Und sie reden doch miteinander! Der Historiker
Robert O. Paxton erfreut sich an einem Band ("Liaisons dangereuses") mit klarsichtigen Gesprächen zwischen den Journalisten
Jean-Marie Colombani ("Le Monde") und
Walter Wells ("International Herald Tribune") über die
Entflammbarkeit der franko-amerikanischen Beziehung. Wenn beide auch zunächst die - zum Teil uralten -
Stereotypen für die gegenseitige
Hassliebe verantwortlich machen, so ist es wahrscheinlich etwas anderes, das die transatlantischen Gemüter immer wieder aufs Neue erhitzt: "eine glühende Rivalität um die Rolle der
ersten Demokratie, der
universellen Mutter aller Werte, zu der sich der beidseitige und inbrünstige Wunsch gesellt,
moralische Instanz zu sein."
Die
New York Times Book Review hegt
Reformpläne, und Lila Azam Zanganeh
berichtet über die
Kontroverse, die Times-Chefredakteur Bill Keller mit einem dem Internetmagazin
Poynter gegebenen
Interview auslöste, in dem er sich für ein offeneres,
lockereres Konzept aussprach: "Schließlich müssen wir unseren Lesern auch dabei helfen, sich
Bücher am Flughafen auszusuchen." (Als gäb's da eine Auswahl!) Starker Tobak jedenfalls für den Literaturbetrieb. Charles McGrath, der speziell für die Book Review verantwortlich ist, beeilte sich denn auch,
Le Monde gegenüber zu erklären: "Diese Zeitung ist schon immer um das
Gedeihen der Hochkultur und einer gebildeten Leserschaft bemüht gewesen. Wir werden keinesfalls etwas an der Qualität unserer Herausgeberentscheidungen ändern." Ohne jedoch, die
"Popkultur" auszuklammern. Die Book Review, so Zanganeh, verfolgt eben ein hehres Ziel: sich "für die
paradoxale Leserschaft des 21. Jahrhunderts neu zu erfinden".
Weitere Artikel: Jean-Jacques Bozonnet
stellt Pierre Mussos Buch "
Berlusconi, le nouveau Prince" vor, das den italienischen Regierungschef als Pionier eines neuen mediterranen Politikverständnisses darstellt, als den
Machiavelli der Neopolitik. Wie
Pierre Mendes Frances Denken im heutigen Frankreich aussehen würde, hat Jean-Denis Bredin bei
Francois Strasse ("L'Heritage de Mendes France")
nachlesen können.
Weniger Populismus, mehr Pädagogik. Und in der Tat sind das für uns
politikfremde Töne, wenn man liest, was Mendes France in einer seiner allsamstäglichen Radioansprachen gesagt hat: "
Ihr an die ich mich richte, sagt nicht, dass ihr von alledem nichts versteht, dass diese Probleme zu schwierig, zu technisch sind, das stimmt nicht."