Jorge Volpi

Das Klingsor-Paradox

Roman
Cover: Das Klingsor-Paradox
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2001
ISBN 9783608930665
Gebunden, 512 Seiten, 25,05 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Susanne Lange. Zu der Zeit, in der in Berlin die Mauer fällt, erinnert sich der deutsche Mathematiker Gustav Links, der Aufstieg und Fall der Naziherrschaft miterlebt hatte, an sein Leben, das auf fatale Weise mit dem des Oberleutnant Francis P. Bacon verbunden ist, einem jungen nordamerikanischen Physiker, der nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine wichtige Mission auszuführen hatte.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.12.2002

Jorge Volpis Roman "Das Klingsor-Paradox" hat Rezensent Ernst Peter Fischer nicht wirklich überzeugt. Das Buch, zugleich Spionageroman und Geschichte der Quantenphysik, ist "voll von Themen, die sich leicht in die Quere kommen", findet Fischer. Die Wissenschaftler Gustav Links und Francis Bacon fahnden darin nach einem unbekannten Vertrauten Adolf Hitlers, von dem nicht vielmehr als sein Deckname Klingsor bekannt ist, wobei es Indizien gibt, dass es sich dabei um Links ehemaligen Lehrer Heisenberg handelt, fasst Fischer die weit ausholende, mit vielen Überlegungen über die Quantenphysik, über den Zufall und das Unendliche, sowie die moderne Mathematik garnierte Handlung zusammen. Fischer missfällt vor allem, dass es Volpi "merkwürdig deutlich und einseitig" auf Heisenberg abgesehen habe, wo doch die Geschichtswissenschaft das tatsächliche Geschehen nicht zweifelsfrei rekonstruieren und aus Dokumenten belegen könne. Zudem belehre Volpi den Leser zuviel, anstatt ihn zu involvieren, kritisiert Fischer.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 07.03.2002

A typical German Bildungsroman über einen amerikanischen Physiker? Wohl kaum, meint Stephan Maus und weist das Buch als einen die Genregrenzen zwischen Essay und Fiktion auflösenden Text aus. Das Klingsor-Paradox sei "die Schnittmenge von ungefähr zwei Dutzend Fachbüchern". Dass dem Buch das leider gar nicht gut tut, daran lässt Maus indes keinen Zweifel. Im besten Fall gelinge dem Autor ein "abstraktes Gedankenspiel", im schlimmsten eine Art Günter-Jauch-Quiz, in dem jede Menge Bildungsgut in klappernden Dialogen montiert werde. Unerbittlich seziert der Rezensent die stilistischen Fähigkeiten des Autors und kommt zu dem Schluss, Volpi schreibe wie ein "greiser, schrulliger, paranoider Mathematiker der zweiten Garde". Da Volpi auch "keine einzige originelle Perspektive" auf die Wissenschaftswelt seines Protagonisten gelingt, ist Maus ganz froh, dass die dramaturgische Spannung der Geschichte immerhin so groß ist, dass sie einen drängt, "schnell über die Sätze hinwegzugleiten". Ausgerechnet Volpi sollte der Erbe der großen lateinamerikanischen Autoren sein? Für Maus riecht das verdammt nach Verschwörung: Das Volpi-Paradox.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 15.12.2001

Alles andere als zufrieden mit diesem Roman ist der Rezensent Bernhard Dotzler mit diesem Roman. Das liegt zum einen daran, dass er für ihn mit großen Themen überfrachtet ist. Jorge Volpis will nach Meinung des Rezensenten die ultimative Liebesgeschichte erzählen und dazu noch Anstöße geben, über die Wissenschaftspolitik der Nazis neu nachzudenken. Beides gelingt ihm nach Dotzlers Meinung überhaupt nicht. Der Rezensent findet, dass Literatur "dem Wirklichkeitssinn der Historiker durch ihren Möglichkeitssinn auf die Sprünge helfen" sollte, aber an diesem Anspruch "scheitert der Roman gründlich". Und auch des Autoren Ambitionen, über Liebe und Erotik zu schreiben, findet Dotzler verfehlt, und so lautet sein Resümee: "Die Liebe ist gewiss nicht das Wichtigste, was die Literatur zu bieten hat. Ob einer schreiben kann, entscheidet sich an ihrem Beispiel aber womöglich doch".

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 04.12.2001

Drei Bücher über Werner Heisenberg will Diemut Roether uns vorstellen: Jorge Volpis Roman "Das Klingsor-Paradox" (Klett-Cotta), Michael Frayns im Wallstein Verlag verlegtes Theaterstück "Kopenhagen" sowie "Heisenberg und das Atombombenprojekt der Nazis" von Paul Lawrence Rose (Pendo Verlag). Heraus kommt dabei leider nur eine Einzelbesprechung. Denn dass das Stück Frayns "mehr Wahrheiten" über Heisenberg enthält und also eine "ideale Ergänzung" zu Volpis Roman darstellt, ist ja genauso wenig informativ wie die Bemerkung Roethers, der Amerikaner Rose scheitere "in seinem polemischen Buch" (polemisch gegen H.) an "der Bestimmung des 'deutschen Wesens'".
Volpi dagegen entlockt Roether gleich eine ganze Reihe von Lobesbezeugungen: Mit dem Buch erwartet uns nicht nur "eine atemberaubende Geschichte" über den Atomphysiker im "Dritten Reich" und die moderne Physik, wir haben es zugleich mit einem Krimi und einer Liebesgeschichte zu tun, die Geistesgrößen wie Einstein, Gödel und eben Heisenberg "auf ein menschliches Maß" bringt. Richtig aus dem Häuschen gerät Roether angesichts des "riskanten Experiments" des Autors, die Theorien der Herren Physiker in seine Erzähltechnik zu übertragen. Nämlich: Es gelingt! Und sogar "mit spielerischer Leichtigkeit". Volpi arbeite mit Variablen, Studien, Hypothesen, ent- und verwerfe Gesetze, erklärt Roether, "und entwickelt so en passant eine Theorie des Erzählens".