Zoe Beck

Memoria

Thriller
Cover: Memoria
Suhrkamp Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783518472927
Kartoniert, 280 Seiten, 16,95 EUR

Klappentext

Ein Sommer in naher Zukunft. Harriet wird von Erinnerungen heimgesucht, die ihr vollkommen fremd vorkommen. Nach und nach tauchen immer mehr Bruchstücke auf, und Harriet muss sich eingestehen, dass das, was sie bislang für ihr Leben hielt, vielleicht niemals so stattgefunden hat. Harriet stand einmal vor einer Karriere als Konzertpianistin, bis eine scheinbar harmlose Operation an der Hand ihren großen Traum zerstörte. Zumindest ist es das, was sie bisher glaubte. Aber seit sie eine Frau vor einem Waldbrand gerettet hat, wird sie von seltsamen Erinnerungen geplagt: Szenen, die aus einem anderen Leben zu stammen scheinen - und immer wieder Bilder von Gewalt, die sie selbst ausübt ...Harriet zweifelt an ihrem Verstand und begibt sich auf eine Reise in ihre Vergangenheit. Doch damit scheint sie etwas loszutreten, das sie nicht mehr kontrollieren kann, und mit jeder verborgenen Erinnerung, die zurückkehrt, kommt sie einer gefährlichen Wahrheit bedrohlich nahe ...

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 25.11.2023

Rezensent Kolja Mensing verspricht mit Zoë Becks neuem Buch einen "spannenden Krimi im Hitchcock-Format". In einer nahen Zukunft, in der sich die Lage klimatechnisch noch weiter zugespitzt hat, geht es um Harriet, die nach der spontanen Rettung einer Frau aus einem Waldbrand vor wichtige Fragen gestellt wird, wie Mensing wiedergibt: Warum konnte sie die Frau problemlos mit dem Auto ins Krankenhaus fahren, obwohl sie nie Autofahren gelernt hat? War der Tod ihrer Mutter wirklich ein Unfall? Und wie genau wird ihr demenzkranker Vater in einer Spezialklinik behandelt? Ausgehend von diesem Ereignis und Harriets Misstrauen entfalte Beck äußerst gekonnt, so Mensing, ein apokalyptisches, aber dennoch erschreckend realistisches Zukunftsszenario, in dem unter dem Deckmantel des "neural engeneering" ein böses Spiel mit menschlichen Erinnerungen getrieben wird. "Raffiniert", temporeich und "unbehaglich" - für den Kritiker zeigt Beck sich hier als Meisterin ihres Fachs.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 24.11.2023

Die Machart von Zoe Becks dystopischem Roman "Memoria" erinnert Rezensentin Julia Schröder leider zu sehr an das Drehbuch eines "mittelmäßigen Tatorts", um das Zeug zu einem guten Thriller zu haben. Zwar habe die Autorin schon viele Elemente davon versammelt: überraschende Wendungen, dramatische Szenen, dazu düstere Zukunftsvisionen und viele Anspielungen auf heutige Gesellschaftskrisen. Aber im Endeffekt bleiben in dieser Geschichte um Harriet, ehemals ein vielversprechendes Talent am Klavier, leider zu viele unbeantwortete Fragen offen, bemängelt Schröder, dazu kommt eine "packpapierene und klischeehafte" Sprache. Auch das Thema der "false memories", der (Un)zuverlässigkeit der eigenen Erinnerungen infolge eines Traumas, ist sehr aktuell, meint Schröder, und Harriets Suche nach der Wahrheit hätte echtes Potenzial gehabt. Leider wurde es nicht ganz entfaltet, schließt die Kritikerin bedauernd.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.11.2023

Eine fesselnde Lektüre ist Zoë Becks Roman für Rezensentin Katrin Doerksen. Die Geschichte von Harriet, einer jungen Frau, die - möglicherweise - einst Konzertpianistin war, jetzt aber in Frankfurt am Main prekär in einem unwirtlichen Büroturm haust, ist, erfahren wir, im Genre der Slipstream-Literatur angesiedelt, irgendwo zwischen Science Fiction, Postmoderne und Krimi. Zeit der Handlung ist die nahe Zukunft, heißt es weiter, die Heldin ist in einer unwirtlichen Umgebung auf sich allein gestellt und muss sich außerdem mit Visionen herumschlagen. Doerksen freut sich über die kompakte, elegante Sprache, in die Beck ihre Geschichte packt und auch über die geschickt mit Cliffhangern arbeitende Narration. Das Buch verbindet laut Doerksen düstere mit hoffnungsvollen Visionen. Beck entwerfe ihre Figuren mit einem Blick für Diversität und verhandele den Gegensatz zwischen Technoutopismus und den tradierten, oft bremsenden Mustern der Psychologie der Menschen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 26.10.2023

Sehr solide findet Rezensentin Jolinde Hüchtker den neuen Krimi von Zoe Beck, der wieder einmal mit einer Grundangst des Menschseins spiele: Im letzten Buch war es die nahende Klimakatastrophe, jetzt ist es das Vergessen. Die Protagonistin Harriet befindet sich zwar ebenfalls in einer Welt, in der Wälder brennen und Strom rationiert werden muss, aber das bleibt eher im Hintergrund, versichert Hüchtker, eigentlich geht es darum, dass Harriet aus der stehengebliebenen Bahn aussteigt und plötzlich in einem Auto sitzt und fährt. Ihre Papiere waren verbrannt, deswegen bekommt sie neue, auch einen Führerschein, obwohl sie sich gar nicht erinnern kann, den je gemacht zu haben - auch andere Ereignisse werden jetzt zunehmend von ihr hinterfragt, so die Kritikerin, die hier auch eine Geschichte über das nach wie vor in vielen Belange unverstandene menschliche Gedächtnis liest. Auch mit typischen Krimi-Elementen wie dem Weglaufen vor einer womöglich gefährlichen Situation wird gespielt - Hüchtker freut sich jedoch, dass Harriet nicht wegrennt, "genau das will man ja auch lesen", schließt sie.