Ulla Lenze

Die endlose Stadt

Roman
Cover: Die endlose Stadt
Frankfurter Verlagsanstalt, 2015
ISBN 9783627002107
Gebunden, 320 Seiten, 19,90 EUR

Klappentext

Holle ist Künstlerin, sie fotografiert Städte, deren verborgene Energie sie auf leeren Plätzen einfängt. Ein Stipendium führt sie nach Istanbul, einer schmerzhaft schönen Stadt, wo sie eine Affäre mit dem Türken Celal beginnt. Doch existenziell wird für Holle die Begegnung mit Christoph Wanka. Der reiche Geschäftsmann repräsentiert alles, was Holle ablehnt, und doch kann sie sich nicht von ihm lösen, schwankt ständig zwischen Anziehung und Abstoßung. Als Holle schließlich einwilligt, dass Wanka ihr eine Reise nach Mumbai finanziert, beginnt ein Kräftemessen, das sie zwingt, ihren eigenen Lebensentwurf zu hinterfragen.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 14.07.2015

Dass Ulla Lenzes vierter Roman kein Ganzes wird, kann Martina Läubli verkraften. Raffiniert genug scheint ihr die Konstruktion aus Beziehungsgeschichte und kunsttheoretischer Reflexion, und die Stadtbeschreibungen von Mumbai und Istanbul findet sie atemlos, lebendig. Die Überladung des Textes macht sich für Läubli am stärksten dann bemerkbar, wenn die einzelnen Teile allzu starke Brüche aufweisen und ihr Niveau arg differiert. Ansonsten aber stellen die vielfachen Spiegelungen im Text zwischen Orten und Figuren für die Rezensentin eine durchaus reizvolle Herausforderung dar.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 11.07.2015

Britta Heidemann trifft auf eine Menge Überraschungen im neuen Roman von Ulla Lenze. Voller Spiegelungen erscheint ihr die Geschichte um zwei Kunststipendiatinnen in Istanbul und Mumbai und das Verhältnis von Kunst und Geld. Überzeugt von Lenzes undidaktischen Dialogen um Kunst- und Sinnfragen, wird die Rezensentin in den Text hineingezogen durch die feinen Beobachtungen der Autorin zu sozialer Ungerechtigkeit und Neokolonialismus. Lenzes spöttische Stimme bleibt ihr noch lange im Ohr.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.04.2015

Martin Halter kennt Ulla Lenze als kluge Beobachterin und feinfühlige Erkunderin interkultureller Konflikte zwischen Bombay und Damaskus. Wenn die Autorin nun einen Roman über eine Kunststipendiatin im interkulturellen und intersexuellen Konflikt mit einem türkischen Döner-Macho und einem indischen Immobilienmogul vorlegt, freut sich Halter auf jede Menge Aporien. Starke Prosa findet er vor, aber nur solange die Autorin sich auf ihre Beobachtungsgabe stützt und Straßenszenen und Stimmungen in Bombay und Istanbul beschreibt. Sobald Lenze ihre Figuren allerdings zur Reflexion antreibt über die Schuld des Künstlers in der globalisierten Welt, fühlt sich Halter mit "Stipendiatenprosa" konfrontiert. Und plötzlich fällt ihm auch die sprunghafte, schematische Erzählweise in diesem Buch unangenehm auf.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.03.2015

Dass Ulla Lenzes "schwebender Ton einer sinnlos schönen Poesie" den Roman für Sabine Vogel genießbar macht, verrät die Rezensentin erst im allerletzten Satz. Bis dahin überwiegen in ihrer Rezension die kritischen Töne: Sie stört sich an der - optischen wie biografischen - Nähe der Autorin zu ihrer Protagonistin, stöhnt über eine offenbar reichlich klischeebeladene Episode um die auf "animalischem Eros" basierende Affäre einer schönen Deutschen mit einem tumben türkischen Dönerverkäufer und konstatiert eine Tendenz zur "Stipendiatenprosa". Doch der schwebende Ton versöhnt sie am Ende mit dem Buch.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.03.2015

Spannend findet es Rezensentin Eva Behrendt, wie Ulla Lenze die Tatsache, dass sie diesen Roman großzügigen Aufenthaltsstipendien in der Türkei und in Indien verdankt, unterwandert und zum Thema macht: Da geht es also um das Verhältnis einer Künstlerin, die in der Türkei einem wohlhabenden Sponsor und einem Liebhaber aus eher einfachen Verhältnissen begegnet. Lenze verquickt dabei eine Liebesgeschichte, die oberflächlich besehen auch eine Allegorie auf das Anziehungskräfte zwischen Kunst und Geld darstellen könnte, mit einem Essay über Kunst und Ethik, der darum kreist, unter welchen Bedingungen Kunst entsteht, erklärt die Kritikerin, die dem Buch eine beträchtliche Sogwirkung bescheinigt. Dies liegt nicht nur an der literarischen Finesse, sondern auch an Lenzes genauem Blick auf Mumbai und Istanbul, so Behrendt. Alles in allem ergibt sich auf diese Weise für die Rezensentin höchst lesenswerter kritischer Kommentar zur deutschen Kulturpolitik im Ausland, der sich das Buch selbst - zum Glück, ergänzt die Rezensentin - verdankt.
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