Gilles Reckinger

Bittere Orangen

Ein neues Gesicht der Sklaverei in Europa
Cover: Bittere Orangen
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2018
ISBN 9783779505907
Kartoniert, 232 Seiten, 24,00 EUR

Klappentext

Auf Lampedusa hat man sie an Land gehen sehen, erschöpft und traumatisiert von der Flucht. Viele der Menschen aus afrikanischen Ländern, die ihre Hoffnung auf ein freies Leben in Europa gesetzt hatten, sind nie aus Italien herausgekommen. Sie stecken fest in einer neuen Sackgasse: den süditalienischen Orangenplantagen. Während ihrer Asylverfahren stehen Geflüchtete in Italien ohne Papiere und ohne Rechte buchstäblich auf der Straße. Die nahen Plantagen sind oft ihre einzige Chance auf einen Job. Offen verachtet von der Bevölkerung, untergebracht in Slums und fern jeder medizinischer Versorgung pflücken sie 12 Stunden am Tag Orangen. Für 150 Euro im Monat - sofern sie das Glück haben, morgens auf dem "Arbeitsstrich" aufgelesen zu werden. Gilles Reckinger ist immer wieder nach Rosarno, eine kleine Stadt in Italiens Stiefelspitze, gereist, um die Arbeits- und Lebensbedingungen der migrantischen Erntehelfer zu dokumentieren. In vielen Gesprächen ist er den Menschen nahe gekommen, die festgesetzt sind in extremer Prekarisierung ohne jede Option. Nicht einmal die auf Rückkehr in ihr Herkunftsland.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 21.08.2018

Rezensentin Marie Sophie Adeoso wird von Gilles Reckingers neuem Buch nicht kalt gelassen. Wenn sie liest, wie der Luxemburger Ethnologe in die Gegend um das kalabrische Rosarno reist, um auf das Schicksal tausender afrikanischer Migranten, die zu Hungerlöhnen auf Orangenplantagen arbeiten, aufmerksam zu machen, wird die Kritikerin gleich mehrfach von Scham gepackt. Zum einen, weil Reckinger ihr anschaulich vermitteln kann, wie schwer es ihm oft fällt, auf "Augenhöhe" mit den Befragten zu sprechen, die sich aus Hoffnung auf eine bessere Zukunft in eine "quasi-koloniale Unterwürfigkeitshaltung" begeben. Zum anderen, weil die Rezensentin fassungslos erfährt, unter welchen Bedingungen Menschen mitten in Europa ohne Visum und Geld in der Illegalität zu überleben versuchen. Dass Reckinger gelegentlich zu ausholenden Beobachtungen neigt, verzeiht Adeoso nicht zuletzt dank vieler Fotografien und Hintergrundinformationen gern.