Thomas Piketty

Kapital und Ideologie

Cover: Kapital und Ideologie
C.H. Beck Verlag, München 2020
ISBN 9783406745713
Gebunden, 1312 Seiten, 39,95 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von  Nastasja Dresler, André Hansen, Enrico Heinemann, Stefan Lorenzer und Ursel Schäfer. Nichts steht geschrieben: Der Kapitalismus ist kein Naturgesetz. Märkte, Profite und Kapital sind von Menschen gemacht. Wie sie funktionieren, hängt von unseren Entscheidungen ab. Das ist der zentrale Gedanke des neuen Buches von Thomas Piketty. Der berühmte Ökonom erforscht darin die Entwicklungen des letzten Jahrtausends, die zu Sklaverei, Leibeigenschaft, Kolonialismus, Kommunismus, Sozialdemokratie und Hyperkapitalismus geführt und das Leben von Milliarden Menschen geformt haben. Seine welthistorische Bestandsaufnahme führt uns weit über Europa und den Westen hinaus bis nach Asien und Afrika und betrachtet die globalen Ungleichheitsregime mit all ihren ganz unterschiedlichen Ursachen und Folgen. Doch diese eindrucksvolle Analyse ist für Thomas Piketty kein Selbstzweck. Er führt uns mit seinen weitreichenden Einsichten und Erkenntnissen hinein in die Krise der Gegenwart. Wenn wir die ökonomischen und politischen Ursachen der Ungleichheit verstanden haben, so Piketty, dann können wir die notwendigen Schritte für eine gerechtere und zukunftsfähige Welt konkret benennen und angehen. Kapital und Ideologie ist das geniale Werk eines der wichtigsten Denker unserer Zeit, eines der Bücher, die unsere Zeit braucht. Es hilft uns nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 25.05.2020

Fulminant findet Volkmar Mühleis Thomas Pikettys Antwort auf all die Stimmen, die eine soziale Vision für Europa, globale Geschichte und Ideologiekritik für passé halten. Wenn der französische Ökonom darstellt, wie sich Ungleichheit historisch hat rechtfertigen müssen, dann lernt Mühleis nicht nur eine Menge über feudale Herrschaft, bürgerliche Demokratie und Neoliberalismus. Piketty zeigt ihm auch, was politischer Wille vermag: Zum Beispiel wurden Deutschland bereits 1932 die Kriegsschulden erlassen, während Haiti bis zum Jahr 1950 unter den Schulden ächzen musste, die ihm 1825 auferlegt wurden, weil Frankreichs ehemaligen Sklaven es gewagt hatten, sich selbst zu befreien. Und wo kein Wille ist, ergänzt, Mühleis, ist auch kein Weg: Trotz Digitalisierung und Big Data können die Staaten immer noch die Steuerdaten international erfassen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 28.03.2020

Die hier rezensierende Politikerin Sahra Wagenknecht rät zur Lektüre von Thomas Pikettys Buch. Vorstände sozialdemokratischer und linker Parteien, meint sie, erfahren hier, an welcher Stelle sie ihre Wähler im Stich gelassen haben und wo sie sich einem Meinungsstreit entziehen. Was der Autor als "nüchterner Ökonom" und unter Einbezug "gewaltiger Datenmengen" über den langen Atem struktureller Mängel im System wie Ungleichheit, bestimmte Gesetzesvorgaben oder die ökonomische Macht der "Oberschicht" zu sagen hat, findet Wagenknecht richtig, mitunter ergänzungsbedürftig, aber immer aktuell, ganz besonders in Zeiten der Krise, meint die Rezensentin. Aber auch die "Brahmanische Linke" bekommt ihr Fett weg, die Arbeiter und einfache Angestellte den Rechten zugetrieben habe, freut sich Wagenknecht.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 27.03.2020

Rezensentin Simone Miller sieht in Thomas Pikettys neuem Buch einen wichtigen Impuls dazu, die Gestaltung unserer Gesellschaft in die Hand zu nehmen. Laut Piketty geht das mit Umverteilung, Grundeinkommen, Mitbestimmung und radikalen Steuerreformen. Dass Piketty mitunter wenig scharf argumentiert, wenn er als "Alleserklärer" auftritt, verzeiht Miller dem nach einem partizipativen Sozialismus trachtenden Autor. Dafür ist der Anspruch des Buches auch immens, meint sie, ebenso die empirisch ausgewertete Datenmasse dieser Globalgeschichte des Kapitalismus in Exkursen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.03.2020

