Karin Hunn

Nächstes Jahr kehren wir zurück ...

Die Geschichte der türkischen 'Gastarbeiter' in der Bundesrepublik
Cover: Nächstes Jahr kehren wir zurück ...
Wallstein Verlag, Göttingen 2005
ISBN 9783892449454
Gebunden, 598 Seiten, 46,00 EUR

Klappentext

Als die Bundesanstalt für Arbeit 1961 eine Anwerbestelle in der Türkei einrichtete, geschah dies in der Absicht, dort lediglich den Ersatzbedarf an "Gastarbeitern" zu decken. Bis zum Anwerbestopp 1973 reisten allerdings etwa 865.000 überwiegend männliche türkische Arbeitskräfte in die Bundesrepublik. Obwohl ihre hohen Erwartungen an die Verdienstmöglichkeiten und an das Leben in Westdeutschland rasch enttäuscht wurden, wollten die meisten von ihnen zumindest so lange ausharren, bis sie ihre Zukunft in der Türkei finanziell gesichert hätten. Ihre Sparziele erreichten sie jedoch nur selten. Was als vorübergehender Aufenthalt gedacht war, mündete in einen schleichenden Einwanderungsprozess: Die Arbeiterwohnheime wurden verlassen, Ehepartner und Kinder nachgeholt, türkische Lokale und Geschäfte eröffnet, politische und kulturelle Vereine gegründet.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.05.2006

Dieser Band ist ambitioniert, denn er will eine Art Gesamtdarstellung der bundesrepublikanischen Gastarbeitergeschichte leisten. Der Ansatz, nicht nur bundesdeutsche, sondern auch türkische Quellen in die Analyse mit einzubeziehen, überzeugt den Rezensenten Andreas Rödder dabei durchaus. Allerdings findet er es wiederum bedauerlich, dass vor allem die türkische Presse zu Rate gezogen wurde. Als Grunddilemma stellt die Autorin einen Mangel an Realismus heraus, so Rödder: Weder die offizielle Politik noch die türkischen Gastarbeiter selbst wollten der Tatsache ins Auge sehen, dass es nicht um einen vorübergehenden Aufenthalt ging - und dass deshalb eine Einwanderungspolitik vonnöten gewesen wäre. Heraus kam so nur die wenig weitsichtige Einrichtung in einem "Dauerprovisorium". Mit dem Grundzug dieser Diagnose zeigt sich Rödder einverstanden. Er bemängelt dennoch manche Einseitigkeit, insbesondere in der allzu eindeutigen Betonung der "Opfer"-Situation der türkischen Gastarbeiter.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 26.04.2006

Mit Gewinn hat Frank Keil diese "faktenreiche" und "gut lesbare" Studie gelesen, nicht zuletzt auch deshalb, weil Hunn sich in der Bewertung der Fakten angenehm zurückhält und "in guter Historikertradition darauf vertraut, dass die Leser sich ein Bild machen werden". Es sind vor allem drei Befunde, die hier unaufgeregt und schlüssig erläutert werden, meint Keil: Zum einen, dass gerade im konservativen Milieu der damaligen Bundesrepublik die "Türkei als selbstverständlicher Teil Europas" angesehen wurde, während in den Gewerkschaften, trotz anderslautender Parolen, erhebliche Vorbehalte gegen Zuwanderer existierten. Vor allem aber, so der Rezensent, räumt dieses Buch faktenreich mit dem immer wieder kolportierten Gerücht auf, dass mit den türkischen Gastarbeitern ausschließlich schlecht ausgebildete anatolische Bauern nach Deutschland kamen, "an deren Menschwerdung sich der deutsche Sozialarbeitermichel bis heute abzuarbeiten hätte".