Martin Sabrow

Herr und Hanswurst

Die Tragödie des Hofgelehrten Jacob Paul von Gundling
Cover: Herr und Hanswurst
Deutsche Verlags-Anstalt (DVA), Stuttgart/München 2001
ISBN 9783421055125
Gebunden, 234 Seiten, 20,35 EUR

Klappentext

Jacob Paul von Gundling war die schillerndste Person am preußischen Hof. Er trug den Doktorhut und die Narrenkappe, war Historiker und Präsident der Sozietät der Wissenschaften, war Trinker und der Hofnarr des Tabakkollegiums. Unter Friedrich Wilhelm I. bekleidete er als Wirtschaftsexperte und als ungewöhnlich produktiver Reichs- und Landeshistoriker eine einflussreiche Stellung bei Hof und im Staat. Hinter dem unerhörten Schicksal Gundlings werden die Konturen einer preußischen Hofkultur sichtbar, in der das Erhabene und das Lächerliche eng miteinander verwoben waren...

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.12.2001

Jacob Paul von Grundling war, einerseits, ein nicht unwichtiger Wissenschaftler, durfte dies aber nur unter der Bedingung sein, dass er am Hofe Friedrich Wilhelms I. den Hanswurst spielte. Und das war kein Spaß, er musste sich vom König "erniedrigen, verspotten und demütigen" lassen - und noch als Toten veralberte ihn Friedrich Wilhelm: Grundling, über den Demütigungen zum Säufer geworden, wurde in einem Weinfass beigesetzt. Trotz seines Einstiegs mit dem kürzlichen Tabakskollegium am Hofe Schröder meint der Rezensent Jürgen Schmidt, dass sich dieses voraufklärerische Verhältnis von Geist und Macht nur schwer auf spätere Zeiten übertragen lässt. Martin Sabrow gelinge es im übrigen zu zeigen, dass Grundling zunächst sehr geschickt mit den damaligen "Marktbedingungen" zurecht gekommen war und "umfangreiche, gutbezahlte Wirtschaftsanalysen" anfertigte. Etwas bedauerlich findet es der Rezensent, dass man über den König recht wenig erfährt, dass sich die Geschichte Grundlings nicht zur "Kulturgeschichte" weitet. Dennoch: "zum Nachdenken und Weiterfragen" rege das Buch allemal an.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.11.2001

Der Name Gundling ruft in unserer Erinnerung nicht mehr viel wach, schreibt Hans Pleschinski. Da kommt dieses "einfühlsame Lebensporträt" wohl gerade recht. Dort werde Jacob Paul von Gundling als "Historiograf und Harlekin" des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm I vorgestellt. Gundling vollbrachte diverse Leistungen - er verfasste ökonomische Denkschriften und erstellte Landkarten - doch sein Ruf änderte sich schlagartig, als dieser sich bei einem Saufgelage blamierte, übermittelt der Rezensent. Fortan sei Gundling "Witzfigur von Stadt und Land" gewesen. Eine "bizarre Doppelvita": davon kündet auch der tragische Spruch an Gundlings Todesstätte, den Pleschinski zitiert: "Halb Schwein, halb Mensch, ein Wunderding. Einer näheren Bewertung des Buchs enthält sich der Rezensent - seiner angeregten Nacherzählung entnehmen wir, dass es ihm gefallen hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.10.2001

Historiograf und Professor, Vorleser und Zeremonienmeister, Kriegs- und Hofkammerrat: All das war Jacob Freiherr von Gundling. Hans Jakob Meier schildert Gundling in seiner Kritik als "unerschrockene und verschlagene Figur", die gleichzeitig Hofgelehrter und Hofnarr war. Als Gelehrter trug Gundling "ungewöhnliche Verantwortung": Er hatte für Friedrich Wilhelm I. Zeitungsberichte zu lesen, zu analysieren und zu bewerten (ein früher Perlentaucher quasi). Seine "bedeutsame Stellung" wurde am Hof jedoch nicht geschätzt: Grundling verfiel dem Alkohol, berichtet Meier. Was den "getretenen Höfling" jedoch genau zum Narren werden ließ, verrät der Rezensent leider nicht. Martin Sabrow zeichne ein umfassendes Bild vom Hof und Hofleben unter Friedrich Wilhelm I. Grundling werde darin als "unkonventionell kluger Berater" beschrieben. Nur mit der Einordnung Grundlings als "Intellektuellen avant la lettre" ist Meier nicht einverstanden: "Das Gegenüber von Geist und Macht am Hof der Könige gab es vor Gundling ebenso wie danach", bemerkt Meier. Dennoch sei diese Biografie bedachtsam, nüchtern und insgesamt gelungen.
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