Eva Illouz, Dana Kaplan

Was ist sexuelles Kapital?

Cover: Was ist sexuelles Kapital?
Suhrkamp Verlag, Berlin 2021
ISBN 9783518587720
Gebunden, 125 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Nicht die Natur bestimmt unsere Vorstellungen von Sexualität, sondern die Gesellschaft. War es früher die Religion, die den Sex regulierte, so ist es heute die Ökonomie. Kein Wunder also, dass "sexuelles" oder "erotisches Kapital" in der Soziologie, den Gender Studies, der Sexualwissenschaft und sogar in der Alltagssprache zu einer gängigen Metapher geworden ist, um die Motive und Konsequenzen von Praktiken etwa zur Steigerung der sexuellen Attraktivität zu beschreiben.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 25.11.2021

Rezensentin Marlen Hobrack gewinnt den Eindruck, dass Dana Kaplan und Eva Illouz mit ihren soziologischen Forschungen in Sachen sexuelles Kapital immer noch am Anfang stehen. Das Buch jedenfalls empfindet sie als "Vorarbeit", da die Autorinnen zwar Formen sexuellen Kapitals unterscheiden (u. a. eine neoliberale und eine verkörperte), aber deren konkrete Wirksamkeit nicht stichhaltig herausarbeiten. Überlegungen wie die, dass Sex Selbstvertrauen oder eine soziale Kompetenz aufzubauen hilft, würde Hobrack gern weiterdenken. Spannend findet sie den im Buch eher am Rande auftauchenden Gedanken, dass Arbeit und Privates wie Sex in der Öffentlichkeit nicht mehr als völlig getrennte Bereiche verstanden werden.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 22.10.2021

Rezensentin Birgit Schmid möchte die These der Soziologinnen Eva Illouz und Dana Kaplan lieber nicht weiterdenken. Was passiert, wenn Unternehmen den ganzen Nutzen des erotischen Kapitals ihrer Mitarbeiter vollständig erkennen, wagt sie sich kaum vorzustellen. Statt Yoga in der Pause, erotische Massagen? Dass ein erfülltes Sexualleben die Produktivität steigert, dieser Vorstellung fügen die Autorinnen laut Schmid eine neue Nuance hinzu, indem sie vom heute gefragten "neoliberalen erotischen Kapital" sprechen. Dazu braucht es keine Liebe, Sex genügt, lernt Schmid. Plausibel findet sie es, wenn die Autorinnen die Möglichkeiten zur Akkumulation von erotischem Kapital zu einer Frage der Klassenzugehörigkeit machen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.10.2021

Rezensent Gerald Wagner hat so seine Zweifel, ob Eva Illouz und Dana Kaplan mit ihrer These vom karrierefördernden Sex (gemeint ist hier ausdrücklich nicht das "Hochschlafen") richtig liegen. Empirische Beweise liefern die Autorinnen jedenfalls kaum, stellt er fest. Nachdem Wagner erfahren hat, was sexuelles Kapital eigentlich sein soll ("arbeitsplatzförderlicher Sex"), stellen ihn die Autorinnen vor neue Schwierigkeiten, indem sie sexuelles Kapital vor allem als eine Sache der Mittelklasse definieren. Auf eines kann sich Wagner mit Illouz und Kaplan aber doch einigen: Sex bedeutet Entspannung, was immer Mann oder Frau damit anfangen.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 14.09.2021

Rezensent Leander Scholz erkennt viel Diskussionsstoff in dem Buch von Dana Kaplan und Eva Illouz über neue Spielformen der Sexualität und ihre Beziehungen zur Ökonomie. Hochaktuell findet er das Buch, weil es auf die heutige Aufmerksamkeitsökonomie und die Ökonomie der Affekte zielt. Auch wenn die Verbindung von Sexualität und Ökonomie nicht neu ist und sich die Autorinnen auf Arbeiten von Bourdieu und Foucault beziehen, gelingt es ihnen laut Scholz jedoch, subtile, sehr individuelle Formen der Gewinnung von sexuellem Kapital jenseits bekannter Rollenbilder und Erwartungen herauszuarbeiten und ihre historische Entwicklung seit den 1970ern zu vermitteln.