9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.03.2024 - Internet

Dass Tiktok unter anderem als Schleuder extremistischer Inhalte dient, ist inzwischen bekannt (Unsere Resümees). Die USA, wo inzwischen laut Andrian Kreye (SZ) die Hälfte aller Staatsbürger Tiktok nutzen, definiert die chinesische App aber vor allem als "Speerspitze psychologischer Kriegsführung und geheimdienstlicher Tätigkeiten" Chinas - und scheiterte am Versuch die App zu verbieten. Stattdessen soll die App laut einem Gesetzentwurf nun an ein amerikanisches Unternehmen verkauft werden, berichtet Kreye. Und auch deutsche Geheimdienstler warnen "bei Hintergrundgesprächen davor, dass China der viel wirksamere und gefährlichere Gegner im Cyberwar sei als Russland. Das müssen nicht nur Fake News oder Hassbotschaften sein, die über soziale Netze in Umlauf gebracht werden. Die gibt es auch und sie wirken wie Rostfraß auf demokratische Prozesse. Die eigentliche Gefahr sozialer Netze für die Demokratie aber sind die Dynamik und Wirkweise der Algorithmen. Da zumindest waren die amerikanischen Gesetzgeber kundig. Ein zentraler Punkt des Gesetzentwurfs H.R.7521 sieht vor, dass nicht nur die Firma, sondern auch die Algorithmen in amerikanischen Besitz übergehen müssen."

Auch der Perlentaucher hat ihn oft zitiert: Markus Beckedahl verlässt nach zwanzig Jahren das von ihm gegründete Blog Netzpolitik, mit dem er viele Debatten aus diesem Themenbereich in Deutschland mit prägte. Er will Neues ausprobieren, sagt er selbst. Seine Kollegen verabschieden sich von ihm: "Seine Anfänge nahm netzpolitik.org in einer Zeit, als soziale Medien und Online-Journalismus noch in den Kinderschuhen steckten. Die noch junge Blogosphäre blühte auf. Markus startete das Blog netzpolitik.org als Ersatz für eine Mailingliste und teilte Links zum Thema Internet und Politik. netzpolitik.org wurde schnell zu einem wichtigen Knotenpunkt der Blogosphäre in der zivilgesellschaftlichen Debatte um die Gestaltung des Internets." Mehr bei heise.de.
Stichwörter: Tiktok, USA

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.03.2024 - Internet

Zwei Artikel aus der FAS zum Thema KI in den Kulturindustrien sind nachzutragen. Ein ganzes Autorenteam berichtet über die Ängste der Übersetzer vor den oft sehr guten, aber manchmal auch nur tückisch-plausibel klingenden Übersetzungen von Deepl und anderen Diensten. Die FAZ-Autoren argumentieren, wie man seinerzeit beim Aufkommen von Taschenrechnern argumentierte - man macht sich Sorgen ums Kopfrechnen: "Es geht bei der Frage von Qualität und Legitimität von KI-Übersetzungen nicht einfach um die beruflichen Perspektiven einer altmodischen Zunft. Sondern um eine grundsätzliche Beziehung zu Sprache und Kultur, die durch ihre Automatisierung verloren zu gehen droht, weil sie ja nur durch intellektuelle Techniken lebendig bleibt. Die Debatte um die Zukunft dieser Praxis wird nicht nur die Übersetzer beschäftigen, die bilden nur die unfreiwillige Avantgarde." Wie trügerisch KI-Übersetzungen sein können, weist die Autorin und Übersetzerin Anja Utler in der heutigen FAZ an Beispielen nach.

Viel zuversichtlicher klingt da der Bertelsmann-Chef Thomas Rabe im Gespräch mit einem Team von den Wirtschaftsseiten der FAS! "KI wandelt Text zu Audio oder umgekehrt, sie übersetzt, sie fasst Texte zusammen und personalisiert Werbung. Nehmen Sie das Beispiel Pumuckl. Für die Neuauflage der Serie haben wir die Stimme des Schauspielers Hans Clarin mit KI imitiert..." Rabe führt dann  aus, dass man sich aber mit der Familie von Clarin abgesprochen habe (wie das finanziell aussieht, fragen die Interviewer nicht). Und dann sagt Rabe genau den Satz, den man von einem Boss der Kulturindustrie erwarten würde: "Im Zentrum steht für Bertelsmann das Urheberrecht. Es geht darum, dass unsere Rechte und unsere Daten nur mit unserer Zustimmung genutzt werden dürfen..." Nein, Bertelsmann ist nicht der Urheber!
Stichwörter: KI, Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.03.2024 - Internet

