Willi Jasper

Der gläserne Sarg

Erinnerungen an 1968 und die deutsche "Kulturrevolution"
Cover: Der gläserne Sarg
Matthes und Seitz Berlin, Berlin 2018
ISBN 9783957575302
Gebunden, 256 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Das, was wir mit der Chiffre "1968" bezeichnen, war eine grundlegende Kulturrevolution, die spätestens am 2. Juni 1967 mit der Erschießung Benno Ohnesorgs begann und erst in den späten Siebzigerjahren mit der Auflösung der K-Gruppen und der Gründung der Grünen endete. Willi Jasper, als Funktionär der maoistischen KPD/AO zehn Jahre Protagonist der Bewegung, blickt in seinem sehr persönlichen Bericht auf eine Zeit des Aufbruchs zurück, in der sich die Lektüre von Paul Celan und Theodor W. Adorno mit Proletkult und Arbeiterromantik verbanden und Happenings und Militanz in die Agitation in der Fabrik und die Teilnahme an Bundestagswahlen mit Ergebnissen im Promillebereich übergingen. Während eine Chinareise 1977 zur großen Desillusionierung führte, lösten sich die großen Hoffnungen der damaligen Zeit - entgegen aller Selbstzufriedenheit der Veteranen von 68 - bis heute nicht ein. So stellen sich aus der Gegenwart nicht nur Fragen an die Vergangenheit, sondern es richten sich auch Fragen aus der Vergangenheit an die Zukunft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.06.2018

Wichtige Lektüre, meint Jörg Sundermeier zu Willi Jaspers Erinnerungsbuch. Dass der Autor, einst überzeugter Maoist und Mitgründer der KPD/AO, hier ganz uneitel, das heißt ohne Überlegenheitsgestus, von den Irrtümern seiner Jugend spricht, findet Sundermeier respektabel. Wie die Anziehungskraft der Mao-Bibel und das Ausblenden der Opfer der chinesischen Kulturrevolution Hand in Hand gingen, kann Jasper dem Rezensenten gut vermitteln. Schade findet Sundermeier, dass der Autor mit Quellenangaben etwas knauserig verfährt und dem Leser so weitere Lektüreabenteuer verbaut. Die sozialistischen Utopien sind für Sundermeier nach dieser Lektüre noch nicht völlig verblasst.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 28.04.2018

Rezensent Alan Posener kennt den in Potsdam lehrenden Germanisten Willi Jasper noch aus gemeinsamen KPD-Zeiten in der Zelle Opel-Bochum. Entsprechend erfreut ist der Kritiker, dass Jasper nun seine "Erinnerungen an 1968 und die deutsche Kulturrevolution" vorlegt - und zwar ganz ohne die Verklärungstendenz anderer Autoren, wie der Kritiker hinzufügt. Vielmehr führt ihm der Autor hier vor Augen, wie viel Mao in der APO und wie viel APO in den Maoisten steckte, nennt von Hans Magnus Enzensberger bis Peter Stein einstige Verehrer Maos und geht der eigenen "Verführbarkeit" selbstkritisch auf den Grund. Dass Jasper auch reale Dinge jener Zeit, etwa Ex-Nazis an Unis, Panzer in Prag oder den Einfluss der SED auf die zerfallende APO in den Blick nimmt, findet Posener bermerkenswert.