Stephan Reinhardt

Georg Herwegh

Seine Zeit - unsere Geschichte. Eine Biografie
Cover: Georg Herwegh
Wallstein Verlag, Göttingen 2020
ISBN 9783835338074
Gebunden, 636 Seiten, 39,90 EUR

Klappentext

Mit 27 Abbildungen. "Von den Mächtigen verfolgt, Von den Knechten gehaßt, Von den Meisten verkannt, Von den Seinen geliebt." Die "Gedichte eines Lebendigen" machten den Stuttgarter Lyriker Georg Herwegh (1817-1875) über Nacht zum populärsten Freiheitssänger, dessen Lieder die Märzrevolution von 1848 vorbereiteten. Im April 1848 scheiterte er mit revolutionären Freischärlern in Baden. Fortan als Salonkommunist und Nutznießer seiner Frau Emma gesellschaftlich verachtet, geriet er in depressive Phasen, die er durch natur- und sprachwissenschaftliche Studien überwand. Stephan Reinhardts Biografie korrigiert quellenbasiert das Bild, das von Georg Herwegh überliefert ist. Zeit seines Lebens stand der Dichter an der Seite der Freiheitsliebenden. Nicht nur verfolgte er die sozialistischen Theorien von Weitling bis Marx, im Züricher Exil freundete er sich mit Richard Wagner an und blieb ein genauer Beobachter der politischen Verhältnisse. Herwegh klagte das allgemeine "Kriegsidiotentum" an. Der Preis, den er dafür zahlte, war Ausgrenzung. Reinhardts Panorama stellt einen Sozialisten, Pazifisten und Europäer vor, der heute wieder aktuell ist: in seinen Texten gegen völkisch-nationalistisches Denken sowie gegen den damals wie heute ins Absurde gesteigerten sozialen Unterschied zwischen Arm und Reich, Kapital und Arbeit.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 17.12.2020

So wenig wirkmächtig der Lyriker Herwegh auch war, so findet Rezensent Wilhelm von Sternburg doch vieles in dieser Biografie, das ihn beeindruckt hat. Er lobt die "faktenreiche" Lebensgeschichte, die Stephan Reinhardt geschrieben hat, sieht ihr kleine Fehler gerne nach und stellt fest, wie bedeutend die publizistische Arbeit Herweghs im Vormärz war. Dass der mit Wagner befreundete, langjährig im Exil lebende Publizist dessen Antisemitismus geißelte ("Die Rassenfrage gehört in die Gestüte, nicht in die Geschichte."), hat dem Kritiker natürlich auch gut gefallen. Mit Lob bedenkt er zudem Mut - und Langmut - von Herweghs Ehefrau Emma, geborene Siegmund, und rundet seine Besprechung mit der Bemerkung ab, diese Biografie stelle "auf bewegende Weise" einen Demokraten dar, der früh die falsche Richtung geißelte, in die sich Deutschland im 19. Jahrhundert bewegte.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 03.12.2020

Eine unglaubliche reichhaltige Biografie, in der notwendigerweise noch eine Unzahl zusätzliche Lebensbeschreibungen Platz genommen haben, so stark eingebunden in seine Zeit und verbunden mit seinen Zeitgenossen war Georg Herwegh, hat Rezensent Harald Eggebrecht in diesem Buch gefunden. Er hat es staunend gelesen, er sieht, wie die Biografie "ihrem Gegenstand unverhohlen zugetan" ist - und doch bleibt ihm dieser politische Dichter fern, wie er bekennt. Nicht immer scheint das am Dichter zu liegen oder an seinem Biografen - auch wenn Eggebrecht letzteren manchmal "schriftstellerisch bemüht" findet und sich ein gründlicheres Lektorat gewünscht hätte. Vielmehr liegt es wohl an der Zeitverhaftetheit dieses Schriftstellers und vor allem seines Schreibens, urteilt der Kritiker. Zum besseren Verständnis empfiehlt er die kritische und kommentierte Gesamtausgabe der Werke von Georg Herweghe, die der Aistesis Verlag in "jahrzehntelanger editorischer Grundlagenarbeit" auf die Beine gestellt hat.
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