Michael A. Meyer

Leo Baeck

Rabbiner in bedrängter Zeit
Cover: Leo Baeck
C.H. Beck Verlag, München 2021
ISBN 9783406773785
Gebunden, 365 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Rita Seuß. Der liberale jüdische Theologe Leo Baeck (1873 -1956) wurde mit seinem Hauptwerk "Das Wesen des Judentums" von 1905 weithin bekannt. Doch sein Werk steht heute - anders als das Martin Bubers oder Franz Rosenzweigs - im Schatten seiner politischen Funktionen während des Dritten Reichs. Michael Meyer schildert eindrucksvoll, wie der Rabbiner dank seiner Bereitschaft zum Martyrium fast Unmögliches erreichte. Als Präsident der "Reichsvertretung der deutschen Juden" blieb er in Verhandlungen mit der Gestapo trotz Verhaftungen standhaft, verhalf zahllosen Juden zur Auswanderung und widerstand mehrfachen Gelegenheiten zur Flucht. Ab 1943 in Theresienstadt interniert, nahm er dort vor allem seelsorgerliche und soziale Aufgaben wahr. Nachdem er ganz unerwartet das Ghetto überlebt hatte, emigrierte er nach London. Das 1955 in Jerusalem gegründete internationale Leo Baeck Institut machte ihn zu seinem ersten Präsidenten.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 03.02.2022

Rezensent Thomas Meyer hat einige Einwände gegen Michael A. Meyers Biografie über Leo Baeck (mitunter mangelnde Ausführlichkeit, eine zu oberflächliche Auseinandersetzung mit kritischen Stimmen zu Baeck), insgesamt aber hält er das Buch für mustergültig. Einen neuen Maßstab in der Forschung zu Baeck setzt der Autor laut Meyer etwa betreffend die Jahre 1933 bis 1945, besonders wenn er die Herausforderungen schildert, vor die sich Baeck als Ältestenrat in Theresienstadt gestellt sah. Die gute Lesbarkeit und wissenschaftliche Kontextualisierung der Arbeit scheinen Meyer gleichfalls bemerkenswert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.09.2021

Der hier rezensierende Judaist Christoph Schulte lobt zunächst das Verdienst des Historikers und Rabbiners Michael A. Meyer den Rabbiner Leo Baeck in seiner Biografie nicht als Heiligen zu behandeln. Vielmehr liest der Kritiker hier eine politische Biografie Baecks, die vor allem die Jahre zwischen 1933 bis 1945 in den Blick nimmt, als Baeck den Nazis nach Möglichkeiten Widerstand leistete und jüdisches Gemeindeleben und "geistiges und materielles Überleben" organisierte. Natürlich lernt Schulte hier auch den preußischen Baeck mit hohen moralischen Ansprüchen kennen, der als kaisertreuer Feldrabbiner im Ersten Weltkrieg diente, und den Zionisten, der 1926 mit Albert Einstein ein Pro-Palästina-Komitee gründete. Dass Meyer Baecks Kooperation mit den NS-Behörden verteidigt, kann der Rezensent nachvollziehen, dass der Autor Paul Tillichs Kritik an Baeck gnadenlos abschmettert, hingegen nicht. Dass Meyer auf eine Analyse von Baecks Schriften weitgehend verzichtet, verzeiht der Kritiker dieser "spannend" zu lesenden Biografie wiederum gern.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.08.2021

Rezensent Dirk Schümer liest Michael A. Meyers Biografie über Leo Baeck gebannt angesichts eines Mannes, der wie kein zweiter den ausradierten "jüdischen Kosmos" in Deutschland repräsentierte. Den Ruhm Baecks als Rabbiner während der Weimarer Zeit schildert der langjährige Leiter des Leo-Baeck-Instituts laut Schümer auf ebenso lesenswerte Weise wie Baecks Verbindungen in die mondäne Welt und seinen unumstößlichen Traditionalismus. Tief berührt scheint Schümer von den Passagen im Buch, die sich der Vereinsamung Baecks nach 1937 und seinem unbeirrten Weiterwirken in vierzig Vorträgen im Lager Theresienstadt widmen. Meyers "pathosfreie" Darstellung dieses Lebens kann der Rezensent nur empfehlen.