Szczepan Twardoch

Das schwarze Königreich

Roman
Cover: Das schwarze Königreich
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2020
ISBN 9783737100731
Gebunden, 416 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Aus dem Polnischen von Olaf Kühl. Warschau nach dem deutschen Angriff 1939. Jakub Shapiro, früher Unterweltkönig der Stadt, kämpft als Soldat einen aussichtslosen Kampf. Sein Gangsterreich zerfällt, das luxuriöse Leben ist zu Ende. Während Shapiro seine Familie zu schützen versucht, macht er einen unverzeihlichen Fehler. Frau und Söhne verlassen ihn. Jakubs Geliebte Ryfka rettet ihn aus dem Ghetto in eine konspirative Wohnung. So ist es bald der halbwüchsige Sohn David, der das Überleben von Mutter und Bruder sichert, durch Schmuggel und Schwarzhandel; unter schon alltäglicher Todesgefahr erlebt er in bizarren Abenteuern einen Rausch von Jugend und Freiheit. Doch die Gräuel, Hunger und Verrat beherrschen die Stadt, umso mehr nach dem Ghettoaufstand. Und der Preis für ein Überleben ist so hoch, dass niemand die Schuld je tragen können wird. Als das Ghetto zerstört liegt, kämpft Ryfka bis aufs Blut für ihre und Jakubs Zukunft. Und David will Rache nehmen, an den Deutschen, an allen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.11.2020

Rezensent Frank Meyer ist fasziniert von Szczepan Twardochs Roman. Anknüpfend an den Vorgängerroman "Der Boxer" erzählt er hier aus der Perspektive der Geliebten und des Sohns des dortigen Protagonisten vom Überleben der Juden in Warschau, von polnischem Antisemitismus und von jüdisch-deutschen Kollaborationen. Dabei wähle der Autor eine Art metaphysische Perspektive, weil die Erzählstimmen in der Geschichte zwar alles erfahren, aber nicht handeln können, staunt Meyer, und lobt auch Twardochs komplexe Figuren. Einige Gewalt- und Sexszenen hält der Rezensent für etwas zu drastisch - trotzdem fesselt ihn Twardochs "riskanter" Roman mit seinem spektakulären Tonfall und "grellen Effekten".

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 27.10.2020

Rezensentin Ilma Rakusa hält Szczepan Twardochs Fortsetzung der Geschichte des jüdischen Boxers Jakub Shapiro für "heavy stuff". An die Nieren geht ihr vor allem, was der Autor über das Schicksal der Juden im Warschauer Ghetto erzählt, doch so hoffnungslos sie das stimmt, es geht auch um Liebe im Buch. Die Erzählung scheint Rakusa rasant, kunstvoll in der Struktur, souverän übersetzt von Olaf Kühl. Dass Twardoch aus der Doppelperspektive von Shapiros Sohn und seiner Geliebten erzählt und die beiden quasi mit Allwissenheit ausstattet, scheint ihr ein raffinierter Kunstgriff zu sein. Wer nach Heldengeschichten, Deutungen oder Trost sucht, wird enttäuscht, warnt Rakusa, wer sich meisterhaft gestaltete Figuren wünscht, die vor einem drastischen Zeithintergrund agieren und deren Lebensfäden kunstvoll verknüpft sind, wird dagegen fündig.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.10.2020

Für Rezensentin Katharina Teutsch ist Szczepan Twardoch der Tarantino der polnischen Geschichtsschreibung. Wenn Twardoch erneut zuschlägt, um die Geschichte seines Halbwelthelden Shapiro im Warschauer Getto im Jahr 1939 fortzuerzählen, ist Teutsch auf Blut, Sperma und Schweiß gefasst. Aber auch auf die Spannung eines veritablen Pageturners, der ihr die Umbrüche des 20. Jahrhunderts "brillant inszeniert" nahe bringt, Einzelschicksal und Nationalgeschichte, Nazi-Terror und polnischen Antisemitismus. Dass der Autor dennoch kein "lüsterner Schreiber" ist, nicht kinematografisch, sondern kaleidoskopisch erzählt, macht die Sache für Teutsch erst interessant.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.09.2020

Über vierhundert Seiten hat sich Rezensent Christoph Bartmann bemüht, den guten Willen und das durchaus Gekonnte einer schmissigen Handlung - Fortsetzung des Romans "Boxer" - für gute Literatur zu nehmen. Die in diesem Buch liegende Provokation, die der Autor in das heutige Polen hineinruft, nämlich die Juden seien die "besseren Patrioten" gewesen, gefällt dem Kritiker gut. Aber ihn belasten die grobschlächtigen Überzeichnungen der Charaktere und dass einige Nebenfiguren - ein deutscher Soldat und ein ukrainischer Kollaborateur - gewisse "essayistische" Neigungen von Twardoch zusätzlich zu befriedigen haben. Am Ende kapituliert Bartmann vor dem "Kitsch" einer Abschiedsszene in Treblinka, in den sich die teils auch als mutig empfundene Erzählhaltung auflöst.
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