Karl Ove Knausgard

Aus der Welt

Roman
Cover: Aus der Welt
Luchterhand Literaturverlag, München 2020
ISBN 9783630874371
Gebunden, 928 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Norwegischen von Paul Berf. Hoch oben im Norden Norwegens spielt diese Geschichte, kurz vor der Jahrtausendwende. Der junge Henrik Vankel arbeitet hier als Aushilfslehrer. Selbsthass, Einsamkeit und Schamgefühle bestimmen sein Leben. Schon lange ist er aus der Welt gefallen, schon lange versteht er die Zeichen seiner Mitmenschen nicht mehr - schon lange verschwimmen ihm Traum und Realität. Bis ihm eines Tages klar wird, dass er sich verliebt hat. In eine seiner Schülerinnen. Eine eigentlich unmögliche Liebesgeschichte. Ist dies wirklich die Rettung - oder der Auftakt zum endgültigen Zusammenbruch? Karl Ove Knausgårds Romandebüt "Aus der Welt" von 1998 hat viele Facetten. Von Sprach- und Verbindungslosigkeit ist darin die Rede, vom verzweifelten Versuch, sich einen Sinn zu erschaffen in einem rätselhaften Dasein. Es erzählt die Geschichte einer Kindheit und Jugend im Norwegen der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, in einer Familie und einer Welt, in der Scham und Schuldgefühle zu den stärksten Triebfedern überhaupt gehören.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.11.2020

Rezensent Peter Praschl liest den Debütroman von Karl Ove Knausgard mit gemischten Gefühlen. Einerseits neugierig auf die Erlebnisse des jungen Erzählers bzw. späteren Bestseller-Autors K. (die Trennung fällt Praschl offensichtlich schwer), andererseits leicht überfordert vom schieren Umfang des Buches, den vielen Abschweifungen und vor allem der Geschichte um das Verhältnis eines Mannes zu einer seiner Schülerinnen, lässt sich Praschl auf den Text ein. Die Verharmlosung von Pädophilie oder doch bloß Fiktion? Praschl hadert mit dem alles andere auslöschenden männlichen Bewusstsein im Text. Für ihn hat es auf jeden Fall "etwas Gewalttätiges", das Knausgards Leserinnen und Leser aushalten müssen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 24.10.2020

Johanna-Charlotte Horst denkt nach über das Skandalon von Karl Ove Knausgards Debütroman, der die Geschichte der sexuellen Obsession eines Lehrers mit einer 13-jährigen Schülerin erzählt. Brisant findet sie den Text allemal, auch wenn ihr klar ist, dass Erzählen nicht Gutheißen bedeutet. Horst taucht ein in die Intertextualität des Romans, zu Proust und Flaubert und stellt fest, dass der Autor in diesem autobiografischem Text bereits das Fundament legt für seine folgenden Bücher, als eine Art Trailer oder ein Making-Of.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 17.10.2020

Peter Urban-Halle gefällt Karl Ove Knausgards Debütroman von 1998. Vieles kennt er aus "Mein Kampf", die Detailversessenheit, das Komplexbeladene des Helden, der hier über die Liebe zu einer minderjährigen Schülerin berichtet und über die Gründe für seine emotionale Verfasstheit, über seine Eltern und ihr Scheitern. Wie der Autor seine Figur seziert, grenzt ihn ab von Nabokov, der laut Rezensent besessen war von seinem Humbert Humbert. Knausgards Beobachtungsgabe, Einfühlungskraft und Vorstellungsvermögen sind in diesem Buch für Urban-Halle schon sehr gut zu erkennen.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 08.10.2020

Rezensent Adam Soboczynski ist nach London gereist, um mit Karl Ove Knausgard über Kunst und Moral, Peter Handke, vor allem aber über Knausgards 22 Jahre nach der norwegischen Erstveröffentlichung erstmals auch auf Deutsch erscheinenden Debütroman "Aus der Welt" zu plaudern. Jener Roman veränderte Knausgards Leben gleich zweimal, erfahren wir: Die 900 Seiten umfassende Geschichte um den verklemmten 26jährigen Aushilfslehrer Henrik, der eine Beziehung zu seiner Schülerin - der 13-jährigen "reizvollen Kindsfrau" Miriam  - einging, nach dem Missbrauch in seine Heimatstadt und in Erinnerungen an Kindheit und Jugend flieht, erntete im Jahr 1998 in Norwegen noch Hymnen, Preise und Vergleiche mit Joyce und Nabokov, erinnert der Kritiker. 2015 in Schweden veröffentlicht, löste das Buch indes einen Skandal aus: "Literarische Pädophilie" wurde Knausgard vorgeworfen, er verließ das Land gen London, weiß Soboczynski. Der Rezensent selbst positioniert sich deutlich: Für ihn ist das Buch ein Träume, Essays und Seelenerkundungen verbindendes, "raumgreifendes" Epos, die "Soziogenese eines Antihelden", die Motive aus Knausgards biografischem Zyklus literarisch zu Ende denkt. Mit einem Plädoyer für die Trennung von Werk und Autor, schließt Soboczysnki seine Kritik ab.