Markus Materna

Richter der eigenen Sache

Die "Selbstexkulpation" der Justiz nach 1945, dargestellt am Beispiel der Todesurteile bayerischer Sondergerichte
Cover: Richter der eigenen Sache
Nomos Verlag, Baden-Baden 2021
ISBN 9783848770335
Kartoniert, 571 Seiten, 119,00 EUR

Klappentext

Die "Renazifizierung" vieler Berufszweige nach 1945 gilt heute als erwiesen. Im vorliegenden Werk untersucht der Autor die Frage, wie es gerade im Justizbereich möglich war, dass NS-Juristen, welche zuvor nicht selten an unverantwortlichen (Todes-)Urteilen mitgewirkt hatten, nicht nur wiedereingestellt wurden, sondern häufig gar Karriere machten? Welche Mechanismen und Vorbedingungen waren hierfür ausschlaggebend? Welche Rolle spielten vorgesetzte Stellen hierbei? Warum mussten Aufarbeitungsversuche zu diesem Themenkomplex in den 1950er und 1960er Jahren scheitern? Am Beispiel der an Todesurteilen bayerischer Sondergerichte beteiligten Juristen werden diese und weitere Fragen erstmals akkurat, detailgenau und quellengesättigt beantwortet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.08.2021

Man mag sich fragen, warum die furchtbaren Juristen, um die es in diesem Buch geht, in der FAZ nicht namentlich genannt werden, genau so wenig wie die Opfer übrigens. Albert Schäffer erzählt in seiner Rezension von einem Staatsanwalt namens "Rudolf H.", der eine Frau namens "Charlotte K." als Nazirichter zum Tode verurteilte, weil sie geklaute Lebensmittelkarten einlösen wollte. Sie habe in "echt jüdischem Geist" gehandelt, sagte er in seinem Plädoyer noch, bevor er dann in Bayern nach dem Krieg wieder Karriere machte und Richter wurde. Das Buch (sind die Namen dort auch unkenntlich gemacht?) liefert laut Schäffer einen weiteren akribisch recherchierten Beweis dafür, dass die Nachkriegsjustiz in der Bundesrepublik in großem Maß von Nazis aufgebaut wurde, die sich auf Nachfrage beim besten Willen nicht mehr an all die Todesurteile erinnern konnten, die sie einst fällten. Die Politik setzte darauf, dass sich diese Hinterlassenschaft "durch Ruhestand erledigte". Es war eine sehr homogene Klasse - obere Mittelschicht, Bürgertum -, die als Netzwerk agierte, lernt Schäffer aus dem Buch, das er nachdrücklich zur Lektüre empfiehlt.
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