Tomas Eloy Martinez

Purgatorio

Roman
Cover: Purgatorio
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010
ISBN 9783100489258
Gebunden, 297 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Spanischen von Peter Schwaar. Kann man einen Menschen herbeilieben? Eine Frau glaubt nicht, dass die Todesschwadron ihren Mann getötet hat. Sie ist fest überzeugt, dass er lebt, und folgt Spuren und Hinweisen von Buenos Aires nach Rio, von Nicaragua nach Mexiko, bis er schließlich in New Jersey auftaucht. Ist es ein Traum, oder hat die Sehnsucht ihn wirklich herbeigeliebt?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.03.2011

Rezensent Karl-Markus Gauß trauert dem argentinischen Autor Tomas Eloy Martinez nach, einem großen Journalisten und begnadeten Erzähler der beides in diesem Text vereinen konnte, Realität und Halluzination. Indem Martinez noch einmal die Geschichte seines Landes in der Zeit zwischen 1976 und1984 aufrollt, vom Verschwinden der Menschen in der Militärdiktatur und der Bedeutung für die Hinterbliebenen erzählt, gelingt ihm laut Gauß eine sehr persönliche, sehr traurige Geschichte, in der sich das Dokumentarische und das Kunstfertige begegnen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 05.10.2010

Christoph Bartmann hat Tomas Eloy Martinez' Roman "Purgatorio", der jetzt nach dem Tod des argentinischen Autors Anfang des Jahres auf Deutsch erscheint, nicht zuletzt als Synthese seiner Erfahrungen als investigativer Journalist in Argentinien und als dem Magischen Realismus zugeneigter Romancier gelesen. Und so ist dieses Buch zur Hälfte die Liebesgeschichte von Emilia und Simon, der während der Militärdiktatur verschwindet und den Emilia nach dreißig Jahren ungealtert in New Jersey wieder entdeckt zu haben meint. Hier kommt der Rezensent nicht umhin, sich über die "altbackene" Übersetzung zu mokieren, die insbesondere in Szenen der körperlichen Annäherung unfreiwillige Komik bringt. Die andere Hälfte greift Reportage-Elemente auf, wenn aus der bewegten politischen Geschichte Argentiniens erzählt wird. Ein Erzähler, den Emilia in New Jersey trifft und in dem Bartmann große Ähnlichkeit zum Autor ausmacht, weiß von Dingen aus der argentinischen Vergangenheit zu berichten, die Emilia "selber lieber gar nicht wissen würde", etwa dass ihr Vater selbst dafür gesorgt hat, dass ihr Mann von den Todesschwadronen abgeholt wurde. So manche "absurde Anekdote" weiß dieser Erzähler noch aus der Diktatur zu erzählen und hier schwankt der Rezensent, ob es sich dabei um Reales oder wirklich gut Erfundenes handelt. So viel wird Bartmann jedenfalls klar: Martinez setzt mit seinem magischen Realismus sehr wirkungsvoll eine "Art Gegenzauber gegen die staatliche Propaganda".
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.10.2010

Den Rezensenten Jakob Strobel Y Serra trifft dieses Buch ins Mark. Bis zum Ende (das allerdings glücklich ist, wie wir erfahren) zeigt der Autor kein Erbarmen mit seinem Leser, spendet keinen Trost, wie der Rezensent uns warnend erklärt. Das Thema gibt es einfach nicht her: Die Tragödien der Verschwundenen und ihrer Hinterbliebenen in Argentiniens Militärdiktatur 1976 bis 1982. Dabei lässt der Autor den Rezensenten lange im Ungewissen über Wirklichkeit und Illusion, so lange, dass Y Serra angesichts all der von der Hauptfigur memorierten Verheerungen wünscht, das Reale wäre Vorstellung. Wenn sie den verschwundenen Partner herbeiträumt, wünscht sich der Rezensent dann umgekehrt, es wäre wahr. Dass der Autor dabei nicht die Contenance verliert, sondern seinen Abscheu und Ekel gegen die Willkür und Gewalt der Militärs im Zaum hält und scharfsinniger, subtiler, sprachlich elegant und manchmal mit Humor die Bigotterie der Junta demaskiert, hält Y Serra für stark.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.09.2010

Rezensent Jörg Plath ist nicht nur leicht irritiert von Tomas Eloy Martinez Roman, der sich nichts Geringeres als das Trauma der argentinischen Militärdiktatur zum Thema gemacht hat, er ist schlichtweg entsetzt. Seine Fazit nach der Lektüre: "Möge dieses Purgatorium jedem Leser erspart bleiben". Die mit magischem Realismus eingefärbte Erzählung leidet Plaths Meinung nach an kompletter Überfrachtung. Der Autor "geizt weder mit Themen noch mit Anspielungen". Doch vieles davon wird nur angedeutet, nicht ausgeführt. Überhaupt scheint Martinez mit den "wohlfeilen Zutaten" nichts anzufangen wissen, schimpft Plath, die Geschichte verkomme zum "traurigen Drama". Die misslungene Übersetzung von Peter Schwaar tut in Plaths Augen ihr übriges, den Roman komplett zu vernichten.