk, da Rawls "in dogmatischer Kürze", wie der Rezensent schreibt, die Prinzipien liberalen Denkens in Frage stelle. Rawls unterscheidet zwischen liberalen Gesellschaften und "achtbaren hierarchischen Staaten", die zwar die Menschenrechte wahren, ihre Bürger aber nicht mitbestimmen lassen, fasst Schefczyk zusammen. Diese gelte es dennoch zu akzeptieren. Man hat Rawls vorgeworfen, Zugeständnisse an nichtdemokratische Regime zu machen, so Schefczyk, und so ganz will er diesen Vorwurf nicht entkräften. Zumindest führt die Gleichstellung für ihn zu "ziemlich schiefen Analogien", die allerdings nichts daran änderten, dass der Text lesenswert sei.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.01.2003

In seinem Werk "Das Recht der Völker" sucht der kürzlich verstorbene Moralphilosoph John Rawls eine Antwort auf die Frage, wann ein Krieg geführt werden darf, berichtet Rezensent Detlef Horster. Wie Horster ausführt, ist für Rawls die Beseitigung der Ungerechtigkeit innerhalb eines Volkes die Voraussetzung dafür, dass die Ungerechtigkeit zwischen den Völkern verschwindet. Solange es allerdings Schurkenstaaten gebe, würden einige Atomwaffen und konventionelle Bomben benötigt, um diese Staaten in Schach zu halten. Freilich, so Horster, bleibe es für Rawls die große moralische und gegenwärtig aktuelle Frage, wann sie eingesetzt werden dürfen. Die Erörterung dieser Frage bildet laut Horster das Zentrum des Bandes. Der Abwurf einer Atombombe als Angriff auf die Zivilbevölkerung ist für Ralwls nur im äußersten Notfall gerechtfertigt, wenn etwa "für die ganze Welt beim Sieg des Gegners ein dunkles Zeitalter" bevorstünde, oder wenn das Überleben des eigenen Volkes gefährdet sei, betont Horster. Diese äußerste Notlage war nach Ansicht Rawls im Juni/Juli 1945 für die Amerikaner nicht gegeben. Rawls plädiert für einen Friedensvertrag zwischen den Völkern, bei dem die einzelnen Völker ihren Status in der Weltgemeinschaft nicht ins Kalkül ziehen dürften, sondern von absoluter Gleichberechtigung ausgehen müssten. "Hat er", fragt Horster abschließend, "den derzeitigen Hegemonieanspruch der Vereinigten Staaten vergessen?"
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