Magazinrundschau - Archiv

Al Ahram Weekly

202 Presseschau-Absätze - Seite 4 von 21

Magazinrundschau vom 12.07.2011 - Al Ahram Weekly

Der populäre Prediger Amr Khaled - vom Independent einst als "Islam's Billy Graham" beschrieben - will im Interview mit Ingrid Wassmann nicht ausschließen, dass er eines Tages für die Präsidentschaft in Ägypten kandidiert. Immerhin hat der Mann, der Graswurzelpolitik betreibt und sich mehr Frauen in der Politik wünscht, sehr konkrete Vorstellungen davon, was getan werden muss: "Die Ägypter brauchen zweierlei: einen Aktionsplan und einen Führer. Wir haben keins von beidem, aber ohne sie wird sich, was immer wir tun, nichts ändern. Wir brauchen einen starken Führer und einen Wirtschaftsplan für die nächsten fünf, für die nächsten 20 Jahre. Wir haben keinen. Wir brauchen einen Traum. Können Sie sich vorstellen, dass Ägypten seit 30 Jahren keinen Traum hatte? Malaysien hat einen Traum. Die Türkei hat einen Traum. Iran hat einen Traum. Israel hat einen Traum. Wir haben keinen Traum." Amr Khaled hat einen: Das Ägypten "zu den zwanzig führenden Wirtschaftsnationen der Welt" gehört.

Und: Ziemlich enttäuscht war Muqtedar Khan von dem sich gemäßigt gebenden tunesischen Islamisten Al-Ghannoushi auf einer Konferenz in Tunis: "Er hat keinen Kommentar dazu abgegeben, wie er oder seine Partei sich eine künftige Verfassung vorstellen. Und er erklärte keinerlei Bereitschaft, auch die Rechte derjenigen zu verteidigen, die nicht [seine Organisation] Al-Nahda gewählt haben."
Stichwörter: Frauen in der Politik

Magazinrundschau vom 21.06.2011 - Al Ahram Weekly

Sichtlich animiert erzählt Nehad Selaiha von den Wiener Festwochen, wo sie über die ägyptische Revolution sprach (die Fragen des Publikums zielten vor allem auf die Gefahren des Islamismus, Selaiha empfahl die Lektüre von Amani Mageds Artikel "Salafism: The unknown quantity".) Vor ihrem Vortrag erzählt der iranische Theaterregisseur Hamid Pouzaari, wie er Brechts "Kaukasischen Kreidekreis" inszenierte. "Die Produktion, hinter dem Rücken der offiziellen Autoritäten ausgeführt und komplett von den 'Gesetzesbrechern' finanziert, war das Ergebnis eines langen Workshops, der mehrere Monate dauerte und auf dem Land stattfand, an der Grenze zu Afghanistan, mit 80 iranischen und Flüchtlingsteenagern."
Stichwörter: Islamismus, Wiener Festwochen

Magazinrundschau vom 03.05.2011 - Al Ahram Weekly

Die Muslimbrüder entpuppen sich inzwischen in Ägypten als Wölfe im Schafspelz, meint Nehad Selaiha, die das allerdings nicht sehr überrascht. Sie trägt die markantesten Äußerungen der letzten Wochen zusammen: "Am Donnerstag, den 14. April, hielten die Muslimbrüder nördlich von Kairo eine Volksversammlung im Bezirk Imbaba ab (in den 80ern und 90ern ein bekannter Brutkasten für militante fundamentalistische Islamisten, die sich Gama'aat Al-Jihad nannten). Auf dieser Versammlung erklärte Sa'd Al-Husseini, ein führendes Mitglied der Muslimbrüder, klar und deutlich, dass 'die Bruderschaft derzeit anstrebe, der Gesellschaft ihre islamische Identität bewusst zu machen, um die islamische Herrschaft vorzubereiten'. Er forderte alle islamischen Gruppen - 'die Salafiten, die Sunniten, die Sufis' - auf, ihre Differenzen beiseite zu legen und 'zusammenzuarbeiten, um die Religion zu stärken', und ermutigte sie, sich auszubreiten und überall politisch aktiv zu werden - in Moscheen, Fabriken und Universitäten. Gleichzeitig verkündete auftrumpfend Mahmoud Izzat, ein Abgeordneter der Muslimführerschaft, die Bruderschaft werde islamische Strafen verhängen, sobald sie das Land besitze'".

