Marc Sinan

Gleißendes Licht

Roman
Cover: Gleißendes Licht
Rowohlt Verlag, Hamburg 2023
ISBN 9783498003142
Gebunden, 272 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Als der Berliner Komponist Kaan zu einem Stipendienaufenthalt nach Istanbul reist, geht seine Welt entzwei: Deutlich und unerwartet überkommt ihn das Trauma seiner Großmutter, deren Familie bei dem Völkermord an den Armeniern ausgelöscht wurde.Kaan beginnt, sich zu erinnern: an seine Großeltern, sie Armenierin, er Türke, die in den Jahren der Republik unter Atatürk zu Wohlstand kamen, um am Ende doch alles zu verlieren. An seine Mutter, die ihre türkische Heimat für einen deutschen Mann hinter sich ließ. An seine eigene Kindheit, Besuche bei den Großeltern am Schwarzen Meer, die nach grünen Bohnen und salzigem Fisch schmeckten, nach der Wärme der Bağlama klangen und in den Farben der Wellen leuchteten … In allem war für den Jungen Musik. Und während Kaan erzählt, erfasst ihn ein Wunsch nach Rache: an einem türkischen Präsidenten, der den ersten großen Genozid der Moderne nach über hundert Jahren noch immer leugnet.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 31.05.2023

Das Trauma des Völkermordes an den Armeniern thematisiert der Musiker und Komponist Marc Sinan in seinem Romandebüt, schreibt Rezensent Ingo Arend. Er lehnt sich damit gegen das allgemeine "Schweigegebot" auf, dass das Sprechen über den Genozid in der heutigen Türkei verbietet und das Sinan auch selbst in seiner eigenen Familie erfahren hat. Sein Protagonist Kaan, in dem der Rezensent ein Alter-Ego des Autors erkennt, erfährt bei einem Familien-Besuch in der Türkei von seinen armenischen Wurzeln, so der Kritiker. Im Folgenden springt Kaan schnell zwischen Zeitebenen hin- und her, lesen wir, mal taucht der Leser in Kaans Jugendjahre in das München der achtziger Jahre ein, mal in das Leben von Kaans Großeltern. Noch nicht ganz ausgereift erscheint dem Kritiker Sinans Erzählweise, in seiner Mischung aus politischen Elementen und Erinnerungen stellt der Roman jedoch ein spannendes Experiment dar, so Arend.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 28.01.2023

Der Genozid an den Armeniern zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildet den Boden für eine doppelsträngige Familienerzählung, schildert Rezensent Jan Drees, der die Handlung von Marc Sinans Debüt "Gleißendes Licht" ausführlich nacherzählt. Zunächst geht es um den türkischen Soldaten Hüseyin, der 1915 Zeuge einer Exekution an armenischen Kindern wird, dieses Erlebnis aber in Ehe und Arbeit zu vergessen sucht, berichtet der Kritiker. Die zweite Perspektive widmet sich dessen Enkel Kaan, der den schwierigen Weg geht, das Schweigen der Generationen vor ihm durchbrechen und das Geschehene aufarbeiten zu wollen, so Drees. Für ihn liest sich diese Aufarbeitungsgeschichte nicht nur mutig und hoffnungsvoll, sondern auch musisch-poetisch durchkomponiert, ein Talent, das er dem Berufsmusiker Sinan anerkennend attestiert. Beeindruckt empfiehlt der Rezensent den Roman weiter.