Unternehmen könnten bald lieber mit virtuellen Avataren als mit echten Influencern zusammenarbeiten, schreibt Adrian Lobe im Tagesspiegel. Den Vorwurf, Avatare vermittelten ein überhöhtes körperliches Ideal, lässt er indes nicht gelten: "Auch Influencer aus Fleisch und Blut erzeugen eine oberflächliche Scheinwelt und üben mit perfekten Proportionen 'Körperdruck' auf das Publikum aus, das sich beim Anblick der makellosen Körper seltsam unförmig fühlt. Für Schönheitswahn braucht es keine Avatare."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.02.2024 - Internet

Die Telekom plant ein Telefon ohne Apps, das nur mit KI auskommt. Wenn es so intelligent ist wie die Labyrinthe der Chatbots, in denen Telekom und sämtliche anderen Firmen heute verzweifelte Kunden verenden lassen, schwant einem Übles. Aber SZ-Experte Andrian Kreye jubelt. Für ihn ist das eine Revolution wie das Iphone. Und "die Wirtschaft steht nun vor der Herausforderung, sich in solchen Nadelöhren und Flaschenhälsen zu behaupten. Markenwirkung, Marketing, Search Engine Optimization, Webpräsenz, Social-Media-Kampagnen? Wären mit einem Smartphone, auf dem es keine Apps mehr gibt, Makulatur." Etwas konkreter geht es in einem zweiten SZ-Text über KI zu. Jan Krüssmann erzählt, wie sie alte Schriftrollen aus Pompeiji entziffern hilft. Die ganze KI bringt aber nichts, ohne  schnelles Internet nach 6G-Standard insistiert der Tech-Unternehmer Ivo Ivanov in der FAZ.
Stichwörter: Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.02.2024 - Internet

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In seinem aktuellen Buch "The Coming Wave" untersucht der KI-Forscher Mustafa Suleyman gemeinsam mit Michael Bhaskar Chancen und Risiken des Zusammenspiels von KI, Robotik und Biotech. Damit der Mensch von den Entwicklungen nicht überrollt werde, bedürfe es "Containment", sagt er im SZ-Gespräch: "Das ist eine Idee, die aus vielen Teilen besteht. Dazu gehören Regierungen und Regulierungen, aber auch harte technische Sicherheitsarbeit und Audits von Modellen und Labors. Da ist die Diplomatie gefordert, wir brauchen globale Verträge. Aber es geht auch um eine Generation von Unternehmen, die die Strukturen, Kulturen und Anreize schaffen müssen, um verantwortungsvolle Einsätze dieser Technologien zu priorisieren. Es braucht auch eine massive Bewegung von Menschen auf der ganzen Welt. Und all diese Elemente müssen zusammenwachsen, damit das mehr ergibt als die Summe seiner Teile. Um es deutlich zu sagen: Wir haben in der Vergangenheit noch nie eine Technologie wirklich eingedämmt."
Stichwörter: Ki, Robotik, Suleyman, Mustafa

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.02.2024 - Internet

Heute wird aller Voraussicht nach im EU-Parlament die KI-Verordnung beschlossen. Für die taz fasst Svenja Bergt die wichtigsten Fakten zusammen, unter anderem die Kritik am sogenannten "AI-Act": "Die europäische Bürgerrechtsorganisation EDRi warnt daher davor, dass die neuen Regelungen dazu beitragen könnten, 'die Überwachungsaktivitäten von Polizei und Migrationskontrollbehörden auszuweiten und zu legitimieren'. Die NGO Algorithmwatch kritisiert darüber hinaus 'große Schlupflöcher' für Unternehmen: So hätten die Hersteller von KI-Systemen ein Mitspracherecht bei der Frage, ob ihre Systeme als Hochrisiko-KI, für die besonders strenge Regeln gelten, eingestuft werden. Darüber hinaus gebe es für Bereiche der nationalen Sicherheit, der Strafverfolgung und der Migration Ausnahmen für Hochrisiko-Systeme. 'Der Kompromiss zur KI-Verordnung offenbart einen systemischen Fehler bei der EU-Gesetzgebung. Die nationalen Regierungen und die Strafverfolgungslobby haben einen unverhältnismäßig großen Einfluss', kritisiert Algorithmwatch-Expertin Angela Müller. Das gehe zulasten von Menschenrechten und öffentlichem Interesse."
Stichwörter: AI-Act, KI-Verordnung

