Lajser Ajchenrand

Aus der Tiefe

Gedichte
Cover: Aus der Tiefe
Ammann Verlag, Zürich 2006
ISBN 9783250105015
Gebunden, 320 Seiten, 22,90 EUR

Klappentext

Jiddisch-Deutsch. Aus dem Jiddischen und mit einem Nachwort von Hubert Witt. Hart, erbarmungslos wie das Leiden, das sie beschreiben, treten Lajser Ajchenrands Gedichte an den Leser heran. Sie bergen in sich die unauslöschbare Prägung der Scham und der Verzweiflung des Überlebenden. In ihrer strengen Form bringt Ajchenrand sie abwechselnd klirrend kalt und glühend heiß zum Leuchten und lässt schließlich zu, dass sie in die Langmut der Seele münden. Die Lyrik des jiddischen Dichters legt, getrieben von der Frage nach der 'condition humaine', ein Zeugnis ab von der Grausamkeit des jüdischen Leids und zugleich von der präzisen Sinnlichkeit des Erinnerungskörpers.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.10.2007

Jakob Hessing begrüßt diese zweisprachige Ausgabe des Gedichtbandes "Aus der Tiefe" in Jiddisch und Deutsch des 1985 in der Schweiz gestorbenen Dichters Lajser Ajchenrand und sieht in den Gedichten eindrucksvoll eine Sprache konserviert, der durch die mörderische Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten eine Modernisierung verwehrt blieb. Für den Rezensenten zeigt sich besonders eindrucksvoll, wie Ajchenrand den Traditionen verpflichtet bleibt, indem er mit der Moderne überkommene Reimschemata übernimmt und an biblische Symbole anknüpft, und diese gleichzeitig hinterfragt und ihre Brüchigkeit aufzeigt. Das gesamte Werk des Lyrikers ist maßgeblich von der Shoah geprägt, in der seine ganze Familie umkam, erklärt Hessing bewegt, der in diesem Band - er erschien bereits 1957 und wurde nun von Hubert Witt feinfühlig ins Deutsche übersetzt, wie der Rezensent lobt -, so etwas wie die "Summe" von Ajchenrands Schaffen erkennt.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.04.2007

Carsten Hueck fühlt sich durch die Neuausgabe des zweisprachigen Gedichtbandes von Lajser Ajchenrand, der erstmals 1953 in Frankreich erschien, regelrecht beschenkt. Ajchenrand sei einer der raren auf Jiddisch dichtenden Lyriker, die die vom Aussterben bedrohte Sprache und Kultur osteuropäischer Juden über die Shoah hinaus bewahren und dessen Gedichte zugleich ein Bindeglied zwischen "Tradition und Moderne" darstellen, erklärt der Rezensent. Motive des Symbolismus und Surrealismus finden sich genauso wie Anknüpfungspunkte an die literarischen Traditionen und an biblische Texte und es ist neben Trauer über den Tod der in der Shoah Umgekommenen, die aus vielen Gedichten spricht, auch so etwas wie souveräne Selbstbehauptung zu spüren, stellt der Rezensent bewegt fest.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.04.2007

Einen wunderbaren Dichter mit einem großen Bilderreichtum könne man nun auch in deutscher Sprache entdecken, macht Rezensent Hans-Peter Kunisch neugierig. Unter dem Titel "Mimaamakim" habe Lajser Ajchenrand diese Gedichte 1953 in Paris zum ersten Mal in jiddischer Sprache veröffentlicht. Die gelungene Übertragung in ein "altes, bilderreiches" Deutsch, so der Rezensent, treffe den "Geist der Gedichte" mit ihrer sinnlich-expressionistischen Sprache und romantischen Bilderwelt. Wie hier der "gute, alte" Mond immer wieder eigenwillig hervorleuchte, sei allein schon staunenswert. Der Rezensent fühlt sich hier und da auch an Else Lasker-Schüler oder Georg Trakl erinnert und vermutet, dass Ajchenrands "extravagante" Bildlichkeit mit ihrer Nähe zu Hiob möglicherweise ein Grund dafür waren, dass Leser klassischer jiddischer Dichtung ihre Schwierigkeiten damit hatten. Die meisten Gedichte setzten sich naturgemäß mit dem Holocaust auseinander, denn ein großer Teil von Ajchrands Familie sei ermordet worden. 1976 habe der Dichter in Israel den Itzak-Manger-Preis erhalten, der eine Art jüdischer Nobelpreis sei. Damals, berichtet der Rezensent, habe Lajser Ajchenrand schon in Zürich gelebt, wo nun die sorgfältig gestaltete zweisprachige Edition im Amman Verlag erschienen sei.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 07.12.2006

Rezensentin Anastasia Telaak ist froh, dass ein "nahezu völlig unbekannt gebliebenes Werk" endlich vorliegt: Die Gedichte von Lajser Ajchenrand, 1953 in Paris erschienen und nun von Hubert Witt übersetzt, lassen eine "ausgezeichnete" literarische Stimme laut werden. Ajchenrand, dessen Mutter und Schwester in Polen von den Nazis ermordet wurden, beschäftigt sich in seiner Lyrik mit dem Thema Auschwitz und fragt angesichts der Verbrechen nach Gottes Existenz. Die poetische Welt des Dichters findet die Kritikerin "einzigartig": Ajchenrand verbinde moderne Bilder mit jüdisch-mystischem Gedankengut, seine Gedichte weisen eine "expressionistische Metaphorik" auf. Dass Hubert Witt keine wörtliche Übersetzung vorgelegt hat, gefällt der Rezensentin. Auch wenn die Texte dadurch manche "Holprigkeiten" aufweisen, freut sie sich doch über diese "späte, aber bedeutende" Entdeckung.