Sebastian Lotto-Kusche

Der Völkermord an den Sinti und Roma und die Bundesrepublik

Der lange Weg zur Anerkennung 1949-1990
Cover: Der Völkermord an den Sinti und Roma und die Bundesrepublik
De Gruyter Oldenbourg Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783110774023
Kartoniert, 264 Seiten, 24,95 EUR

Klappentext

Die Studie untersucht die diskursiven Kämpfe um die Anerkennung des NS-Völkermords an Sinti und Roma in der Bundesrepublik bis 1990. Dabei wird unter Anerkennung zweierlei verstanden: die Akzeptanz der Verbände der Sinti und Roma als legitime Gesprächspartner der Bundesregierung sowie die Bewertung der "NS-Zigeunerverfolgung" als "rassisch" motiviertes Verbrechen in Politik und Wissenschaft. Auf der Grundlage umfassenden Quellenmaterials von Bundesbehörden und politischen wie zivilgesellschaftlichen Akteuren entsteht eine Diskursgeschichte dieses langwierigen Anerkennungsprozesses. Sie zeigt, dass bis tief in die 1960er Jahre hinein ein durch und durch rassistisches Bild der nationalsozialistischen Politik gegen Sinti und Roma vorherrschte. Dieser Denkstil, der von traditionellen Vorurteilen über "Zigeunerkriminalität" geprägt war, geriet in den 1970er Jahren mit der Rezeption von internationalen Forschungsarbeiten immer stärker unter Druck. Doch erst in den 1980er Jahren begann mit der Anerkennung der Sinti und Roma als Gesprächspartner durch Bundeskanzler Helmut Schmidt auch die Erforschung des NS-Massenverbrechens.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 23.01.2023

Ein wichtiges Buch, damit die breite Öffentlichkeit verstehen lernt, wieso das lange Schweigen über die Ermordung von Sinti und Roma in Nazi-Deutschland System hatte, lobt Rezensent Tim B. Müller (online) das Buch seines Historiker-Kollegen Sebastian Lotto-Kusche. Zwar sei das Thema in der Geschichtswissenschaft nicht neu, aber Lotto-Kusche habe aufgedröselt, warum erst die Bundesregierung (unter Helmut Schmidt) Sinti und Roma 1982 die "rassische" Verfolgung zugestand. Man könne nachlesen, so Müller, dass die jahrzehntelange, beharrliche Verleugnung auf der bundesdeutschen Weiterverwendung nationalsozialistischen Behördenmaterials fußte. "Neuland" betrete Lotto-Kusche, lobt Müller, weil er aufzeige, dass dies bereits Ende der 1950er Jahre westdeutsche Politiker und Beamte verurteilt hatten - aber ungehört blieben. Für Müller schlägt Lotto-Kusche zwei Fliegen mit einer Klappe: Er beschreibe die Geschichte zweier Minderheiten.
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