Jiri Langer

Die neun Tore

Geheimnisse der Chassidim
Cover: Die neun Tore
Arco Verlag, Wuppertal - Wien 2012
ISBN 9783938375402
Gebunden, 360 Seiten, 28,00 EUR

Klappentext

Aus dem Tschechischen von Kristina Kallert. Mit einem Vorwort von František Langer. Herausgegeben und mit einem Essay von Andreas Kilcher. Jiří (Georg) Langer (1894-1943) kannte den Chassidismus wie kaum ein anderer. Anders als seine berühmteren Chronisten Martin Buber, Simon Dubnow oder Gershom Scholem, erlebte er ihn aus "erster Hand". Langer, ein Sohn aus gutem, bürgerlichen Prager jüdischen Hause wird zum Aussteiger, verschwindet im Sommer 1913 heimlich, um sich in der hintersten Provinz einer tiefreligiösen Bewegung anzuschließen, die der jüdischen Aufklärung ein Dorn im Auge ist. Völlig verwandelt kehrt er 1915 zurück, wie sich sein Bruder František Langer erinnert. Nach langen Aufenthalten unter den Chassidim in Belz findet Jiří Langer nach dem Ersten Weltkrieg in das bürgerliche Prager Leben zurück, ohne seinen tiefen Glauben aufzugeben. Er verbindet sein reiches Wissen über jüdische Traditionen mit der Moderne: so mit Sigmund Freud und Albert Einstein. Seine Forschungen münden 1923 in das deutsch verfasste Buch "Die Erotik der Kabbala". 1937 kehrt er in "Die neun Tore" zurück zur Welt der Chassidim, wie er sie seinem Freund Franz Kafka immer wieder geschildert hat: "Die Legenden erzählten über Heilige, über Rabbiner, die im Stande sind, solche Wunder zu vollbringen. Nur daß diese Heilige in fast intimen Beziehungen zu Gott stehen, sie erlauben sich, ihm gegenüber beinahe frech zu sein, so daß ein Wunder Gottes letztendlich wie eine Nachbarschaftshilfe aussieht. Sie erzählen über chassidische Menschen, diese sonderbaren Kinder Gottes, die infolge ihrer unermeßlichen Frömmigkeit das seltene Privileg haben, daß sie sich mit Hilfe ihrer Heiligen von der himmlischen Gunst alles ausbitten dürfen, was sie zum Leben brauchen." (František Langer)

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.07.2013

Die Geschichtensammlung von Kafkas Vertrautem Jiri Mordechai Langer genießt Jakob Hessing ihres tiefen metaphysischen Humors wegen. Was der Grenzgänger zwischen den Lebensanschauungen Langer von seinen Erfahrungen mit dem Chassidismus und seinen Erinnerungen an die Belzer Chassiden in die Texte einfließen lässt, liest Hessing als Hommage und angesichts der Naziverbrechen, vor denen der Autor 1939 nach Palästina flüchten konnte, als Denkmal zugleich. Bittere Ironie, ein heiterer Ton und ein ganz und gar nicht naives, augenzwinkerndes Erzählen prägen die aus der Rückschau geschriebenen Geschichten laut Hessing.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.05.2013

Alena Wagnerová zeigt sich begeistert von Jiri Mordechai Langers nun wieder aufgelegter Sammlung chassidischer Erzählungen aus dem Jahr 1937. Das Buch ist nicht nur etwas für Eingeweihte, erklärt sie und rät, durch Vorlesen dem Alltäglichen im Göttlichen und umgekehrt nachzuspüren sowie der lebendigen, die Sprache zum Strahlen bringenden Erzählweise des Autors. Dank der ironischen Distanz Langers gelangt die Rezensentin beim Lesen mühelos in die Welt des von Armut, Frömmigkeit und Frohsinn geprägten Ostjudentums und vermag sich in das chassidische Denken einzufühlen, dies nicht zuletzt auch durch das informative Nachwort, wie sie schreibt. Besonderes Lob gilt der Übersetzung durch Kristina Kallert. Für Wagnerová trifft sie das Wesen der Texte, indem sie ihre Magie und Lebendigkeit überträgt, sodass das Deutsche "strahlt, spielt und lacht".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.02.2013

Tief gerührt berichtet Mathias Schnitzler über dieses "sagenhaft schöne" Buch Jiri Langers, der ein Freund Kafkas und Max Brods war und in den "neun Toren" eine Sammlung chassidischer Legenden, aber auch seine eigene Geschichte vorlegte. Langer kam aus der gleichen Sphäre wie Kafka, dem assimilierten Judentum Böhmens, er scheint aber, anders als Kafka, auf Tschechisch geschrieben zu haben. Schnitzler erzählt von seiner Wandlung: Noch vor dem Ersten Weltkrieg beschloss Langer, zu den frommen Juden Osteuropas zu gehen und einer von ihnen zu werden. Das gelang zu nicht, dann besser, und später kam er als zwar noch frommer, aber gemäßigterer Jude nach Prag zurück. Erhellend ist offenbar auch das Vorwort seines älteren Bruders Frantisek Langer, der das Entsetzen der Familie schildert, als Langer in chassidischer Tracht nach Prag zurückkehrte.