Die hier rezensierende, an der London School of Economics lehrende Ökonomin Waltraud Schelkle hält Thomas Piketty für den Karl Marx des 21. Jahrhunderts. Pikettys "Globalgeschichte der Ungleichheit" liest sie als "Schlachtfest der Ideologien" vom Mittelalter über das vorkoloniale Indien bis ins 21. Jahrhundert, wo es laut Autor keine Rechtfertigung mehr gibt für "Manifestationen von Ungleichheit", so Schelkle. Dass der Autor zugleich erläutern muss, warum Umverteilung heute kein Hit ist, findet Schelkle spannend. Aber Pikettys Versuch, den Kapitalismus gerechter zu machen, hat auch Konsequenzen, meint sie: Ohne eine den Nationalstaaten übergeordnete transnationale Demokratie sei das nicht zu haben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 11.03.2020

Rezensent Arno Widmann bekennt, Thomas Pikettys 1300-seitiges Monumentalwerk nur kursorisch gelesen zu haben. Trotzdem ist er überwältigt von dem Schwung und dem Ansatz, im historischen Vergleich zu erforschen, wie Gesellschaften ihre Ungerechtigkeit ideologisch begründeten. Widmann scheint es, als hätte Piketty nach seinem Weltbestseller "Das Kapital im 21. Jahrhundert" erkannt, dass Zahlen allein die Menschen nicht auf die Barrikaden treiben, also liefert er nun Ideologiekritik hinterher. Gut so, findet Widmann. Denn Piketty stelle klar, dass Gesellschaften sich nicht durch einen Vertrag unter Gleichen bilden, sondern unter Ungleichen. Zwei Punkte bedauert Widmann: Dass Piketty etwas unterschätzt, wie Ideologie nicht nur als Rechtfertigung dient, sondern auch Überlegenheitsgefühle transportiert. Und völlig unverständlich erscheint Widmann, dass Piketty die Ungleichheit von Frauen nicht thematisiert.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.03.2020

Thomas Piketty ist ein radikaler Sozialdemokrat, erkennt Rezensent Andreas Zielcke. Aber auch wer gegen einen sozialdemokratischen Impetus immun sein sollte, meint Zielcke, könne sich der Schlagkraft seiner Diagnose kaum entziehen. Dabei lernt Zielcke vor allem, wie sich die Bedeutung des Eigentums in den vergangenen Jahrhunderten veränderte. In feudalen Zeiten ging mit dem Grundbesitz auch ein hoheitliches Herrschaftsverhältnis einher, erst im bürgerlichen Zeitraum nach der Französischen Revolution wurde das Eigentum eigentlich ein privater Besitz. Es folgte das sozialdemokratische Zeitalter, in dem sich der Sozialstaat dreißig Prozent des Nationaleinkommens sicherte, bis ab 1980 der Neokapitalismus die öffentliche Daseinsvorsorge zurückschraubte. Zielcke wendet zwar ein, dass dies weniger der Verherrlichung des Eigentums geschuldet sein könnte als der des Marktes, aber seiner generellen Hochachtung vor dieser aufklärerischen Studie, deren Statistiken er interessant und deren Vorschläge er wegweisend findet, tut dies keinen Abbruch.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 11.03.2020

Ulrike Herrmann interessiert sich nicht die Bohne für Thomas Piketty. Was er zu sagen hat, weiß sie schon und eigentlich auch besser. Bereits sein erstes Großwerk "Das Kapital im 21. Jahrhundert" fand sie nur ermüdend, seine Annahmen und Analysen zur wachsenden Ungleichheit allesamt falsch. Was Piketty nun in "Kapital und Ideologie" über die politische Rechtfertigung von sozialer Ungleichheit in verschiedenen Gesellschaften zu sagen hat, lockt die Kritikerin auch nicht hinterm Ofen hervor. Als "Datenbrei" qualifiziert sie in ihrer etwas anmaßenden Besprechung seinen Abriss der Geschichte ab, als oberflächlich und uninformiert. Und da der Autor seine Datenbestände mit dem Projekt World Inequality Database für jeden zugänglich ins Netz gestellt habe, gibt es in den Augen der Rezensentin erst recht keinen Grund mehr, sein Buch zu lesen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 09.03.2020

Rezensent Gerald Braunberger hält nicht viel von Thomas Piketty, und dessen neues Buch "Kapital und Ideologie" behagt ihm gar nicht, wie er in seiner flott gelieferten Rezension deutlich macht. Piketty wendet sich darin gegen die Vorstellung, dass Ungleichheit zwangsläufiges Ergebnis der Marktwirtschaft oder einer auf privatem Eigentum beruhendem Gesellschaft sei, für Piketty ist sie Ergebnis einer bewussten, ideologisch unterfütterten Entscheidung. Wie der französische Ökonom das belegt, erfahren wir von Braunberger nicht. Dem Rezensenten reichen schon Piketty Vorschläge, Eigentum zeitlich zu begrenzen oder die Vermögenssteuer auf neunzig Prozent anzuheben, um das Buch mit spitzen Fingern wegzulegen.
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