Monika Helfer

Vati

Roman
Cover: Vati
Carl Hanser Verlag, München 2021
ISBN 9783446269170
Gebunden, 176 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Ein Mann mit Beinprothese, ein Abwesender, ein Witwer, ein Pensionär, ein Literaturliebhaber. Monika Helfer umkreist das Leben ihres Vaters und erzählt von ihrer eigenen Kindheit und Jugend. Von dem vielen Platz und der Bibliothek im Kriegsopfer-Erholungsheim in den Bergen, von der Armut und den beengten Lebensverhältnissen. Von dem, was sie weiß über ihren Vater, was sie über ihn in Erfahrung bringen kann. Entstanden ist ein Roman über das Aufwachsen in schwierigen Verhältnissen, eine Suche nach der eigenen Herkunft. Ein Erinnerungsbuch, das sanft von Existenziellem berichtet und schmerzhaft im Erinnern bleibt. "Ja, alles ist gut geworden. Auf eine bösartige Weise ist alles gut geworden."

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 13.03.2021

Dem Rezensenten Frank Schäfer zufolge hat Monika Helfer ihrem Vater mit diesem Buch sowohl im übertragenen als auch im konkreten Sinn einen letzten Liebesdienst erwiesen: Nicht nur schaut sie voller Verständnis auf seine Person, obwohl er ihr das Leben als Kind bei Weitem nicht immer leicht gemacht hat, sie verewigt den Bibliomanen, der am liebsten in seinen Büchern bebte, auch ganz wörtlich in einem davon, so Schäfer. Ihn hat die Geschichte des eloquenten und intelligenten Mannes, der als Soldat in Russland ein Bein an die Kälte verlor und später nach einer glücklichen Phase die Existenz der Familie aufs Spiel setzte, indem er der Einrichtung, in der er arbeitete, Bücher stahl, in jedem Fall sehr berührt, wozu auch die assoziative Erzählweise beigetragen hat.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 20.02.2021

Gisela Trahms schätzt an Monika Helfers autobiografischem Projekt, dessen neuer Band, eine Vatergeschichte, nun vorliegt, dass die Autorin es nicht darauf anlegt, die ultimative Wahrheit des Vergangenen herauszuarbeiten. Stattdessen beweist Helfer Mut zur Lücke, bleibt im Ton unsentimental und setzt statt auf Analyse auf leichte, herzerwärmende Erinnerung, freut sich Trahms. Die "kümmerlichen" fünfziger Jahre am Bregenzer Ortsrand bringt die Autorin der Rezensentin so jedenfalls ebenso nahe wie eine auf- und absteigende Vaterfigur und die Urbegegnung mit der Literatur, die für Helfer prägend sein sollte - so nahe es eben geht, meint Trahms.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.02.2021

Da ist es wieder, das Wort "autofiktionales Erzählen", das Rezensentin Cornelia Geißler anwendet auf diesen Roman. Es geht um den Vater und gewidmet ist das Buch zudem, erfahren wir, der "Bagage" der Autorin - dies der Titel des höchst erfolgreichen Romans, der vor diesem erschien. So werden wir von der Kritikerin ein wenig hin und her getrieben zwischen Genres, Erinnerungen, Gelebtem und der Familie der Autorin, von der in der Erzählung nur der Vater im Gedächtnis bleibt, vielleicht weil er "biblioman" war und Aufstieg durch Bildung wollte. Das hat er offenbar dann nicht ganz geschafft, denn am Schluss spricht die heimatlich umwehte Kritikerin von einem "Gescheiterten", der hier mit Freundlichkeit betrachtet werde.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 09.02.2021

Rezensentin Christel Wester findet in Monika Helfers Vaterbuch nicht die gängige Auseinandersetzung mit einer autoritären Täterfigur, sondern die tastende, zärtliche Annäherung an einen gebrochenen, kriegstraumatisierten Menschen. Wie Helfer die Rekonstruktion der Lebensgeschichte ihres Vaters mit eigenen Kindheitserinnerungen und einer Ansicht der Vorarlberger Nachkriegsgesellschaft verbindet, findet Wester kunstvoll insofern, als Helfer die Sprachlosigkeit des Elternhauses überwindet und aus Erinnerungen, Anekdoten und Gedanken aus verschiedenen Zeiten ein verdichtetes tragisches Familienporträt zeichnet, das genug Leerstellen und Humor aufweist, um die Leserin einerseits zu rühren und sie andererseits an der Absurdität des Lebens teilhaben zu lassen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.01.2021

Rezensentin Rose-Maria Gropp scheint ganz verzaubert von Monika Helfers Fortführung ihrer Vorarlberger Familiengeschichte, diesmal mit dem kriegsversehrten Vater im Zentrum. Über Herkunft, Wunden, Bücher und darüber, wie das Vergangene ins Jetzt hineinreicht, erzählt Helfer laut Rezensentin behutsam, eindringlich wahrhaftig und mit einer für Gropp biblisch anmutenden Folgerichtigkeit. Kein Vorwurf liegt in dieser Erinnerung, meint sie, am Ende sogar eher etwas Versöhnliches.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 26.01.2021

172 Seiten "Zartheit und Liebe" hält Rezensentin Cathrin Kahlweit mit dem neuen Roman von Monika Helfer in den Händen, den die Kritikerin fast noch besser findet als den Roman "Bagage" aus dem vergangenen Jahr. Nach der Geschichte ihrer Mutter und Großeltern erzählt Helfer nun vom Schicksal ihres Vaters, der mit nur einem Bein aus Russland zurückkehrend, den Traum eines naturwissenschaftlichen Studiums begraben musste und stattdessen Verwalter in einem Kriegsopferversehrtenheim wurde. Er flüchtet sich in seine Liebe zu Büchern, das Heim wird für die Familie zum Zufluchtsort in der Nachkriegszeit bis der Vater an einer Fehleinschätzung und mit ihm die ganze Familie zerbricht, resümiert die Kritikerin. Einmal mehr bewundert Kahlweit Helfers Kunst, Erinnerungsstücke zusammensetzen, dabei Exkurse der jüngeren Vergangenheit einzubinden und dabei so leicht und "hingetupft" zu erzählen, dass selbst Trauer ihre Schwere verliert.
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