Alice Schwarzer

Die große Verschleierung

Für Integration, gegen Islamismus
Cover: Die große Verschleierung
Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 2010
ISBN 9783462042634
Kartoniert, 272 Seiten, 9,95 EUR

Klappentext

Die große Verschleierung: ein Buch über die Hindernisse erfolgreicher Integrationspolitik, über die politisch-symbolische Dimension der Verschleierung muslimischer Frauen, aber auch über die Verschleierung der islamistischen Gefahr durch Kulturrelativisten in deutschen Medien.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 26.10.2010

Heide Oestereich hat mit dem von Alice Schwarzer herausgegebenen Band, in dem mangelnde Integration und Islamismus anprangert wird, ein Problem. In den Augen der Kritikerin geht es Schwarzer sowohl in den wiederabgedruckten älteren Beiträgen aus der "Emma" als auch in den eigens für den Band geschriebenen Texten vor allem darum, "Alarm" zu schlagen, und das, obwohl das Thema ja ohnehin in aller Munde ist, wie die Rezensentin bemerkt. Neben ihrem aufgeregten Anprangern von Missständen, die ja wohl bekannt seien, habe der Band für die erkannten Probleme zudem keine Lösungsvorschläge zu machen, so Ostereich. Ohnehin findet sie Schwarzers Rede von "Verschleierung" und unbemerkter "Unterwanderung" angesichts der sich durch alle politischen Lager ziehenden Debatte ziemlich übertrieben. Immerhin, einige Auslandsreportagen und Beiträge anderer Autorinnen sowie Schwarzers Reisereportage aus dem Iran von 1979 haben das Interesse der Rezensentin geweckt.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 28.09.2010

Eigentlich könne man an Alice Schwarzers Reader gegen das islamische Kopftuch "mit einem Achselzucken" vorübergehen, schreibt Thomas Steinfeld, dann reserviert sich der Feuilletonchef der SZ aber doch den Aufmacherplatz und 250 Zeilen, um ihn mit letzter Kraft in den Boden zu rammen. Interessant ist, dass sich Steinfeld, der in früheren Debatten den Begriff der "westlichen Werte" nur in Anführungszeichen anfasste, neu positionieren zu wollen scheint - nämlich in vermeintlicher Äquidistanz zwischen "Multikulti" und "Islamkritik". Diese Position fällt aber schnell in sich zusammen, wenn Steinfeld darlegt, dass das Christentum ähnlich totale Ansprüche an Person und Gesellschaft wie der Islam stelle, ohne zu erwähnen, dass sich das Christentum hierzulande notgedrungen in jenem säkularen Rahmen bewegt, den prononciertere islamische Strömungen gerade nicht anerkennen - und das bildkräftigste Symbol hierfür ist das Kopftuch. Argumentativ lässt sich Steinfeld auf das Buch in dem langen Artikel überraschend wenig ein, bemängelt aber, dass es nur dazu diene, "den fremden Glauben und seine militanten Anhänger vorzuführen", statt einen verstehenden Ansatz zu suchen. Am Ende fragt Steinfeld, ob man die Muslime nun "alle miteinander in ein Ghetto sperren" solle, wirft Schwarzer Männerfeindlichkeit vor und stellt ihren Feminismus in die Nähe von Verschwörungstheorien und fremdenfeindlichen Ideologien.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.09.2010

Patrick Bahners wird überhaupt nicht glücklich mit diesem von Alice Schwarzer herausgegebenen Sammelband mit Artikeln aus der "Emma". Ganz schlimm findet Bahners Schwarzers Sympathie für Sarkozy und den französischen Laizismus, der am liebsten gleich alle Gläubigen, alle Religionen der Mehrheitsherrschaft unterordnet, hier sieht er einen "jakobinischen Feminismus" und ein ebensolches Demokratieverständnis am Werk. Eine antiliberale Haltung, die sich für Bahners auch in der von ihm so gesehenen islamkritische Standardwendung von der falsch verstandenen Toleranz zeigt. Besonders apart allerdings ist, wie Bahners auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau rekurriert: Wenn der liberale Rechtsstaat die Abtreibung erlaube, müsse er doch Frauen auch das Kopftuch zugestehen. Negativ kreidet Bahners dem Buch außerdem den Kreuzzugscharakter an, Wiederholungen und einige ältere Beiträge, etwa von Elisabeth Badinter.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 16.09.2010

Als ein wichtiges Buch zur aktuellen Integrationsdebatte begrüßt Iris Radisch Alice Schwarzers neues Buch "Die große Verschleierung", das für die Kritikerin den Vorzug hat, die auf Abwege abgeglittene Integrationsdebatte wieder in die Bahn zu bringen und zu einem Streit um Frauenrechte zuzuspitzen. Eine besondere Qualität des Buches sei, so Radisch, dass es die Etappen der Diskussion von 1979 bis heute im Spiegel auch von Emma-Artikeln nachzeichne, und dadurch allgemeine Traditionslinien der Islamisierung im Iran oder Afghanistan sichtbar würden, in deren Licht die Debatte zunehmend auch in Deutschland geführt werde. Gleichzeitig werde dezidiert gegen das Menschenbild Stellung bezogen, für das der Schleier stehe und der nicht weniger bedeute, als dass eine unverschleierte Frau eine Frau ohne Würde sei. Dass Schleier oder Kopftuch Frauenrechte beschneiden, und deswegen nicht tolerierbar sind. Als Zeichen gegen die zunehmende Akzeptanz der Verschleierung, die Schwarzer und die Kritikern als Vorposten der Gewalt gegen Frauen betrachten, unterschreibt die Kritikerin auch Alice Schwarzers Forderung nach einem Kopftuchverbot für Schülerinnen an deutschen Schulen.