Uffa Jensen

Zornpolitik

Cover: Zornpolitik
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518127209
Taschenbuch, 208 Seiten, 16,00 EUR

Klappentext

Gäbe es ein Messgerät für die Intensität kollektiver Gefühle, es würde derzeit Spitzenwerte anzeigen: In den politischen Debatten sind vielerorts Wut, Hass und Angst an die Stelle rationaler Argumente und gegenseitiger Rücksichtnahme getreten. Uffa Jensen verfolgt die Ursprünge der Zornpolitik bis ins 19. Jahrhundert zurück und erläutert, wie solche Gefühle der Ablehnung funktionieren. Dabei wird deutlich, dass Emotionen gerade in Auseinandersetzungen über gesellschaftliche Andere wie Flüchtlinge, Muslime oder Juden hochkochen und bewusst instrumentalisiert werden. Aus den historischen Zusammenhängen zwischen Vorurteilen und Gefühlen leitet Jensen Strategien ab, mit denen wir der aktuellen Welle des politischen Furors begegnen können.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.09.2017

Rezensent Claus Leggewie lernt vom Antisemitismus-Forscher Uffa Jensen, dass auch wer sich dem Volkszorn gegenüber rational überlegen fühlt, in einer "Gefühlsblase aus Häme, Angst und Ressentiment" stecken könne. Denn Gefühl und Verstand schließen sich nicht aus. Jensen hat sich in seiner Forschung auf die Geschichte der Gefühle spezialisiert, informiert Leggewie, und er erklärt den Aufstieg des Populismus damit, dass in der heutigen Politik den Gefühlen nicht genug Stellenwert beigemessen werde. Daher fordert Jensen eine "Praxis der Gefühle", die helfen solle die "Zornpolitik" zu entkräften, die Pegida-Demonstranten oder Björn Höcke generieren. Dies erklärt Jensen mit der Entwicklung des Antisemitismus seit der Weimarer Republik. Leggewie kann diesen Bogen nicht ganz nachvollziehen, außerdem ist der Kritiker anders als Jensen, der Ansicht, dass es gegen rechte Bewegungen kein Patentrezept gebe, da diese sowohl "beinharte Faschisten" als auch "Zeitgenossen, die aus ganz disparaten Gründen erzürnt sind" einschließe.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.09.2017

Für Hannah Bethke verfehlt das Bemühen des Historikers Uffa Jensen ums Verstehen der Gefühle anderer, vor allem rechter Wähler, sein Ziel. Schon Jensens Vergleich zwischen dem Antisemitismus des 19. Jahrhunderts und gegenwärtiger Ausländerfeindlichkeit hinkt, findet sie. Und wenn der Autor die Emotionen von Pegida-Sympathisanten analysiert, indem er von ihrer Körperhaltung und Mimik auf emotionale Strukturen schließt, ahnt Bethke die Zweifelhaftigkeit solchen Vorgehens. Vor allem aber scheint ihr der Autor am Kern des Problems vorbeizuzielen. Nicht an politischen Emotionen mangelt es uns, meint Bethke, sondern an der Fähigkeit, vernünftig mit ihnen umzugehen.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.09.2017

Komplexe moderne Gesellschaftssysteme sind der optimale Unterbau für Ressentiments - jene Bitterkeit, die sich nicht artikulieren lässt und die die verschiedensten Zorntriebe hervorbringen kann, weiß Rezensent Dirk Pilz nach der Lektüre von Uffa Jensens Essay über die "Zornpolitik" der Rechtsextremen. Es ist ein Kampf zwischen Ratio und Emotionen, der aktuell auf dem politischen Feld ausgetragen wird, doch sich auf diesen Kampf einzulassen, sei laut Jensen der falsche Ansatz. Man dürfe in diesem "dualistischen Spiel" nicht mitmachen, Gefühle nicht länger als Gegenteil von Ratio begreifen und propagieren lassen, sondern sie in die Diskurse integrieren, erklärt der Rezensent, der Jensens Thesen absolut nachvollziehen und sein Buch empfehlen kann.