Otfried Höffe

Wirtschaftsbürger, Staatsbürger, Weltbürger

Politische Ethik im Zeitalter der Globalisierung
Cover: Wirtschaftsbürger, Staatsbürger, Weltbürger
C.H. Beck Verlag, München 2004
ISBN 9783406522086
Broschiert, 320 Seiten, 9,90 EUR

Klappentext

Otfried Höffes neues Buch versteht sich als Beitrag zu einer eminent praktischen und politischen Ethik. Nach grundsätzlichen Überlegungen zu den drei Rollen jeden modernen Bürgers geht es zu so aktuellen Fragen über wie: Braucht es für Manager einen hippokratischen Eid? Lässt sich die repräsentative mit direkter Demokratie verbinden? Was sagt die Toleranz zum Kopftuchstreit? Ist die Türkei schon europäisch? Hegemonie der USA oder eine faire Weltrechtsordnung? Die Politische Philosophie argumentiert noch immer vornehmlich in Begriffen von Interessen und Macht, von Institutionen und Verfassungen. Otfried Höffe entwirft in seinem neuen Buch die notwendige Ergänzung: eine Theorie der verantwortlichen Subjekte, der Bürger und ihrer Bürger- bzw. Zivilgesellschaft.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.01.2005

Nicht wirklich überzeugt zeigt sich Rezensent Thomas Kreuder von Otfried Höffes Entwurf einer "politischen Ethik im Zeitalter der Globalisierung". Zwar erkennt er an, dass der Philosoph alle wesentlichen Aspekte einer an Gerechtigkeit orientierten Weltordnung auslotet. Die einzelnen Teile zu einem kohärenten Werk zusammenzufügen, ist ihm nach Ansicht Kreuders aber "nicht gelungen". Im Einzelnen hält er dem Autor vor, dass er insbesondere bei seinen Ausführungen zu den wirtschaftlichen Grundlagen der bürgerlichen Existenz zu viele Apsekte ausblendet. So setze er sich nicht mit dem Stellenwert von Arbeit als wesentlichem Moment der Selbsterfüllung und der von Andre Gorz angestoßenen Debatte zur Verringerung der individuellen Arbeitszeit auseinander. Auch auf die Arbeiten von Bells und Kristols zum Neokonservatismus oder auf die Freiburger Schule und die Katholischen Soziallehre, die gerade für die Entwicklung der Sozialen Marktwirtschaft als einer ethisch gebundenen Form des Kapitalismus bedeutend sind, gehe er nicht ein. Ferner bleibe die Frage, weshalb erfolgreiche Wirtschaftsbürger sich überhaupt noch für das Gemeinwesen einsetzen sollten, ungestellt. Höffes Diskussion über ordnungspolitische Rahmenbedingungen, die "richtige" Sozial- und Familienpolitik oder gar die Angemessenheit von Managergehältern, die er "aus der lichten Höhe der Philosophie" führe, wird nach Ansicht Kreuders der Komplexität dieser Themen nicht gerecht. Anschließend findet der Rezensent aber auch noch einige positive Worte. Für "bedenkenswert" hält er etwa Höffes Darlegungen zum Weltbürgertum und den Existenzbedingungen von Weltbürgern, zu dem er ein "durchaus stimmiges Konzept" entfalte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.10.2004

Als "themenreich und wirklichkeitsgesättigt" lobt Wolfgang Kersting diesen Entwurf einer "Politischen Ethik im Zeitalter der Globalisierung", in dem Otfried Höffe das ethische Profil des modernen Individuums als Wirtschaftsbürger, Staatsbürger und Weltbürger zu bestimmen sucht. Höffes Vorgehen - die Analyse einzelner einschlägiger Probleme verbunden mit geistesgeschichtlichen Überblicken und semantischen Exkursen - erachtet der Rezensent der Aufgabenstellung als angemessen. Ausführlich zeichnet er Höffes Analysen der verschiedenen Bürgerformen nach. Bei dessen Porträt des Wirtschaftsbürgers hebt Kersting die Rolle der Arbeit hervor. Sie dürfe nicht auf das ökonomische Moment reduziert werden, vielmehr müsse ihr ethischer Eigenwert, das sie als Feld der Selbstverwirklichung habe, in den Blick kommen. Der Staatsbürger erscheine aus ethischer Perspektive bei Höffe als Gesellschaftsbürger, der sich wieder stärker für die öffentliche Sache engagieren solle. Zum Weltbürger werde der Staatsbürger, wenn er den Kosmopolitismus nicht als Nationalstaatsersatz, sondern als normativ-politische Ergänzung seines traditionellen Selbstverständnisses betrachte. Kersting betont, dass Höffes Weltbürgerethik neben "allgemeinen Rezepturen" auch "konkretere Ratschläge" bereit halte, "deren Beherzigung mancher Routine der Außen- und Entwicklungspolitik eine überraschende Wendung geben würde." Generell lobt er die Gegenwartsbezogenheit von Höffes Analysen. Das Fazit des Rezensenten: ein Buch, das nicht nur "nützliche Erkenntnisse" bietet, sondern auch wegen seines "ruhigen und abwägenden, allem Moralisieren, allem wohlfeilen Postulieren abgeneigten Stils angenehm zu lesen ist".
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 08.10.2004

