Schuldt

Hamburgische Schule des Lebens und der Arbeit

Die vergehende Wahrheit
Cover: Hamburgische Schule des Lebens und der Arbeit
Berenberg Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783946334514
Gebunden, 136 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Das Abenteuer Hafen ist universell. Wasser, Schiffe und Handel. Das gab es in Schanghai, Antwerpen, Hong Kong, Liverpool, Alexandria oder New Orleans, verzweigt auch in Duisburg, Basel oder Budapest. Aber hier wird es in deutscher Sprache abgehandelt und darum Hamburg als Schauplatz gewählt. Wir erleben, wie ein eigentümlicher Kosmos aus hochspezialisierten Berufen, ausgetüftelten Werkzeugen, (heutzutage) rätselhaften Wörtern und noch rätselhafteren Gegenständen einen Menschenschlag geprägt hat, Lebensformen, eine ganze Stadt dargeboten in einem kulturhistorischen Zeitraffer. Allein schon die Berufe! Kornumstecher, Quartiersleute, vereidigte Dispatcheure, Stauervizen... Wir begreifen, was die Menschen jahrhundertelang beherrscht haben und noch vor zwei Generationen. Seither lag das im Dunkeln, bis dieses Buch uns, was Welt war, als Literatur zurückgibt.
Zwei Seiten des Lebens, für gewöhnlich meilenweit getrennt (in Büchern, die nie zueinander finden), schweißt Schuldt wieder zusammen: hier die Welt der Arbeit mit ihren Gerätschaften und Praktiken, dort die bürgerferne Welt der Arbeiter jenseits der Arbeit: Feierabend, verlässliche Kameradschaft, das Aufkeimen eigener sozialer Strukturen. Von dem prallen Leben der Arbeiter und Matrosen berichtet Schuldt, von ihren Vergnügungen und Spielen, den unwiederbringlichen Kneipen, von der mütterlichen "Filzlaus", von Chansonettentitten, Kakerlaken-Wettessen und einem Schiff voller Fliegerbomben. Und von der Zärtlichkeit, mit der gerade die ärmsten Teufel einander begegneten.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 06.02.2020

In Hamburg ist auch nichts mehr wie früher, lernt Rezensent Cord Aschenbrenner in diesem Buch des Hamburger Künstlers und Literaten Schuldt. "Weltberühmt" sei die Stadt nicht mehr, Straßennamen wie "Koreastraße" oder "Schanghai-Allee" seien eine "Schande" und von der Hafencity muss man gar nicht erst anfangen, liest der Kritiker hier - und amüsiert sich prächtig. Denn Schuldt, ein Hamburger alter Schule, der seinen Vornamen verschweigt, schreibt herrlich "eigensinnig" und legt ein so "schön gemachtes" Buch vor, dass auch Nicht-Hamburger ihre Freude daran haben werden, versichert Aschenbrenner. Die Geschichte des Hafens lernt er ebenso kennen wie die Herkunft des Grogs - und wenn Schuldt schlicht neue Straßennamen erfindet, gibt es ja noch die informativen Fußnoten, freut sich der Rezensent.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.06.2019

Rezensent Till Briegleb hat mit dem Hamburger Künstler Schuldt schon Salat gegessen, aber das nur nebenbei. Schuldts Erinnerungen an ein Hamburg der Malocher findet er angenehm systemkritisch, unsentimental, polemisch, doch parolenfrei und lakonisch, getragen von Wissen und Eigensinn. Wenn der Autor den "proletarischen Hafen" wiederauferstehen lässt, um ihn gegen den Immobilienwahn von heute zu schneiden, wenn er an Klaus Störtebeker und die "Palette" erinnert, wird Briegleb aber doch etwas nostalgisch zumute.
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