Weitere Artikel beschäftigen sich mit den Auswirkungen der Revolution auf die Philosophie, die Literatur und die Kunst.

Magazinrundschau vom 01.03.2011 - Al Ahram Weekly

Der Schriftsteller Alaa El-Aswani, der gerade einen Band seiner Zeitungsartikel aus den letzten Jahren veröffentlicht hat ("On The State of Egypt: A Novelist's Provocative Reflections") analysiert im Gespräch mit Gamal Nkrumah die Situation Ägyptens. Man nickt zustimmend, wenn er die unfassbare Korruption im Land geißelt und vor wahabitischen Predigern warnt oder die Dynamik einer Revolution erklärt. Doch dann gibt es zwei Stellen, bei denen man den Kopf auf den Tisch hauen möchte. Die erste, wenn er dem - von Mubarak verbotenen - Journalisten Mohamed Hassanein Heikal zustimmt, der warnt, Mubarak könnte von seinem Rückzugsort Sharm El-Sheik aus eine Gegenrevolution anzetteln: "Heikal ist besser informiert als ich. Er ist ein erfahrener politischer Autor. Es ist sicher, dass Mubarak sich in Sharm El-Sheik versteckt, weil eine ausländische Macht ihn unterstützt. Ich halte diese Theorie für äußerst plausibel. Das ist ganz eindeutig und klar für mich. ... Heikal warnt, eine Konterrevolution könnte vorbereitet werden, abgestimmt in Sharm El-Sheik und geplant von ausländischen Mächten, einschließlich Israel."

In den staatlichen ägyptischen Medien sind schon einige Köpfe gerollt, aber reicht das aus, fragt Doaa El-Bey, künftig eine unabhängige und weniger einseitige Berichterstattung zu garantieren? Mahmoud Khalil, Professor für Massenkommunikation an der Universität in Kairo, glaubt es nicht. "Die Medien ducken sich jetzt einfach und warten darauf, dass der Sturm vorbeizieht. ... Journalisten haben Mubaraks Regime gepriesen. Jetzt sind sie dazu übergegangen, die Revolution vom 25. Januar zu preisen. Aber sie müssten lernen, der Gesellschaft zuzuhören, statt eine Propagandarolle zu spielen."

Und Rania Khallaf unterhält sich mit Künstlern darüber, was sie sich von der Revolution erhoffen. Die Forderungen reichen von einem Ende der Zensur über eine Neubesetzung des Direktoriums der offiziellen Künstlervereinigung mit jungen Leuten bis zur Forderung nach einer neuen Kunst: "Hazem Chahin, Gründer und Sänger von Eskendrella, einer der populärste Bands in Ägpten, sagt, seiner Ansicht nach sei die Revolution noch nicht zu Ende. 'Es gibt kulturelle und künstlerische Formen, die verändert oder 'revolutioniert' werden sollten. Wir haben genug von traditionellen Musikformen.'"
Stichwörter: Der Sturm, HAU

Magazinrundschau vom 21.02.2011 - Al Ahram Weekly

Bei den Demonstrationen auf dem Tahrir-Platz haben Männer und Frauen erstmals gleichberechtigt nebeneinander agiert, stellt Fatma Khafagy, Mitglied der Allianz für arabische Frauen, fest. Sie hofft, dass das so bleibt und macht Vorschläge, wie es weitergehen könnte, zum Beispiel mit der Änderung des Familienrechts: "Das ägyptische Familienrecht gibt es in der jetzigen Form seit 1920, das Parlament hat sich fast ein Jahrhundert lang geweigert, es zu ändern. Dieses Gesetz hat Frauen in ihrer Privatspäre diskriminiert und sie versklavt. [...] Lasst uns die Revolution nutzen um abzuschaffen, was das Regime jahrzehntelang anstrebte: Teile und herrsche. Lasst uns die Revolution nutzen, um die Frauen zu befreien, damit sie Seite an Seite mit den Männern ein gerechtes und gleichberechtigtes Ägypten aufbauen können."

