Eva Illouz

Warum Liebe weh tut

Eine soziologische Erklärung
Cover: Warum Liebe weh tut
Suhrkamp Verlag, Berlin 2011
ISBN 9783518585672
Gebunden, 467 Seiten, 24,90 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Michael Adrian. Warum tut Liebe weh, jedenfalls gelegentlich? Was fasziniert uns noch heute an Figuren wie Emma Bovary oder Heathcliff und Catherine, den unglücklich Liebenden aus Emily Brontes "Sturmhöhe"? Und vor allem: Was unterscheidet uns von ihnen? Gibt es einen Unterschied zwischen dem Liebeskummer zu Zeiten Jane Austens und der Art und Weise, wie wir ihn heute erfahren und damit umgehen?
"Ja", sagt Eva Illouz und widmet sich in ihrem neuen Buch der Schattenseite der Liebe. Sie zeigt, inwiefern der Liebesschmerz wesentlich von den gesellschaftlichen Bedingungen der jeweiligen Zeit geprägt wird und keineswegs ein rein individuelles Problem ist, wie uns etwa Beziehungsratgeber weismachen wollen. Das Leiden an der Liebe ist ein soziologisches Phänomen, das Illouz untersucht wie einst Marx die Ware im Kapitalismus: in Begriffen des Tauschs zwischen ungleichen Marktteilnehmern. In sechs Kapiteln entfaltet sie die Ursachen zeitgenössischen Liebesleidens sowie die Spezifika des heutigen Umgangs mit Beziehungskrisen. Die digitalen Heiratsmärkte spielen dabei ebenso eine Rolle wie die neuen Mechanismen der Partnerwahl und der strategische Umgang mit der romantischen Vorstellungskraft.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 03.11.2011

Andrea Roedig würdigt den ambitionierten Versuch von Eva Illouz, die große historische Veränderung, die die Liebe im Übergang zur Moderne erfahren hat, soziologisch zu erfassen, als gewinnbringende und erhellende Lektüre, am Ende bleibt bei der Rezensentin aber ein Unbehagen zurück. Überzeugend kann die Soziologin, die in ihrer Untersuchung jedes Psychologisieren meidet, zeigen, wie sich in der Moderne die Kriterien für die Partnerwahl grundlegend geändert und die Möglichkeiten fast unendlich erweitert haben, so die Rezensentin interessiert. Auch Illouz' Analyse der Liebeswahl als grundsätzlich durchaus ökonomischen Prinzipien gehorchende findet Roedig bedenkenswert und wenn Illouz "Ironie" als bestimmendes Muster für den heutigen Liebesdiskurs ausmacht, liest Roedig das gefesselt. Etwas fragwürdig bleibt in den Augen der Rezensentin allerdings, dass Illouz Beispiele aus der Hochliteratur des 19. Jahrhunderts mit Blogs, Internetforen oder Kolumnen vergleicht. Und weil die Autorin mit ihrer Untersuchung auf große Thesen zielt, läuft sie nicht selten Gefahr, zu Schlüssen zu kommen, die über Geschlechterklischees nicht hinauskommt, moniert Roedig, die sich nichtsdestotrotz dem Plädoyer für die "leidenschaftliche Liebe", in die Illouz' Buch mündet, gern anschließt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.10.2011

Wenn die Liebe scheitert, sucht jeder die Schuld bei sich. Es ist ein individuell, kein gesellschaftlich verursachtes Unglück. Genau das möchte die israelische Soziologin Eva Illouz so nicht stehen lassen, erklärt Rezensent Jens Bisky. Denn in der heutigen Gesellschaft ist auch die Liebe von rationalen und ökonomischen Überlegungen durchdrungen. Man muss sexuell attraktiv sein und nach Maß lieben. Selbstaufopferung oder Hingabe wirken heute eher neurotisch als romantisch. Männer agieren am geschicktesten auf diesem Markt der Gefühle, hat Bisky gelernt. Ihre "Bindungsangst" sorgt für Knappheit auf dem Heiratsmarkt und macht sie so Frauen, deren biologische Uhr tickt, überlegen. Auch moderne "Suchtechniken" bei der Partnerwahl sorgen für eine Rationalisierung der Liebe. Bisky findet Illouz' Analyse "sehr überzeugend", aber er hätte sich noch ein Kapitel gewünscht, das die Bedeutung von Einkommen und Mobilität bei der Liebeswahl untersucht.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 06.10.2011

Zwar findet Rezensentin Susanne Mayer nicht alles hundertprozentig überzeugend in diesem Buch der israelischen Soziologin Eva Illouz, aber klar ist für sie, dass man über die Liebe nicht mehr wird kompetent sprechen können, wenn man es nicht gelesen hat. Illouz betrachtet darin mit soziologischen Besteck, das sie an den Analysen Pierre Bourdieus geschärft und an den Gedichten Emily Dickinson feingeschliffen hat, den Liebes- und Heiratsmarkt, der wie alle anderen auch vor allem eines ist: dereguliert. Alte gesellschaftliche Zwänge sind obsolet geworden, vorrangiges Kriterium sei der Sexappeal geworden, was wiederum Männern einen biologischen Vorteil verschaffe. Mayer ahnt Böses für die neuen Liebesbeziehungen: Wenn Liebe zum Investmentmanagement wird, sieht sie bald so trostlos aus wie der griechische Staatshaushalt.