Salman Rushdie

Überschreiten Sie diese Grenze!

Schriften 1992 - 2002
Cover: Überschreiten Sie diese Grenze!
Rowohlt Verlag, Reinbek 2004
ISBN 9783498057732
Gebunden, 576 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Gisela Stege, Barbara Heller und Rudolf Hermstein. Rushdies Schriften aus einem bewegten Jahrzehnt. Zu literarischen Essays fügen sich Texte über politische und gesellschaftliche Themen, namentlich zur Globalisierung und zum jüngsten Kräftemessen zwischen islamischer und westlicher Welt. Das Herzstück bildet "Werte der Menschheit", eine Auseinandersetzung mit dem 11. September und seinen Folgen, das politische Credo von Rushdies Schaffen. Sein Einsatz für die Freiheit, für die Freiheit der Meinungsäußerung und der Kunst, ist zugleich ein leidenschaftliches Plädoyer für das Miteinander der Menschen und Kulturen

Im Perlentaucher: Rezension Perlentaucher

Salman Rushdie ist ein phantastischer Erzähler und einer der besten lebenden Essayisten. "Step across this line" sammelt seine Aufsätze der vergangenen zehn Jahre. Der Titelessay ist ein Vortrag, den er im vergangenen Februar in Yale gehalten hat. Rushdie, der einige Erfahrungen hat, was Grenzüberschreitungen angeht, beginnt, begeisterter Mythenerzähler, der er ist, mit dem Augenblick, da ein Lebewesen den Ozean verließ, diese Grenze überschritt und entdeckte, dass es auf dem Land atmen konnte. Vor diesem Lebewesen muss es andere gegeben haben, die wieder zurücksprangen in ihr Element und viele, viele andere, die erstickten inmitten der Luft. Sie wussten nicht, wie ihr der Sauerstoff zu entnehmen war. Es gab vielleicht Millionen dieser in keiner Chronik aufgezeichneten Tode. Dann endlich versuchte es wieder einer, und der schaffte es. Warum tat er es? Warum schreckten ihn nicht die Spuren der Gescheiterten? Salman Rushdie stellt diese Fragen, und natürlich mokiert er sich über sie... (Die Besprechung bezieht sich auf die amerikanische Ausgabe)
Lesen Sie mehr in Arno Widmanns 'Vom Nachttisch geräumt'

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.02.2005

Salman Rushdie ist auf dem Weg zur "Ecoisierung", diagnostiziert Friedhelm Rathjen, schränkt aber sogleich ein, dass er anders als sein italienischer Kollege Umberto Eco zwar mittlerweile genauso virtuos über beinahe alles unter dem Himmel unterhaltsam schreiben könne, doch dabei nie die Ernsthaftigkeit seines Anliegens verrate. "Vor allem aber", schreibt Rathjen, "ist Rushdie nie unverbindlich, sondern bezieht dezidiert Stellung und engagiert sich pro und kontra - was mitunter nervig ist, aber allemal ein Gewinn". Beispiel Religion, Macht und Moral: Religiöse Eiferei, so Rushdie, hat mit Macht zu tun, nicht mit Moral. Und umgekehrt müsse man Moral mit Macht durchsetzen. Und: den "Unglauben" und damit "Verstand statt Dogma wählen". Rushdie äußert sich also klar und politisch, dennoch ist der Rezensent ein wenig enttäuscht, dass er sich viel weniger als früher für Literatur zu interessieren scheint, und dass die allermeisten der neunzig Texte Gelegenheitsarbeiten und damit zu sehr an einen Zweck gebunden sind, um weiter reichend zu wirken. Fazit: eine Sammlung für Fans.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.12.2004

Fünfzehn Jahre ist es her, dass über Salmon Rushdie die "Fatwa" ausgesprochen wurde, die den Schriftsteller paradoxerweise, wie Karl-Markus Gauß erklärt, zu einer öffentlichen Figur machte, obwohl er untertauchen musste. Rushdie hat sich seither, obwohl er nichts lieber getan hätte als bloß Romane zu schreiben, wie der Kritiker nun weiß, auch politisch immer wieder zu Wort gemeldet, mit Kommentaren und Kolumnen - nachzulesen in der nun vorliegenden Sammlung mit Rushdie-Texten aus den Jahren 1992 - 2002. Die überzeugendsten Texte seien allerdings Fragen des Schreibens und der Kunst gewidmet, findet Gauß, den es nicht wundert, dass Rushdie, der ja am eigenen Leib erfahren musste, dass Literatur eine gesellschaftliche Bedeutung und politische Funktion besitzen kann, zu einer Verteidigungsrede des Romans anhebt. Rushdie ergreife damit Position gegen Autoren wie George Steiner oder V.S. Naipaul, für die die Zukunft des Erzählens in der Reportage läge. Für Rushdie dagegen sei der Roman "genuin antitotalitär" und antidogmatisch. In anderen Texten befasst sich Rushdie mit Elementen der Pop- und Trivialkultur, polemisiert heftig gegen Peter Handke oder kratzt an den Gründungsmythen Indiens, berichtet Gauß, der Rushdie insgesamt als eminent politischen Kopf aus seinen Texten auftauchen sieht.
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