Alfred Andersch

Alfred Andersch: Gesammelte Werke

Zehn Bände
Cover: Alfred Andersch: Gesammelte Werke
Diogenes Verlag, Zürich 2004
ISBN 9783257063608
Gebunden, 5584 Seiten, 480,00 EUR

Klappentext

Romane, Erzählungen, Reisebeschreibungen, Essays.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.04.2005

Christoph Bartmann hält es für an der Zeit, das Werk des Schriftstellers Alfred Andersch einer neuerlichen Sichtung zu unterziehen. Nachdem W. G. Sebald in einem Essay von 1993 Anderschs Selbstdarstellung als Deserteur und Widerständler öffentlich bezweifelte und dessen Ruf nachhaltig beschädigte, sieht der Rezensent mit dieser zehnbändigen Werkausgabe einer Neubewertung die Tür geöffnet. Denn nicht um die "Verbreitung" der Anderschen Werke müsse man sich sorgen - seine Romane und Erzählungen werden heute noch "in Schulen und jenseits von ihnen" gelesen - sondern um die Beurteilung ihres "Ranges", meint Bartmann in seiner ausführlichen Besprechung. Der Rezensent räumt ein, dass der Autor durchaus eine gewisse "Selbstüberhöhung" betrieb und dabei eine "Selbstgerechtigkeit" an den Tag legt, die der Korrektur bedarf. Dennoch würdigt der Rezensent Anderschs Weltläufigkeit und seinen "souveränen", ja, "beinahe mondänen" Ton als aus der damaligen Literatur hervorstechend. Die Gesamtausgabe ermöglicht es, die Werke des Autors einer kritischen Revision zu unterziehen und manches zu entdecken, was weniger bekannt ist, freut sich der Rezensent, der hier besonders auf die Reiseberichte und Essays von Andersch hinweist. Nicht zuletzt, weil dessen Bücher stets umstritten waren, wie ein "ausführlicher Werkkommentar" deutlich macht, ist eine unvoreingenommene Beschäftigung mit ihnen "wünschenswert", betont Bartmann.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.02.2005

Jochen Schimmang bricht eine Lanze für einen Kollegen: "Andersch war ein erstklassiger Romancier, Erzähler und Essayist." Deutlich nimmt er Alfred Andersch gegen W. G. Sebalds 1993 veröffentlichte Attacke in der Zeitschrift "lettre" in Schutz, die Schimmangs Empfinden nach eine Hinrichtung sein wollte, nach deren Motiven man noch fahnden müsste. Auch die teilweise rabiaten Urteile zeitgenössischer Kritiker kann der Rezensent nicht nachvollziehen. Nein, Schimmang ist ehrlich begeistert von der Wiederbegegnung mit dem Schul-Klassiker. Anderschs Werken aus den drei von ihm bedienten Gattungen konzediert er "erstaunlich wenig Patina". Davon soll der Leser sich doch bitteschön anhand der jetzt erschienenen zehnbändigen Werkausgabe selbst überzeugen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 17.02.2005

Dieter Hildebrandt macht sich in einer sehr ausführlichen Besprechung der zehnbändigen kritischen Neuausgabe der Gesammelten Werke Alfred Anderschs daran, den deutschen Autor "neu zu lesen", wie es der Herausgeber Dieter Lamping einfordert. Eine Gesamtausgabe gliedert das Lebenswerk eines Schriftstellers in Gattungen und bringt somit eine Neuordnung, die "Motivketten", Erinnerungen und Zusammenhänge voneinander trennt, stellt der Rezensent fest. Das dadurch entstehende "Leselabyrinth" sieht er allerdings bei seiner Revision der Anderschen Werke durch die "Querverweise" und Kommentare dankenswerterweise durchdringbar gemacht. Sehr genau zeichnet Hildebrandt den biografischen und intellektuellen Werdegang des Autors nach, über eine mehrmonatige Haft im Konzentrationslager Dachau, die Desertion aus der Wehrmacht, amerikanische Kriegsgefangenschaft, seinem Wirken in der Nachkriegszeit als Mitinitiator der "Gruppe 47" bis in die Schweiz, wohin er sich später zurück zog. Als der "Provokateur", als der Andersch seinen deutschen Lesern mit seinen Büchern entgegentrat, kann er wegen des historischen Abstands heute nicht mehr empfunden werden, räumt der Rezensent ein. Dafür eröffnet sich ihm beim "Neu- und Wiederlesen" die "tiefe, bis zur Ambivalenz gehende Widerständigkeit" des Autors, der sich gegen jegliche politische Vereinnahmung zur Wehr setzte. Was diese Werkausgabe auch noch mal vor Augen führt, ist der enorme Einfluss, den Anderschs Rundfunktexte auf seine Zuhörer hatten, betont der Rezensent, der auch herausstreicht, wie sehr diese Arbeiten auf das Schreiben des Autors selbst eingewirkt haben. "Ausführlich" werde in dieser Werkausgabe auch gezeigt, wie die literarische Kritik mit Andersch umging, die zwischen Lob der Ästhetik unter Ignorierung der Ecken und Kanten des Werks durch konservative Rezensenten bis zur "skeptischen bis rigorosen" Ablehnung durch jüngere Kritiker reichte, so der Rezensent interessiert. Für Hildebrandt gilt es allemal als erwiesen, dass eine Neudurchsicht und -Beurteilung der Werke Anderschs "lohnenswert" ist.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 16.02.2005

"Alfred Andersch stellt Fragen, die nichts von ihrer Brisanz verloren haben", schreibt Stephan Reinhardt, der sich in seiner Rezension bemüht, den Autor gegen Anschuldigungen (unter anderem von W. G. Sebald) in Schutz zu nehmen, er habe als Schriftsteller nach 1945 einzig und allein die "Schönung seiner Biografie" betrieben. "Andersch wäscht sich nicht rein", hält Reinhardt dem entgegen - "er korrigiert in der Fiktion, was er und so viele andere falsch gemacht haben". Die zehnbändige Gesamtausgabe enthält alles, was man zur Grundlage der einen oder anderen Argumentation machen kann: Nicht nur die Romane, Erzählungen, Gedichte und Hörspiele, sondern auch die essayistischen Arbeiten von Reiseberichten bis zu Rezensionen, sowie reichlich Unveröffentlichtes aus dem Nachlass. Dazu kommen, so Reinhardt, eine "glänzende Gesamtwürdigkung" durch den Herausgeber Dieter Lamping und "umsichtige" Kommentare. Ein "Leseabenteuer".
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