Eine Reaktion auf das Problem der demokratischen Legitimierung politischen Handelns in Zeiten der Globalisierung sieht Rezensent Martin Bauer in Otfried Höffes Entwurf einer "politischen Ethik im Zeitalter der Globalisierung". Höffe konzipiere seine politische Ethik als "realistische Utopie", als Utopie einer "föderalen und subsidiären Weltrepublik" (Höffe), in der der Gefahr von Willkür und Gewalt mit dem Recht, öffentlichen Gewalten, Menschenrechten und Demokratie begegnet werden solle. Angenehm findet Bauer, dass der Tübinger Philosoph bei seinen Überlegungen immer auf dem Boden bleibt. So attestiert er ihm einen "Habitus nüchterner Sachlichkeit", der sich in "argumentativer Disziplin bei prinzipientheoretischen Überlegungen" sowie in "gut informierten wie pointierten Urteilen" bis in tagespolitische Einzelfragen hinein niederschlage. Als "geradezu exemplarisch" lobt er etwa, wie Höffe bei seinen Überlegungen zu den Aufgaben der Entwicklungspolitik die "Vorzüge einer gelehrten Abhandlung" mit den "Qualitäten eines blendend geschriebenen Leitartikels" verbindet. Den normativen Kern von Höffes Ethik, der ein "säkularer Begriff" einer minimalistisch konzipierten Gerechtigkeit zugrunde liege, erachtet Bauer allerdings als "politisch kontrovers".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.10.2004

Otfried Höffe hat sich an einer "Philosophie der Globalisierung" versucht, erklärt der Rezensent Hauke Brunkhorst. Doch bei seinem Versuch, das Übel der Globalisierung - Individualismus - mit Tugenden auszubalancieren, scheint Höffe gescheitert zu sein. In der Tat führe der Autor den müder werdenden Leser durch die "schwindelnden Höhen" der "reinen Ideen", bis dass selbst die Erinnerung an eine mögliche Bodenhaftung verblass, klagt der Rezensent. Das hauptsächliche Problem in Höffes Überlegungen sieht Brunkhorst darin, dass der Philosoph die Geschichte des politischen Denkens zu einer "Geschichte ohne Geschichte" mache, indem er die Denker außerhalb ihres ideengeschichtlichen Kontextes betrachte. So komme es dazu, dass an einer Stelle (etwa bei Kant) Mängel festgestellt werden, die der Autor dann "mit einem Griff in die Vorratskiste" der weltbesten Ideen (etwa Hobbes) behebe, was jedoch jeglichem historischen Verständnis zuwiderlaufe. Im juristischen Bereich zeigt sich Höffe ähnlich naiv, schreibt Brunkhost: Er wirft ihm eine Verwechslung von "Wesensgehalt der Verfassung" und der "konkreten Gestalt ihrer Institutionen" vor. Mit diesem Buch, so das bittere Fazit des Rezensenten, wird wieder einmal die Misere der neuen Philosophie demonstriert, die sich des Elends der Welt annehmen will, sich dabei aber auf "ethisches Räsonieren" beschränkt.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2004

Dass Markt und Staat alleine keine funktionierende Gesellschaft ergeben, sondern auch republikanische Tugenden des einzelnen vonnöten sind, hat Otfried Höffe nicht als Erster erkannt, bemerkt Rezensent Michael Schefczyk. Neu ist nun allerdings, dass der Autor drei bisher immer voneinander abgegrenzte Rollen zusammenbringt: die des Wirtschafts-, des Staats- und des Weltbürgers. Sie ergänzen sich komplementär, so Schefczyk. Dabei versuche der Autor keine "große, tiefschürfende" Theorie zu entwickeln, sondern erstelle eine "mit Sachverstand und konkreten Beispielen arbeitende Zusammenschau". Die drei Komponenten der aktuellen Bürgerrolle werden "plastisch" dargestellt, indem mit einem "ordentlich geführtem Arsenal" an Argumenten viele Themen der öffentlichen Diskussion behandelt werden. Dabei sind die Begründungen effizient platziert, "ohne Mätzchen", lobt der Rezensent, "dafür mit einer doppelten Portion gesunden Menschenverstands".