Viktor Pelewin

Das heilige Buch der Werwölfe

Roman
Cover: Das heilige Buch der Werwölfe
Luchterhand Literaturverlag, München 2006
ISBN 9783630872353
Gebunden, 350 Seiten, 19,95 EUR

Klappentext

Aus dem Russischen von Andreas Tretner. Die Prostituierte Ahuli wird von ihrer erlesenen Kundschaft hochgeschätzt. Gibt es doch nichts, über das sie nicht kenntnisreich zu parlieren weiß. Ihre Freier ahnen nicht, dass Ahuli nur auswendig gelernt hat, was die anderen ihr erzählten. Und sie ahnen nicht, dass die anschließenden wilden Liebesspiele mit ihr nur in ihrer Phantasie stattfinden. Denn Ahuli ist eine Werfüchsin, die die Kunst der Hypnose beherrscht und ihre Energie aus den wüsten Träumen ihrer Kunden bezieht. Eines Tages aber trifft sie auf einen Mann, der sich nicht hypnotisieren lässt. Es ist Alexander, Generalleutnant der Staatssicherheit und seinerseits ebenfalls ein Werwolf. Obwohl die Anarchistin Ahuli und der wackere Patriot Alexander in ihren Aussichten weit auseinander liegen, verlieben sie sich ineinander. Aber sie streiten sich über den Erlöser-Werwolf, den die alten Prophezeiungen versprechen. Ist er ideologischer Humbug, wie Ahuli meint? Oder ist es gar Alexander selbst wie Alexander meint? Arbeiten im Vorstand von Gasprom nur Werwölfe? War der wilde Sex vorgestern nur krude Täuschung?

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 10.05.2007

Mit hohem Lob bedenkt Rezensent Uwe Stolzmann diesen Roman des umstrittenen russischen Schriftstellers Viktor Pelewin. Sicher, die Geschichte, die sich Pelewin diesmal ausgedacht hat, um den Wahnsinn der russischen Gegenwart abzubilden, klingt auch für Stolzmann zunächst "überspannt" und "kitschig". Da geht es um die betörende Luxushure Ahuli, die in Wirklichkeit eine mit der Kunst der Hypnose begabte Werfüchsin ist, und sich in den Geheimdienstmann Alexander verliebt, einen Werwolf, wie sich herausstellt. Der Gefahr, einen unlesbaren romantischen Schauerroman zu schreiben, ist der Autor nach Ansicht Stolzmanns durch seine Fähigkeit zu "zaubern" entronnen. Pelewin könne nämlich Versatzstücke, Schund und Schutt in Literatur verwandeln. Hinreißend etwa findet er die Figur der Ahuli, ausgestattet mit Charakter, Seele und Sex-Appeal. Auch die Werwolf-Maskerade scheint ihm sehr gelungen, kann Pelewin so doch das "Vertraute merkwürdig fremd" erscheinen lassen. Außerdem zeigt er sich überaus angetan von der Mischung diverser Stilebenen, von elegant bis schnoddrig. Und nicht zuletzt überzeugt ihn das Buch auch als weiterer Versuch, die monströse, ungeheuerliche und bizarre russische Realität literarisch ins Bild zu setzen. Er räumt ein, dass Pelewin den Bogen oft überspanne, abschweife, gegen Genreregeln und den guten Geschmack verstoße. Das ändert nichts an seiner Begeisterung.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.12.2006

Viktor Pelewin hat laut Kerstin Holm mit seinem Werwolfroman auf der Grundlage der russischen Variante des Aschenputtel-Märchens eine "Parabel" auf das Russland von heute geschrieben und mit seinen sprachlichen Versatzstücken aus Politik, Werbung und Esoterik auch das "literarische Idiom" dafür gefunden. Mit den Werwölfen greift Pelewin eine Vokabel auf, mit der in Russland korrupte Geheimdienstler und Polizisten benannt und zum Schein verfolgt wurden, weiß die Rezensentin, die mit Verve aber etwas kryptisch die verwickelte Handlung zu erläutern sucht. Insgesamt scheint sie zwar durchaus Vergnügen an den Wortspielen und dem assoziationsreichen Ideenreichtum des Autors zu haben, doch moniert sie, dass die Eskapaden Pelewins mitunter in Kalauer abdriften, die Übersetzung nicht alle Anspielungen wirkungsvoll ins Deutsche übertragen kann und sich zudem die parabelhafte Darstellung der russischen Geheimdienstwelt allzu oft in "Wortklaubereien" wendet.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 07.10.2006

Mit Viktor Pelewins neuem Roman ist Rezensent Jürgen Becker nicht so ganz glücklich geworden. Zwar gefällt ihm die Hauptfigur, eine werwölfische Prostituierte, die Sex per "Imaginationslaser" unterm Fuchsschwanz nur simuliert. Auch die harte postsowjetische Wirklichkeit zwischen Korruption, Oligarchie und Geheimdienstmafia, an der das Buch entlang erzählt ist, sowie nüchterne Exkurse über die Liebe und gelegentliches Lustwandeln im Garten der russischen Literaturgeschichte sorgen beim Rezensenten immer wieder für starke Leseeindrücke. Doch zu seinem Bedauern beschäftigt sich der russische Kultautor mehr und mehr mit den werwölfischen Eigenheiten statt mit der Geschichte, die er erzählen will. In einem "overkill" an lexikalischen Werwolfverweisen kommt der Plot dem Eindruck des Rezensenten zufolge immer wieder abhanden.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 04.10.2006

"Das heilige Buch der Werwölfe" hat auf den ersten Blick alles, was ein Pelewin-Roman braucht, erklärt die Rezensentin Sonja Zekri: die Volksmythen, die "grellen Ungeheuerlichkeiten des russischen Alltags" und ein paar schillernde transzendentale Eskapaden. Dennoch will sie der Eindruck nicht verlassen, dass Pelewin passe ist. Von mancherlei grandiosen Szenen abgesehen wirken seine Beschreibungen der postkummunistischen russischen Wirklichkeit auf die Rezensentin "matt, fast pflichtsschuldig". Mehr Energie stecke er in postrukturalisitsche Pseudo-Spiritualität, die von der Rezensentin rundheraus als "philosophischer Dadaismus" abgetan wird.
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