Ulrich Woelk

Liebespaare

Roman
Cover: Liebespaare
Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2001
ISBN 9783455079104
Gebunden, 447 Seiten, 22,96 EUR

Klappentext

Nora und Fred, Christa und Robert ? diese Paare gehören einer Generation an, die alles erreicht hat und deren Sehnsucht dennoch ungestillt ist. Berlin, 1998-1999. Nora und Fred, beide Ende dreißig, sind seit einigen Jahren verheiratet. Ihre Ehe befindet sich an einem Punkt, wo dezente Langeweile die Leidenschaft ersetzt hat. Ein abgeklärter Liebesalltag ist eingetreten, der nach Abwechslung und frischer Erotik verlangt. Ähnlich ergeht es ihren neuen Freunden, dem Ehepaar Christa und Robert. Zwangsläufig tritt ein, was naturgesetzlich eintreten muss: Verbindungen neigen unter Einfluss hinzugetretener Elemente dazu, sich zu lösen und sich von eben diesen neuen Elementen anziehen zu lassen. Robert beginnt ein Verhältnis mit Nora, und Fred lässt sich mit Christa ein ...

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.05.2001

Martin Krumbholz diagnostiziert hier vor allem einen "strukturellen Widerspruch", denn Woelk arbeite einerseits immer noch mit den "formalen Mitteln" Tolstois, andererseits geben, so der Rezensent, die Figuren von heute mit ihrer Schicksalslosigkeit dafür einfach nicht genug her. Letztlich beschreibt Woelk hier, wie der Leser erfährt, über zwei mäßig ausgelastete Paare, deren größtes Problem es ist, möglicherweise etwas zu verpassen ("irgendein Genuss, irgendein Hype, irgendein auszubesserndes Toskana-Häuschen"). Schwerpunkt ist dabei nach Krumbholz der Widerspruch zwischen Zufällen und dem "Determinismus unserer Existenz", also den Genen, was für den Rezensenten eine Reaktion ist auf die "Sozialmilieutheorien von 1968". Ob Krumbholz sich dafür begeistern kann, wird in seiner Rezension allerdings nicht wirklich klar. Allerdings hält er den Roman insgesamt für "in vielen Facetten durchaus gelungen".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.03.2001

Völlig überflüssig findet Maike Albath diesen "Generationsroman" der 30- bis 40-Jährigen, der, wohl kritisch gemeint, drei Paare des gehobenen Mittelstandes und mit Westberliner Vergangenheit bei ihren Seitensprüngen zwischen Potsdam und Toskana und in ihren Arbeitsverhältnissen neckisch über die Schulter schaut und dabei auch kein Detail übersieht, so dass Albath schon das Gefühl hat, einem Dekorateur bei der Ausstattung von Schaufensterpuppen mit Charaktereigenschaften zuzuschauen. Allesamt typisiert: da gibt es den Pragmatiker, den Intellektuellen, die Übermutter und den narzisstischen Künstler wie bei einer Soap, stöhnt Albath, bloß dass mit dem Genre nicht ironisch gebrochen würde. Woelks Sprache sei arabeskenhaft und "aufgeladen bis zum Anschlag": der Übersättigungseffekt hat die Rezensentin schnell eingeholt.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 17.03.2001

Dirk Knipphals scheint ziemlich angetan von diesem neuen Roman von Ulrich Woelk. Der Rezensent nennt Woelk den "Chronisten seiner Generation" - derer die jetzt knapp 40 sind. Deshalb warnt er auch vor den "Wiedererkennungs- und Spiegelungeffekten", die bei der Lektüre über den Leser kommen können. Für ihn funktioniert der Roman auf verschiedenen Ebenen, auf der Oberfläche genauso wie auf tieferliegenden Schichten, als Schmökerlektüre ebenso wie als "Milieustudie", die man irgendwann als "Geschichtsbuch" wird verwenden können: "was man in der kreativ tätigen Mittelschicht in den letzten Jahren des vergangenen Jahrhundert aß, trug, redete, hier steht es schwarz auf weiß". Die besondere Leistung des Autoren liegt für Knipphals aber in dessen Ausformulierung eines zeitgemäßen Liebesbegriff und an der Beschreibung einer Liebe, die immer wieder an sich selbst scheitert, obwohl sie nicht von außen bedroht wird und auch selbst nicht bedrohlich ist.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 15.02.2001

Obwohl Ulrich Greiner viel Gutes in diesem Roman entdeckt, überwiegt doch die Kritik. Denn der Rezensent hat ganz bestimmte Vorstellungen, wie ein Autor über die Liebe sprechen soll: Entweder müsse er von der Liebe "entzündet sein oder aber abgestoßen". Diesen Anspruch erfüllt Woelk offenbar nicht. Zudem erweist es sich nach Greiner als Problem, dass Woelk seinen Roman in postmodernen Zeiten ansiedelt, in denen - was Liebesdinge betrifft - alles erlaubt sei. Zwar weiß es Greiner zu schätzen, dass der Autor sich mit "großer Ausdauer, mit Kenntnis und Geschmack" dem Thema Liebe nähert. Und auch dass seine Protagonisten selbst spüren, dass Liebe wohl mehr ist, als "postmoderne Gleichgültigkeit", gefällt dem Rezensenten, zumal der Autor durchaus auch versuche, in tiefe Regionen vorzudringen. Doch Greiner vermisst in diesem Roman eine "starke, einfältige Figur", die einen Gegenpart zu den vielen (in Liebesdingen) orientierungslosen und deprimierten, phlegmatischen Personen bildet. Die Sprache Woelks findet Greiner zudem oft zu "überdeterminiert, zu kostbar, auch redundant", womit sich Woelk selbst ein Bein stelle: "Weniger (...) wäre hier mehr gewesen", lautet Greiners Fazit.
Stichwörter