Magazinrundschau vom 25.01.2011 - Al Ahram Weekly

Kann das, was in Tunesien passiert ist, auch in anderen arabischen Staaten geschehen? Ayman El-Amir hat da keinen Zweifel: "Einige arabische Regime haben auf die tunesische Revolution mit Senkung der Lebensmittel- und Benzinpreise reagiert. Oder mit der Verschiebung von Maßnahmen, die die Lebenshaltungskosten erhöht hätten. Das sind nur Beruhigungspillen, die nicht an die eigentlichen Probleme rühren. Autokratische Regime leben im Selbstbetrug, sie vertrauen darauf, dass ihre Polizeimacht jede Revolte zerschlagen kann und dass die Armee auf ihrer Seite ist. Doch der Auslöser für eine Revolution könnte jenseits dieser Kalkulation liegen, sogar jenseits der Vorstellungen einer scheinbar allmächtigen Oligarchie. Das ist im stabilen, friedlichen, zufriedenen Tunesien geschehen. Und es kann - mit einigen Änderungen - überall wiederholt werden. Ein irakischer Flüchtling, der den tunesischen Volksaufstand kommentierte, fragte sich: 'Warum haben wir nicht Saddam Hussein verjagt?'"

Außerdem: Dina Ezzat hat einige Reaktionen von Diplomaten auf die Ereignisse in Tunesien gesammelt: Bei uns wird das nicht passieren, sagen die arabischen Diplomaten. Das natürlich, so ein westlicher Diplomat, dachte Bin Ali vor vier Wochen auch. Und auch sonst war niemand vorbereitet: "nicht die Franzosen, nicht die Amerikaner, niemand".
Stichwörter: Hussein, Saddam, Tunesien

Magazinrundschau vom 18.01.2011 - Al Ahram Weekly

Während eines literarischen Workshops in der Kotob-Khan-Buchhandlung fand sich Youssef Rakha plötzlich von Ingenieuren umzingelt. Kein Wunder, es ging um den Roman "Kawkab Anbar" von Mohammed Rabie, der im Brotberuf selbst Ingenieur ist. Dahinter steckt aber noch eine andere Geschichte, erzählt Rakha. "Cyberspace: Bis März 2008 gab es tatsächlich einen anderen Mohammed Rabie, der kein Ingenieur war, sondern ein Kairoer Autor skandalöser Romane über Sex und Religion, die er kopierte und per Hand verteilte. Jener andere Rabie starb im Alter von 33 Jahren in einem camusianischen Unfall. Dieser Rabie dagegen ist eigentlich ein Blogger. Er fing im Internet an - eine Konsequenz vielleicht aus seinem nicht-literarischen Hintergrund. ... Und anders als sein Namensvetter ist Rabie weniger interessiert an der unmittelbaren Wirkung von Sprache als an ihrer Fähigkeit, eine stimmige Welt zu schaffen. Anders als viele arabische Autoren - tatsächlich die große Mehrheit seit den Sechzigern - will er eine Geschichte erzählen."

Angesichts des Terroranschlags auf die koptische Kirche in Alexandria beklagt Khalil El-Anani die religiöse Bigotterie auf allen Seiten (auch wenn kein Terroranschlag von Kopten auf Moscheen bekannt ist) und sieht den Staat in der Pflicht: "Statt politische Institutionen zu stärken, statt Parteien zu ermutigen und zivilgesellschaftliche Bewegungen zuzulassen, hat der Staat sie zurückgewiesen und in den Schlamm gezerrt. Die einzigen, die sich halten konnten, waren die traditionellen Strukturen der Kirchen und Moscheen, deren Macht nun beispiellos ist. Als Ergebnis sehen wir jetzt die primitivsten Formen religiöser Diskurse erblühen."

