Bücher der Saison

Krimis

Eine Auswahl der interessantesten, umstrittensten und meist besprochenen Bücher der Saison.
12.04.2021. Eine Auftragsmörderin, die als Kindermädchen arbeitet. Drei kriminelle Frauen, die sich mit einer Polizistin in LA zusammentun. Ein Londoner Porno-Ring und ein Dresdner Kommissar a.D.
FAZ-Rezensent Kai Spanke offenbart sein Guilty Pleasure: satte Krimi-Action mit markigen Helden, rasantem Storytelling und jeder Menge Gewalt - das kann niemand besser als Robert Swartwood, findet er. Auch "Holly Lin - ohne Ausweg" (bestellen) sei makellose "Popcorn-Unterhaltung zwischen zwei Buchdeckeln" geht, so der genüsslich schaudernde Rezensent über diesen Thriller, dessen Heldin eine Auftragskillerin ist, die im Nebenberuf als Kindermädchen arbeitet. Doug Johnsons "Der Bruch" (bestellen) liest sich dagegen eher wie ein Roman des Poetischen Realismus, meint im Dlf Kultur Thomas Wörtche, der damit überhaupt nicht unzufrieden ist, denn Johnstones Roman über einen 17-Jährigen mit drogenabhängiger Mutter, der in einem der schlimmsten Viertel Edinburghs lebt und von seinem gewalttätigen Halbbruder zur Kriminalität genötigt wird, stemmt sich am Ende gegen einen düsteren Determinismus, freut sich der Kritiker. Auch Sylvia Staude (FR) gönnt dem Jungen am Ende von ganzem Herzen ein kleines Happy End.

Candice Fox' Thriller "Dark" (bestellen) hat gleich vier Heldinnen: Eine verurteilte Mörderin, eine talentierte Diebin, eine skrupellose Gangsterin und eine desillusionierte Ermittlerin. Gemeinsam suchen sie in LA nach einem vermissten Mädchen. Ein echter "Pageturner", versichert in der taz Katharina Granzin, die auf eine Serienverfilmung hofft. Spannend findet den Roman auch Sylvia Staude (FR), der auch gut gefällt, dass die australische Autorin ganz nebenbei auch Gesellschaftskritik an einer Polizei übt, die im gewalttätigen L.A. zu oft wegschaut. Der Noir "Schwere Körperverletzung" (bestellen) von Ted Lewis erschien im Original schon 1980. Wie Lewis über einen einen Londoner Porno-Ring erzählt, findet FAZ-Kritiker Hannes Hintermeier aber immer noch lesenswert, weil der britische Autor mit bloßen Andeutung von Gewalt und Perversion die Leserfantasie anregt. , im geschickten Arrangement der Erzählstränge und darin, identifikatorisch wenig brauchbaren Figuren dennoch so etwas wie tragische Tiefe zu verleihen. Lewis ist einfach ein "glänzender Geschichtenerzähler", schrieb der Spiegel schon 1991 über den 1982 an den Folgen seiner Trunksucht verstorbenen Autor.

Empfohlen werden außerdem Matthias Wittekindts "Vor Gericht" (bestellen), der den Dresdner Kriminaldirektor a. D. Manz noch einmal aktiv werden lässt, um einen Mord aus dem Jahr 1990 aufzuklären. In der FR bewundert Sylvia Staude den alten Haudegen, der trotz zunehmender Gedächtnislücken auch vor Richter und Staatsanwalt darauf besteht, selbst zu denken. Orkun Erteners "Was bisher geschah (und was niemals geschehen darf)" (bestellen) mit den Mitteln des Thrillers eine sehr gegenwärtige Coming-of-Age-Geschichte dreier Abiturienten, die einem möglichen Anschlag auf der Spur sind. Hingewiesen sei schließlich noch einmal auf Merle Krögers Thriller "Die Experten" (bestellen), der die Leser von Nazi-Deutschland bis nach Kairo führt, wo "German experts" in den Sechzigern an Ägyptens Aufrüstung gegen Israel basteln, und auf "Die letzte Analyse" (bestellen) von Amanda Cross, ein unterhaltsamer Whodunit im Stil von Dorothy Sayers. Beide Bücher hat Thekla Dannenberg in ihrer letzten Krimikolumne für Mord und Ratschlag bereits empfohlen.