Walter Muschg

Tragische Literaturgeschichte

Cover: Tragische Literaturgeschichte
Diogenes Verlag, Zürich 2006
ISBN 9783257065312
Gebunden, 752 Seiten, 29,90 EUR

Klappentext

Mit einem Nachwort von Urs Widmer und einer Vorbemerkung von Walter Muschg. Eine Literaturgeschichte, die dem tragischen Urgrund aller Dichtung nachspürt und die Frage beantwortet: Was macht einen Menschen zum Künstler? Anhand von Beispielen aus der gesamten Weltliteratur entsteht eine Galerie großer Geister und ihrer Werke auf dem Hintergrund ihrer persönlichen Tragödien.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 20.05.2010

Als "sperrig-ethische Feier des literarischen Außenseitertums" und Kampfansage an die diplomierte Produktion und Zertifizierung literarischer Mittelmäßigkeit hat Hans-Peter Kunisch diese Literaturgeschichte des Baseler Germanisten genossen, der er deutlich mehr Beachtung wünscht. Das Buch sei zuerst bereits 1948 erschienen und schon vor drei Jahren neu aufgelegt worden. Doch sein analytischer Biss sowie der souveräne Geschmack ihres Autors machen die Texte des Buches für den Rezensenten auch heute noch zum Ereignis.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 25.07.2009

Als "längst klassisch" erscheint Rezensent Heinz Schlaffer die "Tragische Literaturgeschichte" des Schweizer Germanisten Walter Muschg (1898-1965), die nun in einer Neuausgabe vorliegt. Er würdigt Muschg als Ausnahmeerscheinung seines Fachs, lobt insbesondere dessen Scharfsinn, Belesenheit und Sprachmächtigkeit. Die "Tragische Literaturgeschichte" sieht er in der Tradition von Jacob Burckhardts und Friedrich Nietzsches tragischer Literaturauffassung. Der Mythos von Orpheus verkörpere für Muschg das Inbild des "Tragischen", die "dämonische Grundlage, auf der das poetische Vermögen des Dichters auch in nachmythischer Zeit beruhe". Auch wenn letztlich unentschieden bleibt, worin dieses "Dämonische" besteht, findet Schlaffer Muschgs Gang durch die europäische Literatur auf der Suche nach Magiern, Sehern, Sängern, Gauklern, Priestern unter großen Autoren wie Shakespeare, Grimmelshausen, Goethe beeindruckend und überzeugend.
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Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 13.01.2007

Wenn es eine Literaturtheologie gibt, dann ist Walter Muschg ihr Hohepriester, glaubt die Rezensentin Beatrice von Matt, nachdem sie sich nur unter Mühen dem verführerisch einnehmenden, "herrischen" und "scharf urteilenden" Gestus dieses literaturgeschichtlichen Klassikers entziehen konnte. Muschgs Horizont sei weit und seine Herangehensweise insofern ahistorisch, als er Archetypen des Dichters (der "Magier", der "Sänger" oder auch der "Seher") ausmache, diese Figuren über Jahrhunderte hinweg verfolge und dabei erstaunliche Filiationen, die sich einer Art "Seelenwanderung" verdanken, zutage befördert. Sein "Fluchtpunkt", erklärt die Rezensentin, ist und bleibt Goethe, der als "dichterischer Übervater" alle Typen in sich zu vereinen scheint, und dabei zu einer Art "Gott der Verwandlung" gerät, was ihn weitaus "dämonischer" erscheinen lässt als das gängige Goethe-Bild nahelege. Überhaupt beweise Muschg einen erstaunlichen "Sinn für Zerrissenheiten". Sehr gefallen hat der Rezensentin auch das, was nicht harsche Verwerfung und nicht heiße Lobpreisung ist: entspannte, und vielleicht gerade dadurch wertvolle Porträts sogenannter Randfiguren. Insgesamt, so die Rezensentin, hat man es bei Muschgs "Tragischer Literaturgeschichte" mit einem "Monument eigenwilliger Kulturdeutung" zu tun, das gleichzeitig durch seinen weihevollen Pathos befremdet und bass erstaunt macht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.10.2006

Erfreut zeigt sich Rezensent Christoph König von dieser Neuauflage von Walter Muschgs erstmals 1953 erschienenen "Tragischen Literaturgeschichte". Besonders faszinieren ihn die Kraft und Entschiedenheit, mit der Muschg große Fragen stellt und beantwortet. Im Mittelpunkt des Werks sieht er die Welterkenntnis durch den Schmerz, wie sie von großen Dichtern geleistet wird. In großen Worten ist die Rede von Sehern, Sängern, Gauklern, von Orpheus und Vergil, und vom Göttlichen, von dem die Tragik ausgehe. Gerade im Blick auf die kulturellen Ursachen des Dritten Reiches attestiert König dem Autor eine enorme Hellsichtigkeit. Allerdings hat er Probleme mit den geschichtsphilosophischen Grundlagen des Werks. So hält er Muschg eine Tendenz zur Enthistorisierung der Literaturgeschichte vor, die er durch ein pessimistisches Geschichtsbild ersetze. Außerdem moniert er Muschgs "verhängnisvolle Dialektik", "den Gegenständen durch große Ideen Tragweite geben zu wollen und sie genau dadurch zu erniedrigen."
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 18.08.2006

Dieses Buch fleißig lesen! So lautet der Aufruf des Rezensenten, selbst wenn der Text auch mehr als 50 Jahre auf dem Buckel hat. Und warum? Das neue Nachwort von Urs Widmer findet Hans-Herbert Räkel schon mal meisterlich und empfiehlt es dem Leser als Einstieg in die Literaturgeschichte. Die aber hat es nach wie vor in sich, findet Räkel und erhebt sie zu einem "erstrangigen Dokument des europäischen Geistes". Das liegt an ihrem Ersterscheinungsdatum "in der falschen Stunde Null", vor allem aber liegt es an der Haltung ihres Verfassers Walter Muschg, einem Humanisten mit einem ebenso scharfen wie distanzierten Blick. Begeistert und kritisch zugleich nennt Räkel sie und bewundert nicht nur die große Gelehrtheit des Autors bei der typologischen Systematisierung der Weltliteratur, sondern auch dessen Abstand, wenn es um die Bewertung der älteren Literaturwissenschaft geht. Seltene Ausblicke über die abendländische Kultur aber auch ironisch-Anekdotisches aus dem Dichter-Leben verdankt Räkel dieser Lektüre. Ihren stark polarisierenden, manchmal apodiktischen Charakter nimmt er dafür in Kauf. Ebenso wie den ein oder anderen Fehltritt des Autors, etwa auf dem Gebiet mittelalterlicher Texte.
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