Dietmar Neutatz

Die Moskauer Metro

Von den ersten Plänen bis zur Großbaustelle des Stalinismus (1897-1935). Habil.
Cover: Die Moskauer Metro
Böhlau Verlag, Köln 2001
ISBN 9783412125004
Gebunden, 678 Seiten, 70,56 EUR

Klappentext

Unter enormen wirtschaflichen und technischen Anstrengungen und mit großem propagandistischem Aufwand wurde von 1931 bis 1935 unter Stalin ein Bauvorhaben in die Tat umgesetzt, für das es erste Planungen schon im zaristischen Russland gegeben hat: Unter der Devise "Das ganze Land baut die Metro" wurde die Moskauer U-Bahn als Symbol des Aufbruchs in eine bessere Zukunft stilisiert. Der Autor untersucht den U-Bahn-Bau von der Planungsphase und den ersten Projekten bis zur Inbetriebnahme der Metro im Jahr 1935. Dabei wird das weitverbreitete, von der sowjetischen Propaganda beeinflusste Bild von den enthusiastischen Metrobauern in wesentlichen Aspekten revidiert. Die Geschichte des Baus dient als Musterfall, um den Alltag, die Mentalitäten, Verhaltensweisen und Herrschaftsstrukturen des Stalinismus zu begreifen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.04.2002

Beeindruckt von der gelungenen und übersichtlichen Bewältigung des umfangreichen Archivmaterials lobt Rezensentin Katharina Kucher die Sorgfalt und die "besondere Qualität" dieses Werkes. Plausibel interpretiert der Autor den Bau der Moskauer Metro als erklärten Krieg, in dem es Fronten gab und gegen Feinde Siege errungen wurden, schreibt sie. Bedauernd stellt die Rezensentin fest, dass es in dieser "detailverliebten" Entstehungsgeschichte nicht um die Metro und ihre Bedeutung an sich geht und so auch der Aspekt der ästhetischen Gestaltung nur wenig Beachtung findet. Dabei verdiene doch die weltberühmte Ästhetik des Bauwerkes auch als Sprache der Macht besondere Aufmerksamkeit, die besonders bei der vom Autor formulierten Betrachtung "aus mehreren Perspektiven" nach Ansicht Kuchers unabdingbar sei.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 16.03.2002

Dorothea Trottenberg ist voll des Lobs über Dietmar Neutatz' Habilitationsschrift zur Moskauer Metro. Das zentrale Thema der Studie sei die Frage, wie sich der unglaubliche Enthusiasmus der Bevölkerung für den Metro-Bau mit den schlechten Alltagsbedingungen dieser Zeit in Einklang bringen lässt. Der Autor untersuche dies sehr detailliert, indem er die Lebensumstände der verschiedensten, mit diesem Unterfangen im Zusammenhang stehenden Bevölkerungsschichten in seine Untersuchung einbeziehe, lobt die Rezensentin. Auf diese Weise habe er nicht nur ein ungemein informatives, sondern zudem auch noch spannendes Buch hervorgebracht, dessen Lektüre der Rezensentin offenbar großes Vergnügen bereitet hat.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.11.2001

Mit seiner Studie über die Moskauer Metro will der Historiker Dietmar Neutatz einen "Beitrag zur Stalinismusforschung leisten, indem er Alltag, die Mentalitäten und die Herrschaftsstrukturen am Bau analysiert", schreibt Julia Encke. Auf knapp 700 Seiten rekonstruiert der Autor mit einer Fülle an Archivmaterial bis ins Detail die Geschichte der Moskauer Metro, die mit Kapitel über Baupläne und Ingenieure zuweilen den Charakter einer Enzyklopädie hat, so Encke. Der Autor widme sich vor allen Dingen der Untersuchung der "Verbindung aus Propagandaarbeit und Arbeitseinsatz", denn "mit seinen Extrembedingungen eignete sich der Metrobau für die Jungkommunisten als Ersatz für die versäumte Teilhabe an Revolution und Bürgerkrieg", erläutert die Rezensentin. Spannend findet sie auch den Anhang des Buches, der auf die "Geheimen Linien" verweist, ein zweites U-Bahn Netz zur militärischen Nutzung, zu dessen Existenz die Archive aber nur vage Informationen geben. Dass die Metrolinie nach Kiew, eigentlich eine zu Stalins Datscha war, weiß man heute. Wenn man den Staub der Archive mag, meint Julia Encke, dann liest sich das Buch auch als eine interessante "Geschichte der Arbeit und Disziplinierung".
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