9punkt - Die Debattenrundschau vom 31.01.2024 - Internet

Atlantic-Redakteurin Adrienne LaFrance veröffentlicht eine lange Diatribe gegen die totalitären Fantasien von Tech-Königen wie Mark Zuckerberg und Elon Musk und endet mit einem etwas kraftlosen Plädoyer für Humanität: "Technokraten haben Recht, wenn sie Technologie als Schlüssel zur Verbesserung der Welt sehen. Aber zuerst müssen wir die Welt so beschreiben, wie wir sie uns wünschen - die Probleme, die wir im öffentlichen Interesse und im Einklang mit den Werten und Rechten lösen wollen, die die Menschenwürde, Gleichheit, Freiheit, Privatsphäre, Gesundheit und Glück fördern. Und wir müssen darauf bestehen, dass Leiter von Institutionen, die uns repräsentieren - im Großen wie im Kleinen - Technologie so einsetzen, dass sie widerspiegelt, was für den Einzelnen und die Gesellschaft gut ist, und nicht nur das, was Technokraten bereichert."
Stichwörter: Musk, Elon, Zuckerberg, Mark

9punkt - Die Debattenrundschau vom 14.12.2023 - Internet

Nicht alarmistisch klingt, was der Virtual-Reality-Pionier und Intenetkritiker Jaron Lanier im Interview mit Götz Hamann und Jakob von Lindern von der Zeit zu KI-Programmen wie ChatGPT sagt: "Wir sollten diese Software nicht als Wesen oder Kreatur betrachten. Ich will keinem vorschreiben, was er oder sie denkt, aber ich finde, es bringt uns mehr, wenn wir ChatGPT und andere Large Language Models als das beschreiben, was sie derzeit sind: Sie ermöglichen eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Menschen. Wir geben der Software einen Befehl, und sie führt ihn aus und greift dabei auf das zurück, was schon einmal geschrieben, gedacht, programmiert wurde."
Stichwörter: ChatGPT, Lanier, Jaron

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.12.2023 - Internet

KI zerstört das Internet - und damit gleichzeitig sich selbst, warnt Adrian Lobe in der NZZ. "Was jetzt mit der Entwicklung von Sprachmodellen passiert, ist nicht bloß eine technische Einstellung im Maschinenraum einer Tech-Plattform, sondern ein Frontalangriff auf die Hyperlinkstruktur des World Wide Web. Chat-GPT weist ja schon gar keine Quellen mehr aus. ... Die immer leistungsfähigeren KI-Systeme brauchten immer mehr Daten, um verlässliche Ergebnisse zu produzieren. Doch die Plattformen drehen die Daten-Pipeline zu. X (vormals Twitter) hat ein Lese-Limit für Kurznachrichten eingeführt, Reddit seine Benutzerschnittstelle kostenpflichtig gemacht, und BBC hat wie der Guardian die Entwicklerorganisation Open AI sogar ganz blockiert. Das freie Internet errichtet überall Zäune, um zu verhindern, dass die digitale Allmende weiter abgeweidet und der Commons-Gedanken pervertiert wird. Der Flurschaden, der durch die Grenzziehungen entsteht, könnte weitaus größer sein als der einer kontrollierten Öffnung."
Stichwörter: Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 28.11.2023 - Internet

Google, Meta, Adobe oder Microsoft kopieren gern für das Erstellen von KI-Modellen Urheber von geistigen Werken, bezahlen sie aber nicht, schreibt Nina George, Ehrenpräsidentin des European Writers' Council, in der SZ: "Meta findet, dass Künstlerinnen und Urheber eh nix verdienen, da käme es auf ein weiteres Nichts nun auch nicht mehr an. (…) Google meint, das, was Maschinen da tun, unterscheide sich nicht groß vom menschlichen Lesen eines Buches - und das könne man ja nu nicht verbieten! Microsoft, das diskret seine AGB geändert hat und alles, was Sie in Ihr Word, Outlook und Power Point eintippen, für KI-Anwendungen benutzt, möchte unsere Herzen öffnen für KI-Start-ups, denen das schlimme Copyright die gesamte Kalkulation verhagelt. (…) Adobe, das sich jüngst hervortat, dass es KI-Fake-Bilder zum Israel-Palästina-Krieg verkauft, meint, seine Plagiatsmaschine sei ein Beitrag zur Steigerung persönlichen kreativen Ausdrucks."

Außerdem: Im SZ-Interview spricht der Kognitionswissenschaftler und KI-Experte Gary Marcus über die Versuche, das KI-Gesetz der EU zu torpedieren und die wirklichen Gefahren der künstlichen Intelligenz.