Literarischer Rettungsschirm für Europa

Ewigkeitsstrand

Von Matthew Sweeney
15.09.2012. Heute ist beim Internationalen Literaturfestival in Berlin noch "Europe now" angesagt: Europäische Autoren spannen einen literarischen Rettungsschirm auf. Wir bringen in Kooperation mit dem Festival 19 Texte von 19 Autoren, jeden Tag einen. Heute sieht der irische Dichter Matthew Sweeney einen Schnappschuss vom bekannten Ende des Universums.
Ewigkeitsstrand

Ich stehe am Ballyliffin-Strand,
dem bekannten Ende des Universums,
bewundere das seltsame Licht,
gefiltert durch eine rosa Wolkenbank,
die sicher in der Hölle
entstand, am andern Ende der Ewigkeit.

Ich verstehe, was es heißt, Ewigkeit,
wenn ich runterkomme, an diesen Strand,
um über ein Meer zu blicken, das die Hölle
nicht unterbringt in ihrem Universum -
das sich gegen eine Sandbank
schleudert, damit es entsteht, das kuriose Licht.

Maler reisen an wegen des Lichts.
Sie kommen seit einer Ewigkeit -
und deponieren ihre Arbeit auf der Bank,
unzählige Porträts vom Strand,
manchmal porträtiert wie eine Hölle
aus allen Gelbtönen im Universum,

mit allen Blaus des Universums
da oben hingeschmiert, und jenes Licht
strömt aus für alle Ewigkeit,
sickert sogar hinunter in die Hölle.
Ah, wie viel Glück hat doch die Bank,
sie hat diese Meisterstücke von Strand,

diese Visionen eines perfekt gebogenen Strands,
er trage in sich das Universum
(ein Zitat des Managers dieser Bank) -
und reflektiert und filtert das Sonnenlicht,
suggeriert bisweilen eine Hitze, nach der die Hölle
trachtete, bis in alle Ewigkeit.

Nein, es gibt kein anderes Symbol für Ewigkeit
als diesen umwerfenden Bogen von Strand,
keinen anderen Schnappschuss der Hölle
irgendwo im bekannten Universum,
ungeachtet all seiner Quellen von Licht -
und dies ist wohlbekannt in der Bank.

Sie nennen ihn Ewigkeitsstrand.
Sie sagen, er zeige die Hölle im Universum.
Sie behaupten, sie seien die Bank des Lichts.



Der letzte Sommertag

Sie erhängten die Katze im Morgengrauen am letzten Sommertag.
Sie skandierten ein Totenlied, als sie aufhörte zu treten,
dann schleuderten alle zusammen ihre Flaschen in den See.
Miko hielt eine Hand hoch, zerfetzt von den Katzenklauen,
als wär sie eine Trophäe. Sie knipsten sie mit den Handys,
nur er durfte den Leichnam, den schwingenden, schlagen.
"Was jetzt?", schrie Heike. "Der Tag ist noch jung.
Morgen verstreuen wir uns in diesem großartig riesigen Land.
Dieser Tagesbeginn soll unsere Winterabende erheitern."
"Einverstanden", sagten die riesigen Zwillinge, "bringen wir einen um."
Eine Lachsalve schüttelte die baumelnde Katze,
als ein ältlicher Jogger in rotem Anzug in Sicht kam.



Die langsame Geschichte vom Nein

Sing uns eine Zigeunerweise,
lass das Akkordeon spielen
und der Tuica soll fließen,
wir stimmen, wenn du willst, mit ein,
das Lied erfinden wir dabei,
aber wir folgen dir, wenn du dann
mit einem karpatischen Heuler
die langsame Geschichte erzählst vom Nein -

kein Mercedes auf dem Gras,
kein schnauzbärtiger Mann,
der sich für das Säubern bedankt,
gleich bei der Sammelbox für Glas.
Nein, das geschah organisch dort,
wie eine Mäuseleiche rottet.
Keine großen Komplotte.
Die Räder rollten fort.

Türen und Fenster gingen,
die Ledersitze flogen
über den Tau am Morgen.
Keine Schaulustigen gafften.
Der Motor, der pochte
und riss sich nach oben,
wie ein Raumschiff flog er
in eine weitere Woche.

Lass den Wind blasen
durch das Chassis, das musste bleiben,
lass Kinder darauf steigen,
während alte Männer klagten,
und kein dürres graues Pferd
mampfte Gras, bis
sein Anhänger gefüllt ist -
mit natürlich nichts,

und kein Mercedes auf dem Gras,
die langsame Geschichte vom Nein.


Übersetzt aus dem Englischen von Dörte Eliass