Bruno Latour

Kampf um Gaia

Acht Vorträge über das neue Klimaregime
Cover: Kampf um Gaia
Suhrkamp Verlag, Berlin 2017
ISBN 9783518587010
Gebunden, 522 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Achim Russer und Bernd Schwibs. Die moderne Wissenschaft hat tiefgreifend unser Verständnis der Natur geprägt. In den letzten drei Jahrhunderten bildete diese Idee der Natur den Hintergrund all unseres Tuns. Aufgrund der ökologischen Folgen des menschlichen Handelns tritt die Natur jedoch heute aus dem Hintergrund auf die Bühne, wie Bruno Latour zeigt. Die Luft, die Meere, die Gletscher, das Klima, die Böden, alles interagiert mit uns. Wir haben die Epoche der Geohistorie betreten, das Zeitalter des Anthropozäns - mit dem Risiko eines Krieges aller gegen alle. Die alte Natur verschwindet und weicht einem Wesen, das schwierig zu bestimmen ist. Es ist alles andere als stabil und besteht aus einer Reihe von Feedbackschleifen in ständiger Bewegung. Gaia ist sein Name. Latour argumentiert, dass die komplexe und mehrdeutige Gaia-Hypothese, wie sie von James Lovelock entwickelt wurde, ein idealer Weg ist, um die ethischen, politischen, theologischen und wissenschaftlichen Aspekte des nunmehr veralteten Begriffs der Natur zu entwirren. Er legt den Grundstein für eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, Theologen, Aktivisten und Künstlern, während wir beginnen, mit dem neuen Klimaregime zu leben.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 27.11.2017

Bernhard Malkmus ist überzeugt: Keiner hat bisher mit so scharfen Argumenten die Herausforderungen durch den ökologischen Umbau der Erde benannt, wie Bruno Latour. In dessen nun erweitert auf Deutsch erscheinenden Gifford Lectures von 2013 kann Malkmus den Autor so humorvoll und bissig wie nie auf die von den Naturwissenschaften selbst befeuerte Trennung zwischen erkennendem Subjekt und zu erkennendem Objekt losgehen sehen. Auch die Rolle der Politik vermag ihm der Autor auseinanderzusetzen. Latours Redseligkeit und rhetorische Eitelkeit nimmt der Rezensent für all das gern in Kauf.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.07.2017

Dirk Pilz lernt mit Bruno Latour die Erde als handelndes Wesen kennen. Die versammelten acht Vorträge fragen, wieso wir seelenruhig zusehen, wie uns die ökologischen Fragen über die Köpfe wachsen. Alarmismus? Mitnichten, meint Pilz, der in dem Band ein Grundlagenbuch des Anthropozän für folgende Generationen ausmacht, gut lesbar und umstürzlerisch, Politik, Biologie und auch Religion betreffend, warnt er. Anlass zur Nachfrage bietet das Buch natürlich auch, meint er.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 24.06.2017

Einfache Lösungen sind bei Bruno Latour nicht zu erwarten, meint Rezensent Fabian Ebeling, der die in diesem Band versammelten acht Vorträge des französischen Wissenschaftsanthropologen jedoch mit Gewinn gelesen hat. Der Kritiker lässt sich von Latour durch das "rhizomatische Gestrüpp" des Klimadiskurses führen, bekommt dabei zwar das ganze Repertoire des Philosophen von dessen Anthropologie des Modernen bis zur Akteur-Netzwerk-Theorie ab, verdankt dem Autor aber vor allem interessante und wichtige Gedanken zu ethischen, politischen und wissenschaftlichen Aspekten des Naturbegriffs. So durchschaut Ebeling dank Latour nicht nur die Taktiken von Klimaskeptikern, sondern liest auch kluge Überlegungen zu einer neuen Form der Politik. Den mahnenden Tonfall und den gelegentlichen Mangel an Präzision nimmt der Kritiker ihm nicht weiter übel.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.06.2017

Die ein oder andere riskante Zuspitzung und übergroße Geste verzeiht Helmut Mayer dem Philosophen und Wissenschaftsforscher Bruno Latour gerne. Dafür bekommt er einen Autor, der genau das Prozedere der Wissenschaften kennt, alte Begriffe in neuen Konstellationen besichtigen lässt und im übrigen "großes Ideentheater" inszeniert. In diesen im Rahmen der Gifford Lectures gehaltenen Vorträgen des Autors etwa mit Eric Voegelin in der Rolle als Ideegeber zur Gnosis, erklärt der Rezensent. Latours These, wir seien nie modern gewesen und alle Grenzziehungen zwischen uns und den Gegenständen unserer Forschung obsolet, scheint Mayer zuzusagen, zumal der Autor daraus die Forderung nach einem neuen Klimaregime namens Gaia ableite, das alles andere als eine Ersatzreligion sei, wie Mayer verspricht.
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