Magazinrundschau vom 23.11.2010 - Al Ahram Weekly

Hani Mustafa sah in Kairo Michael Hanekes Film "Das weiße Band" beim dritten Panorama of European Film, von der Produzentin/Regisseurin Marianne Khoury gegründet, und war tief beeindruckt: "Der Zuschauer kommt aus dem zweieinhalbstündigen Film in einem Zustand des Staunens und der Ungläubigkeit. Es dauert ein bisschen, bis man begriffen hat, worum es ging. Der Film, schön gemacht, zeigt wunderbare Schauspielkunst und eine faszinierende Art zu kommunizieren, die einem nach und nach unheimlich wird. Man fühlt sich auf den Straßen von Kairo gar nicht so weit weg von diesem abgeschiedenen Dorf in Deutschland - oder von der Möglichkeit grässlicher Konsequenzen, die auch bei uns aus einem solchen Verhalten erwachsen könnten."

Außerdem: Yassin Gaber resümiert einen Vortrag Judith Butlers zum 75. Geburtstag Edward Saids an der Amerikanischen Universität in Kairo. "Wie Butler so eloquent ausführte, kann 'Israel in seiner aktuellen Form nicht ohne Mechaniken der Enteignung leben, nicht ohne sich selbst als Israel zu zerstören. In diesem Sinne ist die Bedrohung Israels eine Konsequenz seiner fundamentalen Abhängigkeit von einer Logik der Enteignung.'"

Magazinrundschau vom 05.10.2010 - Al Ahram Weekly

Mohammad Shoair sammelt Reaktionen auf die Zensur der Kuwaiter Buchmesse, die 120 ägyptische Bücher - darunter Werke von Gamal El-Ghitani, Khairy Shalaby und Alaa El-Aswanyv - verboten hat. Während die Verleger darauf zum größten Teil verhalten reagierten, sind die Autoren wirklich verärgert: "Galal Amin zum Beispiel hat zwar den Eindruck, dass das Verbot seiner Autobiografie wegen ihres Inhalts vielleicht verständlich ist: 'In meinem Buch schreibe ich über die Jahre, die ich in Kuwait gelebt habe und vielleicht sind sie da empfindlich.' Dennoch besteht er darauf, dass es für das Verbot eines Buchs nie eine Rechtfertigung geben kann. Der Autor Khairy Shalaby ist noch wütender: 'Was in meinem Buch könnte einen Zensor beleidigen? Was in Ibrahim Aslans Buch Two Rooms and a Hall? Es geht um die Beziehung eines Ehepaars: die Frau stirbt, der Mann bleibt allein zurück.' Für Shalaby hat eine Buchmesse, die so viele Bücher verbietet, ihre Glauwürdigkeit verloren."

Außerdem: Ati Metwaly bespricht eine Aufführung von "Figaros Hochzeit" an der Kairoer Oper (und ruft dem offenbar ziemlich ideenlosen Regisseur Abdalla Saad erbost zu: Diese Oper ist "Diese Oper ist "witzig; voller Bewegung, voller Satire, Gelächter und vor allem: Intelligenz!")
Stichwörter: Figaros Hochzeit, Satire

Magazinrundschau vom 14.09.2010 - Al Ahram Weekly

Wegen des Verbots, während des Ramadan säkulare Theaterstücke zu spielen, schließen die Theater in Ägypten zehn Tage lang und spielen dann den Rest des Monats religiöse und folkloristische Produktionen oder Musicals. Nehad Selaiha freut sich über den Mut des El-Sawi Kulturzentrums (El-Saqia), das in diesem Jahr erstmals mit der Tradition gebrochen und vom 19. bis 25. August ein bewusst säkulares Ramadan-Theaterfestival mit freien Theatergruppen organisiert hat. "Nirgends wurde diese aufgeklärte Politik so deutlich wie in der Erlaubnis für den Regisseur Mohamed Abdel-Maqsood und seine Truppe, Jean Genets Stück 'Unter Aufsicht' auf die Bühne zu bringen, ein verstörend gewaltvolles Drama über das Gefängnisleben mit seiner umgekehrten Moralität, Apotheose der Kriminalität, Feier der Unterwelt, aus der Genet kam und in der er den größten Teil seines Lebens verbrachte, und einem erkennbar homoerotischen Element. So ein Stück hätte schon außerhalb des Ramadan viele hochgezogene Augenbrauen bedeutet; es während des Ramadan aufzuführen, war vor diesem Festival einfach undenkbar."