Carla Del Ponte

Im Namen der Anklage

Meine Jagd auf Kriegsverbrecher und die Suche nach Gerechtigkeit
Cover: Im Namen der Anklage
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009
ISBN 9783100139115
Gebunden, 517 Seiten, 22,95 EUR

Klappentext

Mit Chuck Sudetic. Aus dem Englischen von Gabriele Gockel und Thomas Wollermann. Von der Wirtstochter aus einem kleinen Ort im Tessin hin zur international gefürchteten Anklägerin: Carla Del Ponte schildert überraschend offen ihren ungewöhnlichen Werdegang und ihren resoluten Kampf gegen das Verbrechen. Ob sie als Staats- und Bundesanwältin gegen die Mafia kämpfte, was ihr den Spitznamen "Carlita la pesta" eintrug, russischen Oligarchen oder dem Bhutto-Clan das Geld einfror, ob sie die gefährlichsten Kriegsverbrecher jagte, die USA offen kritisierte oder sich allein gegen die NATO stellte, immer forderte sie für die Justiz ein, auch dann zu richten, wenn es gegen sämtliche Spielregeln der Politik und Diplomatie ging.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 11.05.2009

Carla del Pontes Bericht über ihre Arbeit als Chefanklägerin des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda wird von Rezensent Enver Robelli als zorniges Resümee einer oft frustrierenden Tätigkeit gelesen. Del Ponte hat ihre Rückschau mit Hilfe des amerikanischen Journalisten Chuck Sudetic geschrieben und macht darin ihrem Ärger über mangelnde Kooperation bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen auf dem Balkan Luft, lässt uns der Rezensent wissen. In den Augen Robellis sind viele der Erinnerungen an ihre Amtszeit allerdings "ungeduldig, unvorsichtig und unverantwortlich formuliert". Als Beispiel bringt er Del Pontes Behauptung, die UCK habe 1999 entführten Serben Organe entnommen und ins Ausland geschmuggelt. Nicht nur habe man diese Vermutung nie eindeutig belegen können, Del Ponte schreibe hier auch zum ersten Mal darüber und müsse sich die Frage erlauben lassen, warum sie so lange geschwiegen und den mutmaßlichen Tätern somit die Vernichtung möglicher Beweise ermöglicht habe, so der Rezensent kritisch. Sehr überzeugend dagegen findet er die Klagen der ehemaligen Chefanklägerin über die schwierigen Untersuchungen von Kriegsverbrechen ehemaliger UCK-Angehöriger. Und am Ende würdigt er auch noch explizit, dass Del Ponte immerhin als Erfolg ihrer Amtszeit verbuchen kann, mit Milosevic erstmals einen Staatschef vors Kriegsverbrechergericht gestellt zu haben.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.04.2009

Durchwachsen findet Christian Hillgruber dieses Buch von Carla del Ponte, in dem die ehemalige Chefanklägerin des vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 1993 eingesetzten Internationalen Straftribunals für das ehemalige Jugoslawien über ihre Jagd auf Kriegsverbrecher berichtet. Einerseits zollt er del Ponte großen Respekt für ihren unbedingten Willen zur Gerechtigkeit und die Hartnäckigkeit, mit der sie sich um Aufklärung der begangenen Kriegsverbrechen gegen zahllose Widerstände bemühte. Andererseits verschweigt er nicht, dass ihn die Selbstgerechtigkeit der Autorin stört. Er hält ihr auch im Rückblick eine gewisse Einseitigkeit vor. Besonders eindringlich ist das Buch für ihn dagegen immer dann, wenn del Ponte Opfer und Zeugen der Verbrechen zu Wort kommen lässt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2009

Rezensent Dorion Weickmann ist enttäuscht von diesem Buch der ehemaligen Chefanklägerin des internationalen Strafgerichtshofs für Jugoslawien, Carla Del Ponte. Denn ihre Abrechnung mit dem Tribunal fällt ihm deutlich zu vage aus. Statt Gründe für den schleppenden Gang der Verfahren gegen Milosevic und Co. zu nennen oder zu analysieren, bleibe sie in einer verbitterten Vorwurfshaltung stecken. Lange weiß der Rezensent gar nicht, für wen dieses Buch überhaupt geschrieben wurde. Erst nach circa 450 Seiten wird ihm klar, dass Carla Del Ponte das Scheitern des Gerichtshof an postjugoslawischen Potentaten, machtbewussten Politfunktionären und unterbelichteten Mitarbeitern angesichts der Opfer und ihrer Hinterbliebenen sehr persönlich nimmt. So liest der Rezensent das Buch auch als persönlichen Rechenschaftsbericht, hätte aber lieber gesehen, Del Ponte hätte die Strukturen jenseits der "Gummiwand", gegen die sie stets stieß, offensiver dargelegt, statt in Ohnmacht davor stehen zu bleiben.