Ludwig Wittgenstein

Licht und Schatten

Ein nächtliches (Traum-)Erlebnis und ein Brief-Fragment
Cover: Licht und Schatten
Haymon Verlag, Innsbruck 2004
ISBN 9783852184630
Gebunden, 80 Seiten, 17,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Ilse Somavilla im Auftrag des Forschungsinstituts Brenner Archiv. Mit einem Essay der Herausgeberin zu Religion und Kulturpessimismus in Wittgensteins Werk.
Zwei bisher unveröffentlichte Schriftstücke des großen Philosophen geben Anlass, Wittgensteins Spannungsverhältnis zur Religion und zu kulturellen Werten der menschlichen Zivilisation nachzuspüren. Bei den beiden Texten handelt es sich zum einen um eine tagebuchartige Aufzeichnung eines nächtlichen (Traum-) Erlebnisses aus dem Jahre 1922, zum anderen um das Fragment eines Briefes, den er vermutlich im Jahre 1925 an seine Schwester Hermine schrieb.
Wittgensteins Verhältnis zum Glauben war zwiespältig: Einerseits verband er mit ihm etwas Dunkles - nicht nur Geheimnisvolles, sondern Angsteinflößendes -, das sich in einem Gefühl des völligen Ausgeliefertseins an eine göttliche Macht zeigt, an einen strengen, obersten Richter, wie er im Alten Testament vorkommt, und der von ihm das Äußerste verlangen kann. Andererseits bedeutete der Glaube für Wittgenstein etwas Positives, Lichtvolles, eigentlich "das Licht" bzw. das Symbol für reine Geistigkeit, Wahrheit, Transparenz - wonach er auch in seinem Philosophieren strebte: Wie ihm der Glaube im persönlichen Leben "Erlösung" von inneren Nöten zu versprechen scheint, so wird er bei dem Bemühen um Lösung philosophischer Probleme mit "Erleuchtung" verbunden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.11.2004

Vieles bleibt bei diesen beiden Fragmenten Ludwig Wittgensteins im Vagen. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls die Besprechung von Rezensent Uwe Justus Wenzel. Wir er berichtet, handelt sich bei den von Ilse Somavilla herausgegebenen Schriftstücken um das tagebuchartige Protokoll eines nächtlichen Traumes und seiner Folgen sowie um ein Brieffragment, die jeweils faksimiliert, sodann in diplomatischer Transkription und schließlich in "normalisierter" Fassung präsentiert werden. Bei seiner Deutung des Traumfragments zieht Wenzel Wittgensteins im "Tractatus" vorgenommene Scheidung zwischen Sagbarem und Unsagbarem, zwischen Tatsachen und "mystischem" Sinn des Lebens heran. Es ließe sich auch die Problematik der Gewissheit heranziehen, so Wenzel, die Wittgenstein später zunehmend in philosophischem Atem gehalten habe. Am ehesten sieht Wenzel darin aber eine Reflexion über die Schwierigkeit, "die Grundlosigkeit des Glaubens" (Wittgenstein) einzusehen. Das Brieffragment, in dem "das reine geistige (das religiöse) Ideal" mit "weißem Licht" verglichen werde, das zu den Menschen nur durch "gefärbte Gläser" dringe, sei "vielleicht" eine Variation von Platons Höhlengleichnis. Fragen bleiben auch hier offen. "Verbirgt sich in diesem Gleichnis ein Gleichnis der Philosophie Wittgensteins?", fragt Wenzel. Es scheint fast so.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.10.2004

In ihrer Kurzrezension dieses Buches, das aus einem Traumbericht und einem Brieffragment an die Schwester Hermine von Ludwig Wittgenstein sowie einer Interpretation der Texte durch Ilse Somavilla besteht, zeigt sich die Rezensentin Christine Pries höchst angetan. Bei aller Kürze der Texte - sie machen lediglich "vier Nettoseiten" des Bandes aus -, die sich um das Verhältnis Wittgensteins zur Religion drehen, lobt Pries die "Gewinn bringende" Analyse Somavillas, die deutlich machen kann, wie "prekär" Wittgensteins Haltung in Bezug auf die Religion zeitlebens war.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2004

Der etwas blasse Titel des schmalen Bändchens lässt seine Bedeutung kaum erahnen, fürchtet Matthias Kross. Nur zwei Druckseiten umfassen die beiden eigentlichen Textfragmente Wittgensteins, die Ilse Somavila in faksimilierter Form sowie diplomatischer (was das genau ist, wird nicht erklärt) und normalisierter Transkription herausgegeben hat. Das eine Fragment, berichtet Kross, kreist um das Thema Religion und werde von der Herausgeberin mit Recht als Beleg für Wittgensteins religiöse Irrationalität, für sein im Judentum verhaftetes Denken sowie seine geistige Verwandtschaft mit Spinoza und Kierkegaard interpretiert. Aufsehen erregender findet Kross allerdings das zweite Fragment, einen Brief aus dem Jahr 1925 an Wittgensteins Schwester Hermine, in dem dieser die Beschränktheit der historischen Kulturideale in Form einer Parabel herausarbeitet. Damit sieht Kross seine These belegt, Wittgenstein sei schon viel früher als angenommen zur Philosophie zurückgekehrt und habe bereits damals die Basisthese seiner späteren Sprachspielanalyse entwickelt, in der die Relativität aller philosophisch-ästhetischen Ideale vorgeführt und die Suche nach absoluter Gewissheit in Frage gestellt wurde. Wittgenstein, ein früher Kulturpessimist, so Kross.
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