Jorge Edwards

Der Ursprung der Welt

Roman
Cover: Der Ursprung der Welt
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2005
ISBN 9783803131935
Gebunden, 176 Seiten, 17,50 EUR

Klappentext

Aus dem chilenischen Spanisch von Sabine Giersberg. Ein Paar steht im Pariser Musee d?Orsay vor dem berühmten Aktgemälde von Gustave Courbet, das dem Roman den Namen gibt. Sogleich kommen sie auf den gemeinsamen Freund Felipe und sein Hobby, die Aktfotografie, zu sprechen, und mit dem sonntäglichen Museumsbesuch beginnt eine irrwitzige Eifersuchtsgeschichte, die den in Paris lebenden Exilchilenen Patricio so heftig erfaßt, daß nicht nur seine Ehe, sondern sein ganzes bürgerliches Leben durcheinander gerät. Er verdächtigt seine fast dreißig Jahre jüngere Frau Silvia, mit Felipe eine Affäre gehabt zu haben. Felipe stirbt jedoch plötzlich, bevor Patricio ihn befragen kann. In der Wohnung des toten Freundes findet er tatsächlich ein Aktfoto, das dem Gemälde von Courbet ähnelt. Ist die Abgebildete seine Frau? Die Frage wird Patricio in dem gekonnt konstruierten Eifersuchtsdrama zur Obsession.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.07.2005

Von akuter Rezensionsverlegenheit scheint Rezensent Burkhard Müller nach der Lektüre von Jorge Edwards' "Der Ursprung der Welt" befallen zu sein. Anhand von längeren Dialogzitaten rekonstruiert er die Geschichte des Chilenen Patito, der von der fixen Idee heimgesucht wird, seine Frau Silvia sei ihm untreu, und daraufhin zwanghaft versucht, Beweise ihrer Treue zu versammeln, was sich als schwieriges Unterfangen herausstellt, da es naturgemäß diffizil ist, Nichtgeschehenes zu beweisen. In Ermangelung besagter Treuebeweise, so Müller, steigert sich Patitos Eifersucht ins Maßlose und sein Argwohn richtet sich auf seinen besten Freund Felipe. Als dieser kurz darauf Selbstmord begeht, erhärtet sich Patitos Verdacht. Es kommt laut Rezensent zur genüsslichen Imagination der Todesszene durch Patito und zu einer Aburteilung Felipes als gescheiterter Intellektueller. Das Romanfinale, in dem Silvia geständig wird, und tatsächlich etwas zu gestehen hat, nötigt den Rezensenten dann zum verwirrten Fazit: "Da kenne sich einer aus!"
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 30.05.2005

Leopold Feldmair hat einiges auszusetzen an Jorge Edwards "schmalem" Roman "Der Ursprung der Welt", denn schmal findet er nicht nur den Umfang des Werkes. Auch den gedanklichen Zuschnitt hält er eher für bescheiden; einen leicht altersschnattrigen Machismo sieht er am Werk, die Angst eines "Großschriftstellers" vor den Mühen des Alters. Der Rezensent macht keinen Hehl daraus, dass er die Fabel - ein über 70 Jahre alter Arzt und Psychologe steigt in einem Anfall von Eifersucht der erotischen Vita eines durch Selbstmord geendeten Freundes nach und findet heraus, dass auch seine eigene Frau zu dessen Eroberungen gehört hat - und deren Gestaltung für einigermaßen töricht hält. "Wortverliebt" findet er den Roman, zudem "nicht ganz überzeugend übersetzt" und darüber hinaus mit "unsicherer Kommasetzung" belastet, welche letztere natürlich weder dem Autor noch dem Erzähler anzulasten ist. Der Titel bezieht sich auf das berühmte Gemälde Gustave Courbets, "den Schamhügel einer gesichtslosen Frau" zeigend.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.05.2005

Hans Christoph Buch preist diesen Roman des chilenischen Autors Jorge Edwards ohne Scheu als "Perfektes Kunstwerk, dem die Quadratur des Kreises gelingt". Liebe und Sexualität, Tod und Altern, Politik und Kunst kommen in diesem schmalen Roman zur Sprache, und das mit Leichtigkeit, Spannung und Substanz, schwärmt der Rezensent. Der Autor schildert darin auf nur 165 Seiten die klassische Dreiecksgeschichte eines Ich-Erzählers, der den Verdacht hat, dass seine dreißig Jahre jüngere Frau ihn mit seinem besten Freund betrügt. Gleichzeitig beschreibt das Buch, das in Paris spielt, die Welt der Exil-Chilenen, die aus der Entfernung immer noch ihre ideologischen Kämpfe ausfechten und sich über die Militärdiktatur in die Haare kriegen, fasst der Rezensent zusammen. Für ihn stellt der Roman eine grandiose Mischung aus Kriminalroman, "Erotikthriller" und nicht zuletzt als "Hommage" an Paris dar, wobei er betont, dass darin keinerlei "Konzessionen an den vermeintlichen Publikumsgeschmack" gemacht werden. Buch meint, es wäre "unfair", wenn er etwas von der Auflösung des Buches oder den "Stationen", die darauf hin führen, verraten würde, aber er verspricht eine "rasant überdrehte Geschichte", die voller unabsehbarere "Überraschungen steckt. Auch die Übersetzung von Sabine Giersberg preist der begeisterte Rezensent trotz kleinerer "Ungereimtheiten" als "kongenial".

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 20.04.2005

"Gediegene Altherrenprosa" heißt das Etikett, das Katharina Deloglu dem recht kurzen Roman von Jorge Edwards verpasst. Der Chilene Edwards zählt in seiner Heimat zu den bekanntesten Autoren, seine literarische Abrechnung mit Kuba sorgte für viel Aufregung in der romanischen Welt, so Deloglu, aber bis heute harre dieser Text einer Übersetzung ins Deutsche, bedauert die Rezensentin. In Deutschland sei nur Edwards Neruda-Biografie bekannt. Nun also lanciert ihn der Wagenbach Verlag als Romancier mit einem Buch, das bei Deloglu nicht auf echte Gegenliebe stößt. Das liegt am monomanischen Ansatz, erklärt sie ihr Unbehagen. Die Geschichte: ein alternder Mediziner, ein in Paris lebender Exilchilene, verfängt sich in den endlosen Windungen der Eifersucht. Das sei zwar eine gelungene Karikatur des gehörnten Ehemannes, der wie ein eifriger Sherlock Holmes gegen seine angeblich ehebrüchige Frau ermittele, gesteht Deloglu zu, findet den Roman aber trotzdem "seltsam flach". Das liege unter anderem daran, dass viele Details, die das Leben der Emigrantenszene in Paris betreffen, unausgeführt blieben - Deloglu vermisst eine epischere Gestaltung des Stoffes. So liefert das Eifersuchtsdrama zwar "geschliffene literarische Unterhaltung", meint sie, bleibe aber oberflächlich.