Lothar Bisky

So viele Träume

Mein Leben
Cover: So viele Träume
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783871344749
Gebunden, 299 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Mit achtzehn Jahren, 1959, beschließt Lothar Bisky, dem Westen den Rücken zu kehren und sein Glück in der DDR zu suchen. Als Flüchtlingskind aus Hinterpommern fühlt er sich in Westdeutschland oft gedemütigt - vom Staat im Osten erhofft er sich bessere Chancen. Und er nutzt sie, macht Karriere als Jugendforscher und Medienexperte und wird schließlich Rektor an der Potsdamer Filmhochschule. Nach der Wende, die er aus nächster Nähe erlebt und mitgestaltet, gelangt Lothar Bisky zu gesamtdeutscher Prominenz und erwirbt sich Anerkennung auch beim politischen Gegner: Er wird Vorsitzender des Stolpe-Untersuchungsausschusses und Parteichef der PDS, die er beharrlich vom stalinistischen Erbe befreit.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 30.06.2005

Klaus Harpprecht findet es "tapfer", dass Lothar Bisky in seinen Lebenserinnerungen nicht verschweigt, dass seine Frau Almuth Bisky jahrelang IM bei der Stasi war, auch wenn er vermutet, dass dem Autor gar nichts anderes übrig blieb, nachdem sein Sohn Jens Bisky darüber in seinen Jugenderinnerungen geschrieben hatte. Allemal habe der Autor nur einen knappen Absatz für diesen Verrat seiner Frau übrig und man wolle gar nichts "Genaueres wissen", meint der Rezensent. Er gesteht Bisky zu, sich einen "kritischen Blick" für die beengenden Verhältnisse in der DDR bewahrt zu haben und er rechnet es ihm an, dass er sich in seiner Funktion als Rektor der Filmhochschule Babelsberg für die "Freiheit" junger Filmemacher einsetzte. Trotzdem geht Bisky für den Rezensenten in seiner Auseinandersetzung mit der DDR nicht weit genug, wenn er beispielsweise von einer "Kriminalisierung der DDR" durch den Westen schreibt und sich die "Gretchenfrage nach der Legitimität" der DDR mit ihrem "autoritären und partiell totalitären Charakter" gar nicht erst stellt. Vielleicht, überlegt Harpprecht, wäre das aber auch eine "allzu harte Prüfung" gewesen, gleichzeitig mit der ehemaligen DDR "ins Reine" zu kommen und sich mit der Wiedervereinigung auseinander zu setzen, und er hält dem Autor zugute, es immerhin "versucht" zu haben, wenn auch nicht mit der "bewundernswerten Konsequenz", die sein Sohn Jens in seinem Buch gezeigt hat.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.05.2005

Mechthild Küpper hat einige "unlogische Sprünge" in Lothar Biskys Autobiografie "So viele Träume" - Zitat eines Filmtitels von Heiner Carow von 1986 - gefunden. Auch sonst irritiert sie manches an Biskys Auslassungen. Obwohl ihm, dem Flüchtlingskind, dessen große, blonde, 13 Jahre alte Freundin starb, weil "zu viele Soldaten sie vergewaltigt hatten", von einer Lehrerin ein Stipendium besorgt wurde, bleibt er auch heute noch bei der Einschätzung, Karriere wäre im Westen abhängig gewesen vom Geldbeutel der Eltern. Und so machte er rüber ins Land der Chancengleichheit, unter einem Zaun bei Lübeck hindurch. In der DDR, so schreibt Bisky, zog auch "heftiger Widerspruch" keine "schlimmen Sanktionen" nach sich. Erst nach der Wende wurde der Rektor der Filmhochschule Babelsberg Politiker, PDS-Vorsitzender und Vizepräsident des Brandenburger Landtags. Die Rezensentin hält Distanz, sowohl zu diesem Buch als auch zu dem Mann, der darin beschrieben wird.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 06.04.2005

Pitt von Bebenburg betont, dass Lothar Bisky, im Gegensatz zu anderen Politikern, seine Autobiographie tatsächlich selbst geschrieben hat, und er entdeckt in ihr einen "Intellektuellen", der zwar mit manchem in der DDR gehadert, aber nie am "System" gezweifelt hat. Die erste Hälfte des Buches, in der Bisky sein Leben bis 1989 beschreibt, findet der Rezensent "deutlich interessanter" und es fasziniert ihn zu lesen, mit welchen hoffnungsfrohen Erwartungen der Autor nach dem Krieg aus Schleswig-Holstein in die DDR übersiedelte. Ansonsten kann man in der Autobiographie eine "kuriose Partei mit einem kuriosen Vorsitzenden bestaunen", dem man "abnimmt", dass er sein Amt nicht von "Machtgier getrieben" ausübt, meint Von Bebenburg, Wundern tut er sich darüber, wie "knapp" Bisky auf die Stasi-Tätigkeit seiner Frau Almuth als Inoffizielle Mitarbeiterin eingeht. Es hätte ihn durchaus interessiert, in wie weit dies Einfluss auf sein "politisches Denken" gehabt hat.