Alfred Bodenheimer

Wandernde Schatten

Ahasver, Moses und die Authentizität der jüdischen Moderne
Cover: Wandernde Schatten
Wallstein Verlag, Göttingen 2002
ISBN 9783892445098
Broschiert, 228 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Autoren wie Heinrich Heine, Theodor Herzl, Sigmund Freud oder Nelly Sachs haben den Charakter des modernen Judentums aus einer Synthese zwischen dem Ewigen Juden Ahasver und der biblischen Moses-Gestalt geschaffen. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Legendengestalt des Ewigen Juden Ahasver, der als zur Ruhelosigkeit verdammter unsterblicher Wanderer die Welt durchstreifte, bis weit in die intellektuellen Eliten hinein als Personifikation des jüdischen Volkes verstanden. Aus jüdischer Sicht führte die Selbstidentifikation mit dem negativen Fremdbild zu einer Verstörung, die Theodor Lessing als "jüdischen Selbsthass" umschrieb. Alfred Bodenheimer zeigt, dass etliche jüdische Autoren in der biblischen Gestalt des Moses eine positive Gegenfigur zu Ahasver fanden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 09.01.2003

Andreas Kilcher konzentriert sich in seiner Kritik zunächst auf das Referat der Thesen Bodenheimers, der im vorliegenden Buch ein Gegensatzpaar aufspannt, um Tendenzen der jüdischen Moderne zu umreißen. Diese schwankt nach Bodenheimer zwischen "Ahasver", als dem "ewigen Juden", dem "juif errant" der Diaspora, und der Figur des "gesetzgebenden" Moses. Bei Ahasver, so Kilcher, handelt es sich um eine "nichtjüdische Erfindung". Die Gestalt geht auf christliche Legenden über einen Schuster zurück, der Jesus auf dem Kreuzweg das Verweilen vor seinem Haus verbot, woraufhin ihn Jesus zum Herumirren verurteilte. Moses dagegen ist eine jüdische Selbstsetzung, die auch zur Rechtfertigung eines neuen jüdischen Staats herangezogen wurde. Kilcher zeigt, wie differenziert Bodenheimer mit diesem Gegensatzpaar umgeht, wirft ihm am Ende aber doch vor, gewissermaßen einseitig zu Moses zu neigen und wichtige jüdische Texte etwa von Joseph Roth oder Ivan Goll, die sich die Figur des Ahasver zu eigen machten, zu ignorieren.